Als die Sonne nicht unterging. Sigrid-Maria Größing
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Die Mutter Annas, eine Frau, die mit allen Wassern gewaschen war, brachte die zweite Ehe ihrer Tochter zustande: Sie heiratete Christoph von Liechtenstein, was für die verschuldete Familie an ein kleines Wunder grenzte. Dem jungen Ehemann gehörte zwar in Murau nichts mehr, aber er hatte eine steinreiche Frau an seiner Seite, die nach dem Tod der Mutter im Jahre 1569 noch die Besitzungen Wasserleonberg, Leonstein in Pörtschach, Treffen und im Gailtal Vordernberg geerbt hatte. Natürlich befanden sich in den Truhen, die nach Murau gebracht worden waren, nicht nur Ballen kostbarster Stoffe und Silbergerätschaften, sondern Geld und Gold, Pfandbriefe und Schuldscheine, sodass es Anna Neumann möglich war, nicht nur Schloss Murau ihrem Ehemann abzukaufen, sondern auch die Besitzungen seiner Brüder, die sich im Burgenland und in Niederösterreich befanden.
Auch dem zweiten Ehemann Annas war kein langes Leben beschieden. Als er 1580 zu Grabe getragen wurde, hatte Anna mit ihren fünfundvierzig Jahren längst die Hoffnung auf weitere Kinder aufgegeben. Sie widmete sich nun ganz ihren Geschäften, wobei sie große Summen Geldes den Habsburger-Kaisern, die sie erlebte, vorstreckte und auch dem Fürsterzbischof von Salzburg, Markus Sittikus, finanziell unter die Arme griff. Allein Kaiser Ferdinand II. war ihr die gewaltige Summe von 220.000 Gulden schuldig.
Vielleicht waren es die hohen Schulden, die die Kaiser Ferdinand, Maximilian II., Rudolf und Matthias niemals hätten zurückzahlen können, dass man die religiösen Gefühle Anna Neumanns achtete. Denn seit ihrer dritten Ehe mit Ludwig Freiherr Ungnad von Sonnegg, einem langjährigen Freund, der ebenfalls bei Anna in der Kreide stand, war sie nämlich zum Protestantismus übergetreten, etwas, was in dieser Zeit lebensgefährlich hätte sein können. Durch die Abhängigkeit der Kaiser von ihrem Geld war sie nicht nur selber unantastbar für die Gegenreformatoren geworden, sie hielt auch schützend ihre Hand über die Murauer, die sich ebenfalls gegen die katholische Glaubensüberzeugung stellten.
Die »Herrin von Murau«, wie sich Anna selber nannte, hatte wohl die Geschäftstüchtigkeit ihres Vaters, aber nicht den Geiz ihrer Mutter geerbt. Sie half, wo sie konnte, und kümmerte sich um die Ärmsten der Armen, indem sie auch das Murauer Spital im Jahre 1576 ausbauen und modernisieren ließ und den Bedürftigen Geld lieh, das sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzahlen mussten. Daneben war es möglich, bei Anna Geld anzulegen, wobei man wusste, dass es bei ihr in guten Händen war und man zusätzlich noch erkleckliche Zinsen bekam.
All diese ungewöhnlichen Eigenschaften, die diese außergewöhnliche Frau besaß, schützten sie nicht davor, in Verruf zu kommen und als Hexe bezeichnet zu werden, denn dem Neid und der Missgunst sind zu allen Zeiten Tür und Tor geöffnet gewesen. Man machte Anna Neumann zwei Prozesse, in denen man ihr vorwarf, Hexen und Zauberer durch Tinkturen und Salben zum Wettermachen angestiftet zu haben. Eine Anklage, die durchaus üblich war, wenn man jemanden beseitigen wollte. Außerdem gerieten Gerüchte in Umlauf, sie hätte die »weiße Leber«, eine seltsame Bezeichnung, die man schon damals in der Steiermark kannte und durch die eine sexuell äußerst aktive Frau abgewertet wurde. Immerhin hatte Anna nach dem Tode ihres dritten Ehemannes sehr schnell wieder geheiratet, den Gutsnachbarn Carl Freiherr von Teuffenbach, der ebenfalls sehr wohlhabend war. Geld kam zu Geld und Besitz zu Besitz. Auch der vierte Ehemann wurde nicht alt, mit fünfundsiebzig Jahren war Anna wieder Witwe. Als sie den um dreißig Jahre jüngeren Ferdinand, Graf zu Ortenburg-Salamanca als uralte Frau heiratete, waren ihre beiden Töchter Barbara und Elisabeth schon lange tot, es gab niemanden in der Familie, der die Herrin von Murau, deren Güter von Kärnten bis nach Niederösterreich reichten, hätte beerben können. Vielleicht war dies auch der Grund für die Eheschließung mit einem so viel jüngeren Mann, der nach dem Tode Annas noch einmal heiraten und das Vermögen eventuellen Kindern hätte vererben können.
Aber es kam ganz anders, denn auch dieser Gemahl starb schon fünf Jahre nach der Hochzeit im Jahre 1616. Er hinterließ eine einundachtzigjährige Witwe, die sich aber mit diesem Stand noch lange nicht abfand. Durch die Vermittlung eines Ratgebers des späteren Kaisers Ferdinand II. wählte sie den um fünfzig Jahre jüngeren Georg Ludwig, Reichsgraf von Schwarzenberg, zu ihrem sechsten Ehemann aus. Der junge Mann war gebildet und hatte die Welt gesehen, als er an der Seite der Greisin auf Schloss Murau einzog. Wahrscheinlich war man sich auch schon damals darüber im Klaren, dass diese Heirat einer Adoption gleichkam. Der politisch sehr aktive Georg Ludwig Schwarzenberg sollte all ihre Besitzungen erben, so verfügte Anna Neumann einen Monat nach ihrer Hochzeit.
Als Anna Neumann, die Herrin von Murau, zu Grabe getragen wurde, war man sich zunächst unschlüssig, wo man die Protestantin beisetzen sollte. Da es mit den Glaubensvorstellungen der Zeit unmöglich war, sie in einer katholischen Kirche zu begraben, kam man auf die absurde Idee, sie so beizusetzen, dass der Kopf außerhalb der Kirche zu liegen kam. Erst im 19. Jahrhundert exhumierte man die Gebeine und setzte sie neben ihrem letzten Ehemann in der Kapuzinerklosterkirche in Murau bei.
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