Seele auf Eis. Reiner Laux

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Seele auf Eis - Reiner Laux Klarschiff

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nichts auf meine Ausführungen eingegangen, sondern der Widerspruch nur formal, ohne jedwede Erläuterung, in einem Satz abgelehnt.

      Im Nachhinein weiß ich, dass meine Hoffnung auf eine faire, unabhängige Behandlung so blauäugig war, wie ich es bin. Was nichts daran ändert, dass das Verhalten der eigentlichen Kontrollinstanzen (Vollzugamt/Petitionsausschuss) skandalös und für mich vorher nicht vorstellbar war. Es war eine Situation, wie ich sie mir in einem totalitären System vorstellte, in dem eine staatliche Kontrollinstanz, die offiziell für Beschwerden gegen Mängel, Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch einer anderen staatlichen Organisation zuständig ist, diese Beschwerden und Hilferufe mit der beanstandeten Behörde klüngelhaft verhandelt und von vorneherein abschlägig bescheidet, worauf der Druck auf den ausgelieferten Beschwerdeführer noch erhöht wird; eine Kontrollinstanz, die nicht nur grundsätzlich die beanstandete Behörde in ihrer Entscheidung, und damit in ihrem Handeln gegen den Gefangenen bestätigt, sondern sie auch noch durch vielmonatige Verschleppung der Entscheidung unterstützt, während der Zeit der Beschwerdeführer rechtlich gelähmt ist und nicht die gerichtlichen Beschwerdeinstanzen anrufen kann.

      Ich verstehe, dass ein Gefängnis ein demokratiefreier Raum ist und auch sein muss – und damit auch ein Tummelplatz defizitärer Entscheidungsträger, die im Gefängnis Macht gegenüber ihnen Ausgelieferten ungestört missbrauchen und ihre persönlichen Eitelkeiten pflegen können –, doch glaubte ich, dass, wenn dieser demokratiefreie Raum auch zu einem wahrheits- und rechtsfreien Raum wird, es, anders als in einem totalitären System, eine demokratische Kontrolle dieses Raumes gäbe.

      Diese Annahme war eine naive Fehleinschätzung. Sieht man allerdings, dass all diese Entscheidungsträger all dieser staatlichen Einrichtungen hochdotierte, bis zum letzten Atemzug abgesicherte und gedeckte Staatsbeamte sind, die zudem zwischen den verschiedenen Institutionen wie Schmetterlinge hin und her wechseln, um im Gesamtapparat Staat Karriere zu machen, wird augenscheinlich wie naiv und lächerlich meine Hoffnung auf eine faire Behandlung war. Zumal man sich vorstellen kann, dass all diese Herrschaften – Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte eingeschlossen – einmal als Studenten dieselben Kneipen und Betten frequentiert und sich alle gegenseitig begattet hatten.

      Sehe ich diesen ganzen Rechtsraum insgesamt, so komme ich zu dem Ergebnis: Nirgends habe ich weniger Recht und Gerechtigkeit gesehen als dort, wo sie eigentlich zu Hause sein sollten.

      Ich befand mich in einem schwelenden Zustand ohnmächtiger, tief unterdrückter Wut darüber, wie die zynische Machtarroganz dieser Anstalt mich hier über alle Zeit fesselte, während ich in Freiheit meine Liebste in Lissabon und mein eigentliches Leben verlor.

      Zu sehen, wie vielfach Vorbestrafte noch vor dem Halbstrafenzeitpunkt in den Urlaub und offenen Vollzug, und bald vollständig in die Freiheit gingen (und ich sie als Kammergefangener auch noch abzufertigen hatte), während man mich aus jämmerlichen Macht- und Revanchegelüsten Jahre über den eigentlichen 2/3-Entlassungszeitpunkt vermauerte, verstärkte noch meine düstere hilflose Wut, ebenso wie meinen rebellischen Stolz.

      „Sie haben sie herausgefordert und ihr ganzes System in Frage gestellt“, sagte mir ein hochrangiger Anstaltsbeamter, „und das auch noch in spöttischer Herablassung. Jetzt lassen sie Sie dafür bluten und am langen Arm verhungern. Mit solchen Entscheidungen werden normalerweise Abdreher geschaffen, aber bei Ihnen wissen die natürlich, dass Sie sich keine Blöße geben werden, so sehr sie eigentlich darauf lauern. Geben Sie sich wider Erwarten doch eine, haben sie es dann schon immer gewusst.“

      In dem Wissen, dass man mir als Gefangenem alles nehmen konnte, nur nicht meine Würde, hatte ich all die Jahre der Gefangenschaft zu leben und handeln versucht. Hier in der Remscheider Strafhaftanstalt, in diesem miefigen Sumpf aus klebriger Heuchelei, gegenseitiger Bespitzelung und Einforderung von Konformismus tat ich es umso bewusster und mit einem Ausdruck grenzenloser Verachtung im Gesicht. Wie sagte der sowjetische Dissident Kusnezow: „Das Gefängnis ist die Schule der Freiheitsliebe, sofern sie dich darin nicht zerbrechen oder dir den Geist des Konformismus einimpfen.“ (Kusnezow, „Archipel des Grauens“)

      Faktisch wurden in der Remscheider Anstalt die gerichtlichen Urteile aufgehoben und neu geschrieben. Mein urteilender Richter Prinz verkündete in der mündlichen Urteilsbegründung für das Strafmaß im Februar 1999, das er an einer 2/3-Entlassung orientiert hatte, wie sie bei einem sogenannten Ersttäter üblich ist: „Sie als Erstbestrafter werden ja auf jeden Fall die 2/3-Entlassung bekommen. Es sind also noch knapp zwei Jahre die Sie vor sich haben …“ − Erst über vier Jahre nach dieser Aussage öffneten sich für mich die Tore in die Freiheit.

      Es findet im Gefängnis eine Neuschreibung der Gerichtsurteile statt, bei der sich die Anstalt häufig nicht an kriminologischen und vollzugstechnischen Kriterien orientiert, sondern am Maß der Willfährigkeit, Heuchelei und kritiklosen Unterwerfung unter die gefräßigen Egos der entscheidenden Beamtenschaft.

      Im Remscheider Knast habe ich einige Beispiele erlebt, wie sich unterwürfig verstellende und oftmals vielfach vorbestrafte Berufsgefangene hier noch vor dem Halbstrafenzeitpunkt (noch bevor die Hälfte der Strafe abgegolten ist) in den offenen Vollzug geschickt wurden, wo sie zur 2/3-Strafe entlassen wurden.

      Ich habe mich gefragt wie jene, die unter Verrat und Selbstaufgabe früher die Freiheit erlangen, in Freiheit leben können, da doch ein Leben ohne Selbstachtung ein Leben ohne Freiheitsliebe ist. Offensichtlich können die meisten jener Heuchler, Kriecher und Denunzianten die Freiheit gar nicht ertragen, denn fast alle kommen wieder ins Gefängnis zurück. Dort werden sie, wie in einen vertrauten Mutterschoß, wieder aufgenommen und im Verhältnis zu Neulingen auch noch bevorzugt behandelt, wobei sich häufig zwischen Berufskriminellen und Langzeitbeamten eine unausgesprochene, fast familiär freundschaftliche Beziehung entwickelt. Manche vielfach Vorbestrafte habe ich auf der Kammer mehrmals wieder empfangen und eingekleidet; Gefangene die in Freiheit waren und sie achtlos verwarfen, und deren eigentlicher Endstrafenzeitpunkt (der Zeitpunkt, an dem das vom Gericht ausgesprochene Strafmaß endet) hinter meinem lag.

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