Sie kannten Richard Strauss. Christoph Wagner-Trenkwitz

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Sie kannten Richard Strauss - Christoph Wagner-Trenkwitz

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folgen weitere Schilderungen von Einkäufen sowie einer am Tag zuvor gesehenen Aufführung von »Robert der Teufel«. Pauline schließt mit dem Bericht über Korrespondenz-Tätigkeiten, die sie im Laufe der Zeit immer widerstrebender übernahm. Zuvor eine Mahnung an den Gatten, der es nicht liebte, in großer Runde frei zu sprechen:

      Hoffentlich hast Du Riesenerfolg, halte ja flotte Ansprachen, auch bei der Verabschiedung und verkälte Dich nicht, gutes Männchen! Klughardt aus Dessau meldete Dir heute brieflich von den großen Erfolgen des Eulenspiegels in Dessau; ich werde in Deinem Namen danken. Motti schrieb soeben kurz, daß er sich riesig auf Eulenspiegel am 21. in Karlsruhe freue und bittet Dich, ihm die Partitur zu leihen, ich schreibe diesbezüglich an Ritter. Na, bin ich nicht eine geschickte Korrespondentin?

      Für heute Kuß und eine ganz zärtliche Umarmung! Heut hat Dein getreues Weiberl im Traum sehr an Dich gedacht, komm bald zu mir zurück!

      P

      Richard antwortet mit einer sehr plastischen Schilderung seiner Ankunft in Moskau, das zu jener Zeit zwar nicht Hauptstadt, aber ein kulturelles Zentrum des Zarenreiches war.

      Moskau, 18. März 1896

      Mein liebstes Pauxerl!

      Da bin ich nun glücklich! Die Reise war sehr angenehm, an der Grenze nachts ½ 2 Uhr ging’s glatt, der russische Schlafwagen von Warschau ab höchst komfortabel und warm mit Doppelfenster, kein Kohlenstaub, da alles mit Holz geheizt, ein sehr gemütlicher Restaurationswagen im Zuge, vortreffliche Küche, die Gegend in ihrer totalen Einförmigkeit, Wälder und Ebenen, Felder und Wälder, gestern schneefrei, heute von Smolensk an dick weiß, gestern –1 Grad, heute –6 Grad Reaumur, die Dörfer, die man ab und zu sieht, nehmen sich wie Haufen verschneiter Heuschuppen aus – also die Gegend ungemein beruhigend, ich vertrieb mir mit Essen, Schlafen, Lesen und Komponieren prächtig die Zeit und bin also ganz frisch und munter um 7 Uhr hier im heiligen Moskau eingebummelt, von meinem Freunde, dem Klavierlehrer Pohl, überraschenderweise am Bahnhof empfangen, sofort in einen offenen Schlitten verpackt und nach dem stattlichen Hotel verladen worden. Droschken gibt’s nicht. Alles, auch dekolletierte Damen ins Konzert, fährt im offenen Schlitten, ohne Glocken, ohne Laternen, ein tolles Treiben, die einspännigen Schlitten sind nicht höher wie unsere Rennschlitten, alle Augenblicke stößt einem ein Pferd’skopf in den Hals.

      Moskau macht mit seinen Riesenstrassen und einstöckigen Häusern einen höchst originellen Eindruck. Nachdem wir gegessen (großartigen Kaviar mit Schnaps), bummelten wir noch nach dem Kreml, der allerdings, soweit ich bei Nacht sehen konnte, etwas ganz enorm Großartiges zu sein scheint. Diese tollen Kirchen, eine an der anderen, vor der Kaserne sämtliche 1812 erbeuteten (resp. im Schnee gefundenen) Kanonen, die große zerbrochene herabgefallene Glocke im Hof, die prachtvolle Aussicht auf den Fluß tief unten, der Richtplatz Iwans des Grausamen, das alles hat Kolorit und scheint mir gut instrumentiert zu sein.

      Morgen 10 Uhr erste Probe, die Konzerte beginnen hier abends um 9 Uhr. Ach, ich werde Dir recht schön erzählen können! Das nächste Mal hoffe ich, Dich mitnehmen zu können! Wie gesagt, ich befinde mich pudelwohl, soweit es ohne Dich, mein liebstes Schätzchen, überhaupt möglich ist, habe ja keine Sorgen um mich, im offenen Schlitten bin ich sehr vorsichtig und sonst ist alles in schönster Ordnung! Mitternacht läuten die schön gestimmten Glocken!

      Adieu! Möge es auch Dir recht gut gehen!

      Tausend Grüße und Küsse Dein R

      Im Sommer 1896 wird Pauline schwanger; der Ehemann sorgt sich, durchaus mit Recht, um seine Frau.

      5. September 1896

      Mein liebstes armes Bauxerl!

      [...]

      Ich war schon auf dem Wege zum Bahnhof, um Dich in Übersee2 abzuholen, da erhalte ich nun mit der Post, die mich über alles schmerzende Absage. Ist’s wirklich nichts Schlimmes? Haben die Blutungen aufgehört? Dies müssen, Deine Mutter sagt, die letzten gewesen sein, da sonst unser liebes ersehntes Söhnlein zuviel geschwächt wird. Derselbe braucht alle Kräfte, über die Dein lieber Körper verfügt, aufs Notwendigste und darf ihm nichts entzogen werden.

      Ich hoffe, mein allerliebster Schatz, daß Du es Dir, wenn es diesmal gut abgelaufen ist, recht zu Herzen nimmst, um ein Unglück zu verhüten, indem Du selbst allergrößten Schaden leiden würdest. Ich bin sehr in Sorge! Bitte schreib mir, ob Du mich brauchst, lasse Dir fleißig den Doktor kommen, damit ich ein bisschen beruhigt sein kann; bleib ja zu Bett liegen! Wenn Du willst, komme ich sofort heim, so gern ich auch hier bin. Es ist so schade, daß Du nicht mit bist; gestern der herrlichste Septembertag, den man sich nur wünschen kann.

      In der Eisenbahn fuhr mir vis a vis ein Pfaffe, dem ich lesend immer die nackten Weiber meines Gil Blas3 unter die Nase hielt; es war nur zu komisch, wie derselbe immer krampfhaft tugendboldig an den Nuditäten vorbei zum Fenster hinaus sah.

      Mama hat zur Zeit eine richtige Freßwut, der ich nun leider allein Herr zu werden versuchen muß. Ich bin schon prächtig ausgeruht, gehe ganz wenig zusammen mit Mädi spazieren, sitze im Freien und erhole mich nach Kräften.

      Mein liebstes, allerliebstes Liebchen! Was ich Dir alles Schöne wünsche, kann ich Dir gar nicht schreiben, aber daß ich immer in Gedanken bei Dir bin, darfst Du glauben, und wenn gute Wünsche was helfen, so muß es Dir jetzt sicher sehr gut gehen. Halt’ nur tapfer aus, ruhe Dich recht aus, bleib schön zu Bette, ärgere Dich über nichts, über gar nichts. Der schöne Lohn wird nicht ausbleiben und meine Dankbarkeit für Dich ist riesig.

      Papa, Mama, Mädi und Tante Jette grüßen mit herzlichem Bedauern, Dich nicht hier zu haben, tausendmal küßt Dich aber Dein getreuer, Papa werdender Richard Soeben Dein Telegramm. Gott sei Dank! Leb wohl!

      Trotz ihrer Problemschwangerschaft nimmt Pauline brieflich Anteil an der Komponistenkarriere ihres Ehemanns. Hatte sie die Handschrift des »Till Eulenspiegel«, der im ersten Ehejahr komponiert wurde, noch mit scherzhaften Randglossen wie »verrückt«, »scheußlich« und »schlechtes Geschmier« versehen, nahm sie Strauss’ Schaffen doch in Wahrheit viel ernster. Am Tage der Uraufführung von »Also sprach Zarathustra« unter Leitung des Komponisten in Frankfurt am Main schickt sie ihm diese Glückwünsche.

      München, 27. November 1896

      Liebster Richard!

      Also heute ist der große Tag! Glück und Heil Zarathustras Tönen! Streng Dich nur nicht zu viel mit Besuchen und langem Ausbleiben an; ich ängstige mich um Dich und Du kommst mir recht abstrapaziert zurück! Hoffentlich hast Du keinen Husten und Schnupfen bei diesem kalten Wetter! Vergesse nicht Deine warmen Sachen zu tragen, mein Schätzchen! Ach, so gerne ich Dir Deine Triumphe gönne, so sehr entbehre ich Dich. Du- Du- Liebster! Doch wenn Du mir gesund und frisch bleibst, will ich ja gerne die lange Trennung ertragen und mir denken, daß mein Männle statt für eines, von nun an für 2 Mägen zu sorgen hat; und was für freche Mäulerchen; im übrigen sind wir munter und sehr lebhaft und wissen nicht, wo an und aus in der engen Behausung.

      [...]

      Adieu, für heute guten Appetit zum Nachtmahl, vielmehr Glück auf zum Konzert, zu dem Du Dich jetzt rüsten wirst. In inniger Liebe Deine getreue Pauline

      Am 12. April 1897 wird der »herrliche Riesenbube« Franz geboren, der Vater konzertiert gerade in Stuttgart. Erst nachträglich erfährt er, »in welch schwerer Lebensgefahr Pauline und das Kind geschwebt hatten«.

      Voller Loyalität stellt Pauline in diesem Schreiben ihre eigenen Karrierebedürfnisse hinter Richards »häusliche

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