Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman. Viola Maybach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman - Viola Maybach страница 27
»Ich habe Julietta auch schon willkommen geheißen, Herr Hagedorn«, erklärte Christian.
»Dann entschuldigen Sie die Wiederholung«, bat der Butler, noch immer formvollendet höflich. »Darf ich Ihnen Ihr Gepäck abnehmen?«
»Das kann ich allein tragen oder sehe ich so schwach aus, dass Sie denken, ich würde unter der Last zusammenbrechen?«
Anna und Christian wechselten einen kurzen Blick. Diese Kostprobe genügte bereits, um ihnen einen Vorgeschmack auf das Kommende zu geben.
Eberhard Hagedorn ließ sich auch jetzt nicht aus der Fassung bringen. Er bat Julietta einzutreten und geleitete sie in den Salon, in dem die Baronin auf das Eintreffen des Gastes wartete.
»Julietta, wie schön, dich zu sehen«, sagte Sofia lächelnd. »Bitte, setz dich zu mir und trink eine Tasse Tee mit mir. Und ihr«, wandte sie sich an Anna und Christian, die dem Gast gefolgt waren, »könnt euch später mit Julietta unterhalten, ich wäre jetzt gern mit ihr allein.« Mit langen Gesichtern traten die beiden den Rückzug an – so hatten sie sich das nicht vorgestellt.
»Kaffee wäre mir lieber«, erklärte Julietta ungeniert und ließ sich in einen Sessel fallen, der der Baronin gegenüber stand. Sie streckte die Beine lang aus und rutschte nach unten.
»Wenn du liegen möchtest«, sagte Sofia kühl, »solltest du das Sofa wählen.«
Julietta sah sie verständnislos an, ohne ihre Position zu verändern, so dass Sofia sich genötigt sah, deutlicher zu werden.
»Würdest du dich bitte hinsetzen?«, fragte sie. »Ich bin es nicht gewöhnt, dass jemand vor mir liegt, während ich mich mit ihm unterhalte.«
Julietta wurde tatsächlich rot, während sie sich nach oben schob. »Tut mir leid«, murmelte sie.
Sofia machte Eberhard Hagedorn, der an der Tür gewartet hatte, ein Zeichen und bat ihn, dem Gast Kaffee zu servieren, dann wandte sie sich wieder Julietta zu. »Du wirst hier ein Praktikum als Pferdepflegerin machen, gleichzeitig aber auch unser Gast sein, Julietta«, sagte sie ruhig. »Ich erwarte von dir, dass du dich an die Sitten in unserem Hause anpasst. Das ist eine Frage der Höflichkeit und des Respekts.«
Wieder wurde Julietta rot. Sofia sah ihr an, dass sie eine heftige Erwiderung auf der Zunge hatte, die sie jedoch hinunterschluckte. Gleich darauf servierte Eberhard Hagedorn den Kaffee. Als er sich zurückgezogen hatte, sagte Julietta: »Ihr habt mich alle jetzt schon verurteilt, stimmt’s?«
»Verurteilt?«, fragte Sofia. »Wieso sollten wir? Wir kennen dich doch gar nicht, Julietta.«
»Aber du hast gleich an mir herumgemeckert, Tante Sofia. Kaum hatte ich das Schloss betreten, da ging es schon los.«
»Das liegt aber nicht an meinen Vorurteilen, sondern an deinem Benehmen, Julietta«, erklärte die Baronin mit ruhiger Stimme. »Ich hätte noch sehr viel mehr sagen können, glaub mir, nur habe ich mir gedacht, dass du wohl auch unsicher bist, und ich habe beschlossen, das als Entschuldigung gelten zu lassen.«
»Als Entschuldigung? Aber wofür denn? Ich tue doch überhaupt nichts.«
»Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen«, schlug Sofia vor. »Fritz meinte, du würdest sicher gern so schnell wie möglich einen Rundgang durch die Ställe machen. Herr Wenger, unser Stallmeister, erwartet dich, sobald du deine Sachen ausgepackt hast. Oder hast du andere Wünsche? Dann können wir Herrn Wenger gern Bescheid sagen.«
Julietta erwiderte zunächst einmal nichts, sondern biss sich fest auf die Lippen, und mit einem Mal erkannte Sofia, dass die junge Frau den Tränen nahe war. Sie führt sich so auf, damit man ihr nicht zu nahe kommt, dachte sie. Zugleich scheint ihr nicht einmal klar zu sein, wie schlecht ihre Manieren tatsächlich sind. Da haben wir uns aber einiges aufgehalst mit diesem Besuch.
»Bitte, sag mir, was du möchtest, Julietta«, bat sie sanft.
Die junge Frau riss sich zusammen. »Ich packe meine Sachen aus, und dann gehe ich hinüber zu den Ställen, Tante Sofia«, sagte sie. Sie leerte ihre Tasse – das Schlürfen überhörte Sofia – und stand auf. »Bis nachher dann«, nuschelte sie.
Auch Sofia erhob sich. »Ich hoffe, du wirst dich bei uns wohlfühlen, Julietta«, sagte sie ernst, aber in freundlichem Ton.
Julietta nickte nur, ihre Augen glänzten verdächtig feucht. Dann wandte sie sich um und lief zur Tür. Dort jedoch hielt sie inne, um sich noch einmal zu Sofia umzudrehen. »Danke!«, stieß sie hervor, dann verließ sie den Salon.
Sofia ging zum Fenster, um einen Blick in den Schlossgarten zu werfen. Die nächsten Wochen würden nicht einfach werden, so viel stand bereits fest.
*
»Was ist, Caro?«, fragte Adalbert seine Frau, als er sie endlich in einem Raum gefunden hatte, der kaum je benutzt wurde. Das ganze Haus hatte er bereits vergeblich nach ihr abgesucht. »Wieso sitzt du ausgerechnet hier?«
Er war nicht sicher, ob sie seine Fragen gehört hatte. »Wahrscheinlich ist sie spätestens Ende der Woche wieder hier«, erwiderte sie und griff nach seiner Hand. »Wenn sie sich dort so benimmt, wie sie es hier tut, Bert, werden sich die Sternberger das nicht lange gefallen lassen.«
»Hör auf zu unken«, bat er. »Sofia und Fritz sind erfahrene Eltern – und ich baue auch auf die jüngere Generation auf Sternberg. Du weißt doch, wie Teenager sind, die können ganz schön unbarmherzig sein. Wenn die es schaffen, Julietta einen Spiegel vorzuhalten, wird sie vielleicht doch nachdenklich. Sie kann, glaube ich, gar nicht richtig abschätzen, wie ihr Verhalten wirkt, im Grunde genommen ist sie ein verschrecktes Kind. Sie weiß noch immer nicht, was sie will, das verunsichert sie, aber sie will es nicht zugeben. Sie spielt die Abgeklärte, Harte, aber wir wissen doch beide, dass sie das nicht ist.«
»Ich denke auch, dass sie verunsichert ist, aber muss sie sich deshalb so aufführen?«, fragte Caroline.
»Es ist ihr Versuch, uns zu zeigen, dass sie erwachsen ist, weil sie nach ihren eigenen Regeln lebt«, antwortete er nach längerem Nachdenken. »Aber vielleicht irre ich mich auch. Ich liebe unsere Jüngste, Caro, und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass sie endlich zu sich selbst findet. Sie macht ja nicht nur uns das Leben schwer, sondern auch sich selbst.«
»Und jetzt den Sternbergern, Bert.«
Er lachte plötzlich. »Ja, davon gehe ich auch aus, aber, wie gesagt, ich denke, sie halten eine Weile durch. Vielleicht nicht bis zum Ende eines regulären Praktikums, aber einige Wochen traue ich ihnen schon zu.«
»Wir werden sehen«, seufzte Caroline. Sie stand auf und umarmte ihren Mann.
Adalbert hielt sie fest. Hoffentlich, dachte er, schicken sie Julietta nicht tatsächlich schon nach einer Woche nach Hause! Aber das sagte er nicht laut. Seine Frau machte sich ohnehin schon zu viele Sorgen, die wollte er nicht durch das Geständnis vergrößern, dass er diese Sorgen klammheimlich teilte.
»Lass uns etwas essen«, schlug er vor. Eine gute Mahlzeit, hoffte er, würde sie beide auf andere Gedanken bringen.
*
»Ach, Herr Doktor!«, sagte der alte Bauer Renninger. »Was für ein Glück, dass Sie rechtzeitig gekommen sind! Ich hätte das Kalb allein