Als die Sonne nicht unterging. Sigrid-Maria Größing
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Lorenzo der Prächtige begnügte sich nicht nur mit der Förderung der Malerei und Bildhauerkunst, er unterstützte auch die Dichter und Denker seiner Zeit. Unter seiner Ägide schrieb ein Machiavelli »Il Principe«, ein staatsphilosophisches Werk, das die Jahrhunderte überdauern sollte.
Das Mäzenatentum Lorenzos kostete die Medici viel Geld, zu viel Geld, wie sich herausstellen sollte. Denn wirtschaftliche Krisen waren auch in dieser Zeit durchaus üblich und so schmolz das Vermögen der Familie überraschend schnell dahin. Außerdem war Lorenzo selbst wesentlich weniger daran interessiert, sich um die geschäftlichen Belange des Hauses zu kümmern, als es nötig gewesen wäre. Die instabilen politischen Ereignisse in Europa trugen ein Übriges dazu bei, die Geldtruhen in Florenz zu leeren. Besonders übel allerdings war, dass Lorenzos Sohn und Nachfolger Piero in keiner Weise den Geist und das politische Flair seines Vaters geerbt hatte, sodass mit dem Tod Lorenzos am 8. April 1492 der Anfang für die spätere Bedeutungslosigkeit des Hauses Medici gekommen war.
Für 80.000 Dukaten verkaufte Kaiser Friedrich III. die ungarische Krone
Im Kaufpreis war allerdings der Titel »König von Ungarn« nicht miteingeschlossen, außerdem sollte Matthias Hunyadi, der den Beinamen Corvinus führte, die Erbfolge der Habsburger garantieren, sollte er ohne einen legitimen Nachfolger sterben.
Es war ein ständiges Ringen um die Macht sowohl in den österreichischen Ländern als auch in Ungarn und Böhmen, das sich im 15. Jahrhundert abzeichnete. Beinahe kämpfte jeder gegen jeden, die beiden habsburgischen Brüder Friedrich und Albrecht standen sich feindlich gegenüber, in Ungarn drängten die Türken immer weiter nach Westen, sodass die Reichsverweser in ihrem Kampf beinahe auf verlorenem Posten standen, während in Böhmen die Sektierer die Gläubigen verunsicherten, sodass sich der Papst einschalten musste. Es war keine leichte Aufgabe, wer immer sie aufgebürdet bekam, Ordnung und Sicherheit für die leidende Bevölkerung herzustellen.
Als Matthias Hunyadi in Klausenburg, im späteren Siebenbürgen am 23. Februar 1443 geboren wurde, stand sein Vater Johann nicht nur mitten im Krieg gegen die Türken, sondern hatte private Fehden mit den Grafen von Cilli auszufechten. Vielleicht um endlich eine Möglichkeit zum Frieden zu finden, wurde Matthias schon als Kind mit einer Tochter Ulrichs von Cilli verlobt. Die Hochzeit, die die politischen Verhältnisse hätte beruhigen können, vereitelte aber der frühe Tod der jungen Braut. Da auch der Vater von Matthias, Johann Hunyadi, schon bald die Augen für immer schloss, nahm seine Position als Familienoberhaupt Ladislaus ein, der ältere Bruder von Matthias, ein undurchschaubarer Mensch und brutaler Haudegen, der nicht davor zurückschreckte, Ulrich von Cilli heimtückisch zu ermorden. Diese Bluttat sollte er wenig später schrecklich büßen. Denn der junge ungarische König, der ebenfalls den Namen Ladislaus führte, ließ den Mörder hinrichten und zudem noch den um zwölf Jahre jüngeren Bruder Matthias festsetzen. Sicher war mit den kampfeslustigen Hunyadis nicht zu spaßen. Matthias verbrachte einige Zeit seiner Jugend auf Burg Gutenstein, bevor er nach Prag überstellt wurde. Hier ereigneten sich der Sage nach merkwürdige Dinge. Ein Rabe fungierte angeblich als Postillion, indem er Briefe der Mutter an den inhaftierten Sohn brachte, damit der Jüngling nicht ganz verzweifelte. Der Name Corvinus, das lateinische Wort für Rabe, könnte daher stammen, wenngleich es auch andere Erklärungen gibt.
Vielleicht hätte der Lebenslauf von Matthias »Corvinus« eine andere Richtung genommen, wäre König Ladislaus, der den Beinamen »Postumus« führte, da er nach dem Tode seines Vaters geboren war, nicht plötzlich vor seiner Hochzeit in Prag im November 1457 gestorben. Jetzt stand einer Freilassung des jungen Ungarn nichts mehr im Wege, ja der böhmische Gubernator Georg von Podiebrad setzte sich persönlich dafür ein, da er die Absicht hatte, seine Tochter Katharina mit Matthias zu verheiraten. Von seinem Schwiegersohn erhoffte sich Georg von Podiebrad Unterstützung gegen die Aufständischen in Böhmen. Georg sollte sich gründlich verrechnet haben. Denn das Verhältnis zwischen den beiden verschlechterte sich rasch, da Matthias dem Auftrag des Papstes nachkam, die religiöse Einheit in Böhmen wiederherzustellen zu versuchen. Denn nach den skandalösen Vorgängen am Konzil von Konstanz im Jahre 1418, bei dem der Kaiser sein Wort gebrochen hatte, waren die Anhänger von Johann Hus, die schon bald als Ketzer galten, ungewöhnlich zahlreich geworden, sodass der katholische Glauben in Böhmen und Mähren in ernste Gefahr geriet. Und Georg von Podiebrad war nicht der Mann, dem es gelingen würde, den Hussiten die Stirn zu bieten. Das wusste Papst Paul II. nur zu genau. Nur der junge Haudegen Matthias würde in der Lage sein, den Hussiten einen Denkzettel zu verpassen, denn sein Ruf als erfolgreicher Heerführer gegen die Türken war bis nach Rom gedrungen. Nach den glänzenden Siegen, die Matthias im Osten erfochten hatte, und den Eroberungen in Osterreich und schließlich auch in Böhmen und Mähren war Matthias Corvinus sicherlich der machtvollste Herrscher seiner Zeit. Nachdem er mit Kaiser Friedrich III. nach blutigen Kämpfen und langem Hin und Her den Frieden von Odenburg und Wiener Neustadt geschlossen hatte, setzte sich Matthias in Stuhlweißenburg 1464 die Stephanskrone aufs Haupt.
Doch damit war die Karriere des dynamischen Matthias noch lange nicht zu Ende, denn er schreckte nicht davor zurück, sich in Olmütz 1471 zum König von Böhmen in einer glanzvollen Zeremonie krönen lassen. Ein Affront gegen seinen Schwiegervater Georg von Podiebrad. Es dauerte noch acht Jahre, bis sich Georg und Matthias endgültig einigten: Die böhmischen Gebiete wurden aufgeteilt, was für Podiebrad ohne große Bedeutung war, denn seine Tage waren gezählt. Wohl wählten die Böhmen den Jagiellonen Wladislaw II. zum König, aber er hatte keine Chance gegen den mächtigen ungarischen Böhmenkönig, der mit seiner »Schwarzen Armee« von Sieg zu Sieg eilte, einer Truppe, die aus ungefähr 10.000 nicht ungarischen Soldaten bestand, Söldnern aus allen Teilen Europas, aus Männern, die keine Furcht, aber auch keine Gnade kannten. Ein übergangener türkischer Thronanwärter war genauso integriert wie der ungarische Adelige Pál Kinizsi, den Matthias auf einer Jagd kennengelernt hatte. Durstig wie er war, bat der König am Hofe Kinizsis um einen kühlen Trunk, den der Hausherr persönlich dem Herrscher auf einem Mühlstein, den er als Tablett benutzte, kredenzte. Matthias war von der ungewöhnlichen Kraft des Edelmannes derart beeindruckt, dass er ihm in seiner »Schwarzen Armee« einen besonderen Platz zuwies. Kinizsi erwies sich als treuer Diener seines Herrn, auch über dessen Tod hinaus.
Nachdem Matthias erste Gemahlin kinderlos gestorben war, ging er eine zweite Ehe mit Beatrix von Aragon ein, einer neapolitanischen Prinzessin, die ihren Gemahl auch auf seinen Feldzügen begleitete. Unerschrocken ritt sie neben Matthias und ließ sich nicht davon abhalten, auch an Belagerungen teilzunehmen, die gefährliche Situationen mit sich brachten. Denn Matthias gab seinen Kampf gegen Kaiser Friedrich III. nicht auf. Seine Chancen, Wien einzunehmen, standen gut, denn die österreichischen Stände waren keineswegs von Friedrich III., der Erzschlafmütze des Reiches, wie er auch genannt wurde, begeistert. Sie wechselten ihre Positionen, wie sie es für opportun hielten und da Matthias auf der Straße des Sieges wandelte, schien es günstig, sich dem Sieger anzuschließen. Für Friedrich III. bedeutete dies, dass er an den Ungarn zahlen musste, um halbwegs in Frieden leben zu können. 100.000 Dukaten forderte Matthias, die der sich ewig in Geldnöten befindliche Kaiser natürlich nicht aufbringen konnte. Neue Kämpfe waren die Folge, die darin gipfelten, dass sich die Tore Wiens für Matthias Corvinus öffneten und er seine Residenz im Schweizer Trakt der Hofburg aufschlagen konnte.
Es war keine schlechte Zeit, die mit der Herrschaft des Corvinus für Wien anbrach. Denn der Ungar war ein hochgebildeter Mann, den schon sein Erzieher Bonfini auf die Kunst der Renaissance aufmerksam gemacht hatte. Seine zweite neapolitanische Gemahlin vermehrte noch das Interesse ihres Gemahls an der neuen Kunstrichtung, sodass auf Geheiß des Herrschers Künstler aus Italien an den Wiener Hof als hochgeehrte Gäste kamen. Eine neue Welt tat sich nicht nur für Matthias Corvinus auf. Durch die Neuentdeckung des Menschen in der Renaissance fand ein Umdenken auf allen Wissensgebieten statt. Nach den wilden politischen Jahren kam Matthias Corvinus in Wien halbwegs zur Ruhe. Er hatte die Muße, in seiner Bibliotheca Corviniana, die allein 5.000 Bände umfasste