MORDSJOB - The Hitman Diaries. Danny King
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»Was hast du nicht gefühlt?«
»Es. Den Funken. Das gewisse Etwas. Ich habe nichts für dich gefühlt. Es tut mir leid.«
»Also, ich finde, sie ist ein ganz reizendes Mädchen«, sagte meine Mutter.
»Ich habe sie nicht geliebt«, beharrte ich.
»Und genau das ist dein Problem, dass du niemanden liebst. Du kannst niemanden lieben. Du bist gar nicht fähig dazu.«
»Das bin ich doch.«
»Nein, bist du nicht. Du weißt ja nicht einmal, was das Wort Liebe bedeutet. Du bist nicht in der Lage, irgendjemanden außer dir selbst zu lieben. Du bist selbstsüchtig.«
»Das stimmt nicht. Ich werde dir beweisen, dass das nicht stimmt.«
»Mich hast du nicht geliebt«, warf Janet ein.
»Das hat nichts zu sagen.«
»Wirklich nicht? Du bist nie geliebt worden und das wirst du auch nie. Und weißt du, warum? Weil du es einfach nicht in dir hast. Es ist ganz egal, mit wie vielen Mädchen du noch ausgehst, du wirst den Rest deines Lebens alleine verbringen.«
»Das werde ich nicht. Ich bin fähig zu lieben, ihr werdet schon sehen. Und wenn ich jede Frau in England umbringen muss, das ist mir egal. Irgendwann finde ich die Richtige.«
The Aviary
Da war wieder dieses Geräusch, noch lauter als vorhin. Näher. Ich sah mich nach seinem Ursprung um, aber es schien aus jeder Richtung zu kommen. Es war definitiv vor den Bäumen, doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte nichts sehen. Logan versuchte mir etwas zu sagen, auf das ich mich nicht konzentrieren konnte. Als ich von der kleinen Gruppe wegging, um herauszufinden, was das Geräusch verursachte, kamen alle hinter mir her. Irgendwie war es erschreckend, dass ich der Einzige zu sein schien, der es hören konnte. Schließlich hatte Prinz Charles die Schnauze voll und sagte: »Gehst du denn nie an dein beschissenes Telefon?«
Ich erwachte zu dem grässlichen, aufdringlichen Lärm des klingelnden Telefons und stieß mehrere Gegenstände auf dem Nachttisch um, bevor ich den Hörer abheben und dem Radau ein Ende machen konnte.
»Äh … ja, hallo, ich bin da«, keuchte ich ins Telefon und ließ mich zurück ins Kopfkissen fallen.
»Gehst du denn nie an dein beschissenes Telefon?«, wollte die Stimme am anderen Ende wissen und im ersten Moment hätte ich fast gefragt: »Prinz Charles, sind Sie das?«
»Was? Wer ist da?«
»Hier ist Eddie. Wo warst du denn? Ich versuche seit einer Stunde, dich zu erreichen.«
Als er den Namen nannte, hatte ich die Stimme schon erkannt. Eddie, Eddie Sinton oder »der schöne Eddie«, wie ihn manche der Jungs nannten. Er war Logans Handlanger und, abgesehen von Logan selbst, mein wichtigster Kontaktmann zur Organisation. Sein Anruf bedeutete, dass sie einen Job für mich hatten.
»Wie spät ist es?« Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen. Schlaftabletten machten mich am nächsten Tag immer benommen und diese hatten meinen Körper noch nicht wieder verlassen.
»Gleich Zeit fürs Mittagessen«, erstaunte er mich mit seiner mühelosen Begabung für ebenso präzise wie akkurate Zeitangaben. »Logan will dich sehen.«
»Wann?«, fragte ich.
»Komm so gegen fünf.«
»Wie, zur Dinnerzeit?«
»Nein, das ist um sechs«, korrigierte er, ohne meinen Sarkasmus zu bemerken.
»Um die Zeit isst du also dein Dinner?«
»Ja, wieso? Wann isst du denn deins?«
»Ich weiß nicht, so gegen halb acht.«
»Das ist kein Dinner, das ist Abendbrot. Dinner ist um sechs, Abendbrot gegen halb acht oder acht Uhr.«
Ich hatte das Gefühl, dass ihm diese Zeiten eingebläut worden waren, als Eddie noch sehr jung und immer zu spät zum Essen gekommen war. Seitdem war ihm dieser Zeitplan unauslöschlich ins Gedächtnis und auf seinen Arsch gebrannt.
»In Ordnung, ich bin dann kurz nach dem Nachmittagstee da«, sagte ich und legte den Hörer auf.
Ich blieb noch ein wenig liegen, meinen Kopf in die warme Decke des Schlafes gewickelt, und dachte über die Ereignisse der vergangenen Nacht nach. Waren wirklich erst zwölf Stunden vergangen, seit ich Janet im Wasser versenkt hatte? Es erschien mir sehr viel länger. Mir fiel ein, dass Mr. Parnell inzwischen mit Sicherheit gefunden worden war und die Schlagzeilen wahrscheinlich voll von Mord und Metzelei, doch als ich die Nachrichten einschaltete, war nur die Rede von den persönlichen, ziemlich belanglosen Tragödien von Popstars, Fußballern und Politikern. Ist es nicht traurig, in was für einer oberflächlichen Gesellschaft wir leben? Traurig, aber auch ziemlich praktisch für mich.
***
John Broads Klub, The Aviary, war dieser große, alte glitzernde Laden um die Ecke vom Leicester Square. Eddie meinte mal, JB hätte ihn The Aviary – die Voliere – genannt, um den Eindruck zu erwecken, dass man dort garantiert was zum Vögeln fände, weil es von Frauen nur so wimmelte. Nach allem, was ich so gehört hatte, wäre »Die Würstchenbude« allerdings ein passenderer Name gewesen, denn es hingen immer nur Typen dort herum. The Aviary war nur eins von Broads vielen Geschäften. Außerdem besaß er Bars, einige Restaurants, ein paar Büros und eine Menge Lagerhäuser unten am Wasser. Der Großteil seines Vermögens – jedenfalls seines rechtmäßigen Vermögens – steckte in Spielhallen, von denen er ein paar Dutzend über das gesamte Westend und darüber hinaus verteilt hatte. Damit scheffelte er so richtig Geld.
Trotz alledem war The Aviary das Zentrum von Broads Reich. Es war einer der ersten Läden, die er damals in den frühen Siebzigern erworben hatte, und deshalb hatte es den größten sentimentalen Wert für ihn, was ich ziemlich bizarr fand. Von hier, aus einem Büro im ersten Stock, verwaltete Logan Broads Imperium. Dies war auch der Ort, an dem ich meine Instruktionen erhielt.
Um fünf klopfte ich an die Hintertür und Felix öffnete mit seinem üblichen finsteren Gesichtsausdruck. Felix konnte mich nicht leiden. Ich hatte keine Ahnung, warum, denn ich hatte ihm nie etwas getan. Tatsächlich glaube ich nicht, dass wir jemals mehr als ein paar Worte gewechselt hatten. Trotzdem mochte er mich nicht. Nicht, dass mir das etwas ausgemacht hätte; ich mochte ihn nämlich auch nicht, und so kamen wir unterm Strich sehr gut miteinander aus. In dem Moment, als ich durch die Tür trat, kam auch schon Eddie angaloppiert und fing an, mich auf seine falsche, übertrieben vertrauliche Art vollzulabern, während er mich an die Theke begleitete.
»Und, wie geht’s? Was machst du so? Alles klar? Hast du gestern Dingsbums Irgendwas am Fernsehen gesehen?« Solche Sachen eben.
»Wie war deine Verabredung? Hattest du Spaß? Du siehst ganz schön fertig aus, Alter.« Er stieß mich in die Rippen. Ich hatte ganz vergessen, dass ich ihm letzte Woche von Janet erzählt hatte. Damals schien es nicht wichtig, kein Grund, es zu verschweigen. Ich hatte schließlich nicht ahnen können, dass ich sie am Ende umbringen musste, oder?