Wenn sie mich finden. Terri Blackstock

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Wenn sie mich finden - Terri Blackstock

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als ich die Kanne auf die Wärmeplatte stelle.

      „Ich hab den Kaffee nachgeschenkt“, sage ich. „Geht es Ihnen besser?“

      „Ich hoffe. Vielen Dank. Wirklich. Ihr Frühstück geht aufs Haus.“

      „Nein, das kann ich nicht annehmen. Ich hab doch nur Kaffee ausgeschenkt. Ich möchte nur ein Weilchen hier am Computer arbeiten. Wenn es sein muss, bestelle ich auch noch etwas.“

      „Nein, bleiben Sie, so lange Sie wollen“, sagt sie. „Es ist heute zum Glück nicht so viel Betrieb.“

      Ich gehe zurück an meinen Tisch und die nächsten Stunden verbringe ich damit, die Dateien auf dem Stick anzusehen, den Brent mir an dem Tag geschickt hat, als er starb. Ich habe sie natürlich alle schon einmal angeschaut und die meisten bergen keine Geheimnisse mehr. Aber eine ist dabei, auf die ich mir keinen Reim machen kann.

      Die Datei hat den Namen „Candace Price“. Ich öffne sie und finde nichts als die Angabe „Dallas“. Sonst nichts. Warum legt er eine Datei mit diesem Namen an, in der dann nichts steht? Vielleicht wollte er an dem Tag, an dem er ermordet wurde, daran arbeiten? Aber wer ist sie? Was wusste er von ihr?

      Ich gebe „Candace Price Dallas“ in die Suchmaschine ein, überspringe die Personensuchseiten, die nur versuchen, meine Kreditkartennummer herauszukriegen, und habe am Ende drei Candace Prices. Ich sehe mir die Seiten an, finde aber in keinem Fall etwas, das bemerkenswert wäre. Ich kann nicht sagen, welche davon die ist, die Brent interessiert hat.

      Ich will schon fast aufgeben. Vielleicht hat er aus Versehen eine unwichtige Datei auf den Stick gespeichert. Aber Brent war niemand, dem etwas aus Versehen passierte. Nein, er muss einen Grund gehabt haben.

      Ich versuche es mit „Candace Prise Dallas Shreveport“. Wenn Brent eine Frau in Dallas mit den Ereignissen um den Mord an meinem Vater in Verbindung gebracht hat, muss diese Frau eine Verbindung nach Shreveport gehabt haben.

      Jetzt wird nur eine Candace Price angezeigt – eine Immobilienmaklerin aus Dallas. Ich gehe die restlichen Suchergebnisse zu ihr durch und finde eine Datei mit ihrem Lebenslauf. Bis vor fünf Jahren war sie Lehrerin in Shreveport.

      Brent hatte eine heiße Spur. Ich finde ihr Facebook-Profil, das nicht öffentlich ist. Rasch kreiere ich ein Fakeprofil und sende ihr eine Freundschaftsanfrage. Minütlich checke ich, während ich mein Frühstück verzehre. Und da … sie hat angenommen.

      Es verblüfft mich immer aufs Neue, wie leicht die Leute Freundschaftsanfragen in sozialen Netzwerken akzeptieren. Vor allem dann, wenn das eigene Profil nicht öffentlich ist. Woher will sie denn wissen, dass ich keine feindlichen Absichten habe …

      Sehr schnell komme ich auf ihr Profil. Sie ist stolz auf ihr Aussehen und postet jeden Tag mehrere Fotos von sich, meist Selfies. Es könnte hier also eine Menge Material geben. Ich betrachte die Bilder, eins nach dem anderen, bis ich schließlich Dutzende, nein, eher Hunderte gesehen habe. Ich klicke mich viel zu schnell durch, nicht sicher, ob ich auch sehe, was es da vielleicht zu sehen gäbe.

      Dann lässt mich etwas innehalten.

      Mit den Fingern ziehe ich das Bild größer. Da ist er – das Foto wurde vor vier Jahren gepostet –, direkt neben ihr. Die beiden sind bei einem Baseballspiel und grinsen für das Selfie in die Kamera. Gordon Keegan.

      Ich sehe mir die jüngeren Fotos noch einmal an, jetzt langsamer, und studiere alle Gesichter auf den Aufnahmen. Ich finde ihn noch zweimal im Hintergrund. Auf einem Bild tragen beide Blumenkränze und geblümte Shirts. Die Bildunterschrift sagt: „Chillen in Hawaii. Anstrengender Job, aber jemand muss ihn ja machen.“

      Plötzlich weiß ich, was Brent mir gesagt hätte. Candace Price aus Dallas ist Keegans Geliebte.

      Plötzlich ergeben die Einzelteile ein Bild. Ich weiß, wohin ich als Nächstes gehe.

      Ich zahle, nehme meine Reisetasche und bestelle ein weiteres Taxi. Zuerst lasse ich mich zu einer Paketannahmestelle bringen, wo ich mein Päckchen aufgebe, dann bitte ich den Fahrer, mich zum Bahnhof zu fahren.

      Ich gehe zum Fahrkartenschalter. Mein Herz pocht wild – wegen meiner Entscheidung. „Den nächsten Zug nach Dallas, Texas, bitte“, sage ich.

      10

      Keegan

      Casey Cox könnte längst tot sein. Aber stattdessen ist sie eine Klette, die mir auf der Haut juckt und mich in jeder einzelnen Minute meines Lebens daran erinnert, dass sie da ist. Sie ist irgendwo da draußen und tickt und tickt, tickt wie eine Bombe, bereit hochzugehen, wenn ich es am wenigsten erwarte.

      „Wir müssen etwas unternehmen“, erkläre ich Sy, meinem Partner, der in seiner verwohnten Küche herumwirtschaftet wie ein alter Mann. „Die Medien machen gerade eine Heldin aus ihr. Es ist ein Albtraum. Wir müssen dem ein Ende machen, und zwar so schnell wie möglich.“

      Sys Stirn legt sich in Falten wie verwittertes Leder. Der Alkohol macht ihn alt. „Wir sollten ein paar Fotos von Brents Leiche an die Medien geben“, sagt er.

      „Zu riskant“, sage ich. „Wird dem Chef nicht gefallen. Er wird sagen, wir behindern die Ermittlungen.“

      „Wir könnten die Bilder ja lancieren und uns dann aufregen, dass das Material nach draußen gelangt ist. Wenn wir es sind, die darüber in Rage geraten, wird der Chef nicht darauf kommen, dass wir es waren. Wir können es Dylan Roberts in die Schuhe schieben.“

      Ich überlege einen Moment und versuche, die logischen Konsequenzen dieses Vorschlags abzuschätzen. Die Entscheider bei den Fernsehsendern, die gerade so fasziniert sind von einer Mordverdächtigen, die ein junges Mädchen und ihr Baby gerettet hat – und nur allzu gern berichten würden, dass sie eben keine Mörderin ist –, würden eine Vorstellung davon bekommen, wie blutig der Mord war, für den sie gesucht wird. Es könnte die Sympathie der Öffentlichkeit für sie geradezu ins Gegenteil umschlagen lassen.

      „Wir wissen beide, wir würden damit nichts gefährden“, fügt Sy hinzu. „Das Beweismaterial ist so, wie wir es haben wollten.“

      Ich grinse. „Sie müssten wieder darüber reden, wie gefährlich sie ist.“ Ich atme tief aus und versetze dem Stuhl vor mir einen Tritt. „Er hätte sie in Shady Grove kriegen sollen. Es könnte längst zu Ende sein.“

      „Ich weiß nicht.“ Sy steht auf und geht polternd durch die Küche, dass das ganze Haus unter den Schritten seiner Stiefel zittert. Er schüttet sich drei Fingerbreit Whisky ins Glas, kippt ihn hinunter und verzieht das Gesicht. „Eins muss man ihr lassen, sie hat Mumm. Und clever ist sie auch. Wenn wir Dylan bei Gates anschwärzen, wird er sich nur umso mehr in den Fall reinhängen. Er hat seinen Job durch die Paces bekommen. Wenn sie wollen, dass Dylan weiter an ihr dranbleibt, wird der Chef das unterstützen.“ Er hebt die Flasche und hält sie mir hin. „Auch einen?“

      „Nein“, lehne ich ab. „Muss einen klaren Kopf behalten. Und das solltest du auch. Wir können uns keinen Fehler leisten.“

      Sy stellt die Flasche unsanft ab und die Flüssigkeit spritzt darin hoch.

      „Okay“, sage ich. „Das ist unsere Strategie: Zuerst lancieren wir die Fotos an die Presse und auch eine Liste mit den Beweismitteln – ihre DNA am Tatort, das Messer in ihrem Auto … Dann durchforsten wir die Abteilung und verdächtigen jeden, der Zugang zu dem Material hatte.

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