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Als wir in Pouilly anlangten, prüfte ich sehr genau die Persönlichkeit meines neuen Freundes. Ich war schnell überzeugt, daß er sicherlich sehr ernsthaft geliebt würde. Man stelle sich einen jungen Mann von mittlerem aber sehr wohlproportioniertem Wuchse vor, mit einem angenehmen ausdrucksvollen Gesicht. Er hatte schwarzes Haar und blaue Augen; seine Lippen waren leicht gerötet, seine Zähne weiß und wohlgebildet; eine reizvolle Blässe hob seine feinen Züge noch mehr hervor, seine Augen waren von leichten dunklen Ringen umzogen, als ob er eine Krankheit überstanden hätte. Nimmt man dazu, daß er weiße, schön modellierte und wie bei einer hübschen Frau gepflegte Hände besaß, daß er sehr gebildet erschien und geistvoll war, so wird man zugestehen müssen, daß mein Reisegenosse dazu angetan war, einer Gräfin Ehre zu machen. Mehr als ein junges Mädchen hätte ihn gewiß gern zum Manne genommen, denn er war Vicomte und besaß eine Rente von zwölf- bis fünfzehntausend Franken, ungerechnet das, was er noch zu »erwarten« hatte. Eine Meile hinter Pouilly stürzte die Diligence um. Mein unglücklicher Kamerad glaubte sich in Sicherheit bringen zu können, wenn er auf ein frisch beackertes Feld hinübersprang, anstatt wie ich sich an die Sitzbank anzuklammern und das Umfallen mitzumachen. Ich weiß nicht, ob er schlecht absprang oder ausglitt, aber der Wagen stürzte auf ihn, und er wurde zerschmettert. Wir brachten ihn in das Haus eines Bauern. Mitten zwischen dem Stöhnen, das ihm seine furchtbaren Schmerzen auspreßten, konnte er mir noch die Erfüllung eines Vermächtnisses ans Herz legen, dem der letzte Wunsch eines Sterbenden ein geheiligtes Siegel aufprägte. Mitten in seinem Todeskampfe wurde das arme Kind in all der Unschuld, die in seinem Alter so oft zu finden ist, von dem Gedanken an den Schrecken gepeinigt, der seiner Geliebten eingejagt werden würde, wenn sie seinen Tod plötzlich aus der Zeitung erführe. Er bat mich, zu ihr zu gehen und ihr selbst davon Mitteilung zu machen. Dann ließ er mich einen Schlüssel suchen, den er an einem Bande auf der Brust trug. Ich fand ihn halb ins Fleisch eingebohrt. Der Sterbende ließ keine Klage laut werden, als ich ihn so sanft wie nur möglich aus der Wunde, die er gemacht hatte, herauszog. Als er mir alle erforderlichen Aufklärungen gegeben hatte, wie ich bei ihm in Charité-sur-Loire die Liebesbriefe seiner Geliebten an mich nehmen sollte, und nachdem er mich beschworen hatte, sie ihr zu übergeben, konnte er mitten im Satze nicht weiter sprechen und gab mir nur mit einer Geste zu verstehen, daß mir der verhängnisvolle Schlüssel für die Erfüllung meiner Mission als Ausweis bei seiner Mutter dienen sollte. Traurig darüber, daß er mir kein einziges Wort des Dankes mehr sagen konnte, denn er zweifelte nicht an meinem Eifer, seinen Wunsch zu erfüllen, betrachtete er mich einen Augenblick mit flehenden Blicken und nahm Abschied von mir mit einem Zucken seiner Wimpern; dann neigte er sein Haupt und verschied. Sein Tod war das einzige Unglück, das das Umwerfen des Wagens verursacht hatte. Und daran hatte er selbst ein wenig schuld, wie der Kondukteur sagte.
In Charité erfüllte ich das mündliche Vermächtnis des armen Reisenden. Seine Mutter war, gewissermaßen zu meinem Glück, abwesend. Trotzdem mußte ich eine alte Dienerin in ihrem Schmerze trösten, die beinahe umgesunken wäre, als sie den Tod ihres jungen Herrn erfuhr; sie fiel halbtot auf einen Stuhl, sobald sie den noch blutbedeckten Schlüssel erblickte; da ich mich aber