Sie kannten Richard Strauss. Christoph Wagner-Trenkwitz

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Sie kannten Richard Strauss - Christoph Wagner-Trenkwitz

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Kapitel wiedergegebene Tagebuchprotokolle führen uns wie selbstverständlich zum Vorbild für die »Frau des Helden«, die Ehefrau Pauline Strauss. Sie wurde 1863 als erstes Kind des bayerischen Generals Adolph de Ahna und seiner Frau Marie in Ingolstadt geboren (wenngleich sie später mit Hilfe ihres Mannes ihr Geburtsjahr um volle elf Jahre nachverlegte). Im August 1887 lernten sie einander in der Pschorr-Villa in Feldafing am Starnberger See kennen. Strauss wurde ihr Musiklehrer und führte sie zu anspruchsvollen Rollen, von Hansel bis hin zu Isolde und Freihild in seiner Erstlingsoper »Guntram«.

      Zwischen den Zeilen des folgenden Briefes scheinen Witz und Temperament der jungen Frau durch:

      Feldafing, 22. August 1889

      Geehrter Herr Capellmeister, mein lieber Maestro! Schönsten Dank für Ihre Karte, die mir die willkommene Nachricht bringt, daß Sie sich während des München-Aufenthalts meines brach liegenden Studiums annehmen werden, was ich mit großem Danke akzeptiere! [...] Gestern sang ich bei Herrn Vogl in Deixelfurt »Neue Freuden«, »Einsam in trüben ...«, »Euch Lüften ...«1. Wenn Sie ihn sprechen, Herr Capellmeister, bitte fragen Sie über mich, er war nämlich sehr entzückt, hauptsächlich über die Vortragsweise. Ich gab mir alle Mühe meinem Meister Ehre zu machen.

      Auf der Nachhausefahrt erkältete ich mich leider, so dass mein Hals zur rascheren Gesundheitsförderung heute gewickelt ist, ein anerkannt angenehmer Zustand, man fühlt sich in die Biedermeierzeit zurückversetzt.

      Hier ist es kühl, ein wonniger Landaufenthalt nur, sobald man heizt. Papa und Schwester Mädi grüssen Sie bestens. Bitte mich Frl. Johanna zu empfehlen.

      Mit herzlichem Grusse Ihre ergebene Schülerin

      Pauline de Ahna

      Vielleicht lockt Sie ein verirrter Sonnenstrahl einmal heraus! –

      Im November des Folgejahres war der Gesundheitszustand der jungen Gesangsschülerin wieder einmal angegriffen. Strauss gibt Gesundheitstipps:

      Weimar, 19. 11. 1890

      [...] Schonen Sie sich um Gotteswillen! Heisse Milch, Emser Wasser etc. etc. etc., damit Sie nächste Woche bestimmt auf dem Schlachtfelde siegreich dastehen und am 30.ten sind die »Meistersinger«!

      Recht gute Besserung! Die herzlichsten Grüsse auch an Ihre verehrte Mutter

      Ihr Richard Strauss

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       6 Klavierauszug von »Tristan und Isolde« mit handschriftlichen Regieanweisungen von Richard Strauss für Pauline

      Bad Wörishofen 1891

      Gleich nach Wagner kommt Kneipp,

      was jener für’s Herz, ist der für’n Leib.

      Der Musik Gegengewicht ist das Wasser,

      merkt’s euch, ungläubige Thomasser!

      Ein schöner Obergug ist wie ein Himmelsgruß,

      ein feiner Rückenguß wie ein reiner Neptunskuß.

      Was ich mit Doktoren schon Zeit verloren,

      dafür nehm ich heut’ mich noch an den Ohren!

      Montag Abend komm ich nach München,

      dann studier ich Fräulein Paulinchen!

      Daß der Menschheit Heil doch nur

      liegt in der feinen Wasserkur.

      Dienstag früh erste Lektion,

      darauf freu ich mich heute schon.

      Eifrig wird dann da studiert,

      wie man Krampfhusten kuriert.

      Schwesterlein grüsst, kommt erst Mittwoch nach Haus,

      ich halt’s nicht mehr länger als morgen auch aus.

      Aus Kniegüssen und Flohbissen

      besteht all mein lächerlich Wissen,

      mit Schulmeistergrüßen

      wird Ihr junges Leben keiner versüßen.

      Ihr herzlich ergebener

      Richard Strauss

      Die Sorge um des anderen Gesundheit wird bald (und für alle weitere Zukunft) Paulines Ressort. Sie wird den Gatten später zu täglichen Spaziergängen anhalten, tadelt aber auch schon in diesem Brief indirekt den nicht gesundheitsfördernden Lebenswandel des »Hof- & Schulmeisters«:

      Seeshaupt, 22. Juni 1892

      Geehrter Hof- & Schulmeister! Lieber Herr Strauss!

      Ich mach halt meine ergebenste Danksagung erstens für die gestrige etwas rabiate Karte, zweitens für den heutigen g’schamichen Brief, Herr Staberl, und bitt’ Ihnen – nix für ungut – regens Ihnen nicht so auf! Es ist nur von weg’n der Xundheit! Meine Stimmung wäre in dem Ton fortzufahren, da Sie, lieber Herr Strauss, aber sonst einen schönen Begriff von der Wohlerzogenheit und dem feinen Benehmen Ihrer Ex-Schülerin bekämen und meine plötzliche Verwilderung am Ende gar dem alten und geschwisterlichen Umgang – unterstützt durch Frau Amélie Wurm’s zwerchfellerschütternde Witze und grob-gutmütige Manieren – zuschreiben, will ich eine Anstandspille schlucken und schauen, daß ich meine herzlichsten Grüße an Sie und Hannerl und an die Ihren in wohlgesetzter Rede und mit dem gehörigen Schwung – Sie wissen schon – vom Stapel lasse. Ihre gestrige Karte hat insofern genützt, daß mein Väterchen dieser Tage Anstalten trifft, ein Klavier zu bekommen und mir einen Musikschuljüngling verschreiben will. Doch zuerst muß das Klavier zu haben sein, und einstweilen bitte ich Sie – falls Sie Gelegenheit haben – mit Thuille betreffs eines Schülers zu sprechen! Vorläufig studiere ich an der »heiligen Elisabeth«, die furchtbar schwer ist – Intonation betreffend.

      Nun lassen Ihnen, werter Herr Strauss, Papa und Mama sagen, daß, sollten Sie Lust und Laune haben, vom 5. Juli an auf eine Woche oder wie lange Sie wollen und die Eltern in Ihre Anwesenheit einwilligen, im Hotel Neuschwanstein unser Gast zu sein, Sie uns allen herzlich willkommen wären und auch auf Ihr leibliches Wohlergehen große Sorge verwandt würde. Ich habe mich hiemit des elterlichen Auftrages entledigt und bitte Sie, gestützt auf unsere Freundschaft, von der Einladung Gebrauch zu machen, sobald es Ihnen paßt, oder zu Ihrer Erholung, am Ende noch vor Reichenhall, vorteilhaft wäre. Also tun Sie was Sie wollen, lieber Herr Strauss, und seien Sie versichert, daß Sie uns allen die größte Freude machen würden Ihre Rekonvaleszenz zu beschleunigen. Daß Sie so sehr angegriffen und elend sind, ist leider nur zu begreiflich!

      Daß die langweiligen Tage des Stilliegens bald vorüber sein würden, wenn ich so manchmal über den See nach München ein Stündchen schwimmen könnte, wäre doch ganz nett, obwohl ich mich furchtbar zusammen nehmen müßte, um die »dehors zu machen«, denn hier wird man doch ganz verwildert, das reinste Schiffermädel und Landkonfekt ...

      Und nun recht gute Besserung, Herr Strauss, recht viel Geduld, denn dann geht’s am ehesten. Viele Grüße von Haus zu Haus, mit den besten Wünschen, in dankbarer Ergebenheit stets Ihre

      Pauline

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