Als die Sonne nicht unterging. Sigrid-Maria Größing

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Als die Sonne nicht unterging - Sigrid-Maria Größing

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sich von den anderen Renaissancepäpsten nur wenig. So wie seinen Vorgängern war ihm ein süßes Leben wichtiger, als die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern.

      Es war den Medici ein großes Anliegen gewesen, endlich ein Familienmitglied auf den Stuhl Petri zu bringen, wodurch sie ihre Macht nicht nur in Florenz ausweiten konnten. Deshalb engagierte man schon, als Giovanni, der zweitgeborene Sohn Lorenzos, erst drei Jahre alt war, den Dichter Angelo Poliziano, der den Knaben und seinen älteren Bruder Piero im humanistischen Sinne erziehen sollte. Allerdings war die Mutter der Kinder Clarice, eine geborene Orsini, gegen den bekannten Mann und setzte alles daran, ihren Gemahl davon zu überzeugen, dass Poliziano nicht der richtige Begleiter ihrer Söhne wäre. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis Lorenzo de Medici den Wünschen seiner Frau nachkam und die Erziehung seines jüngeren Sohnes in die Hände anderer hochgebildeter Männer legte. Denn es stand von Anfang an fest, dass der Zweitgeborene auf alle Fälle in den Dienst der Kirche treten würde. Und da für einen Medici nichts Geringeres als ein Kardinalsamt möglich war, spendete man dem siebenjährigen Kind schon die Firmung und schnitt ihm das Haar zu einer Tonsur, um ein äußeres Zeichen zu setzen. Denn dies war die Voraussetzung, um einzelne Pfründen vom französischen König übertragen zu bekommen. Gleichzeitig ernannte der Papst Giovanni zum päpstlichen Pronotar, denn nur in dieser Funktion war es möglich, die Pfründen überhaupt annehmen zu können. Denn man fand in der damaligen Zeit nichts dabei, den Knaben, der am 11. Dezember 1475 in Florenz das Licht der Welt erblickt hatte, mit nur acht Jahren zum Domherrn von Florenz einzusetzen. Dass dies alles nur ein Machtspiel der Medici war, lässt sich denken, denn Giovanni konnte natürlich aufgrund seines zarten Alters keine wie immer geartete Funktion erfüllen, seine Agenden übernahmen den Medici ergebene Kleriker, die aber teilweise so korrupt waren, dass sich die Mönche von Passignano gegen deren Machenschaften auflehnten und die Abtei nur mit Waffengewalt eingenommen werden konnte.

      Trotz der anfänglich guten Beziehungen Lorenzos zu Papst Innocenz VIII. gelang es dem Medici nicht, die Kardinalswürde für seinen Sohn zu erlangen. Erst als der Papst seinen leichtlebigen Sohn Francesco Cibo mit Maddalena de Medici verheiraten wollte, um das Ansehen seines Sohnes aufzubessern, schenkte er den Bitten aus Florenz Gehör. Insgeheim wurde Giovanni 1489 die Kardinalswürde übertragen, was allerdings erst drei Jahre später, als der junge Mann siebzehn war, veröffentlicht wurde. Es sollte jedoch noch mehr als zwanzig Jahre dauern, bis Giovanni als Leo X. aus der Konklave, in die man ihn als kranken Mann getragen hatte, als Papst hervorging. So wie viele seiner Vorgänger hatte auch er keine Weihen, sodass er zunächst gezwungen war, alle kirchlichen Funktionen von Stellvertretern durchführen zu lassen. Leo X. holte aber dieses Versäumnis nach und wurde am 15. März 1513 zum Priester geweiht, wenige Tage später zum Bischof, sodass er am 19. März in einer großartigen Feier zum Nachfolger Petri gekrönt werden konnte. Wobei sich immer noch die Frage stellt, wie religiös der Medici-Papst im Grunde seines Herzens war. Denn es sind Aussprüche aus seinem Munde überliefert, die Zweifel darüber aufkommen lassen, ob er überhaupt eine christliche Einstellung gehabt hatte. Inwieweit der ihm zugesprochene Satz: »Alle Welt weiß doch, wie viel uns diese Fabel von Christus eingebracht hat« tatsächlich von ihm stammt oder von böswilligen Zeitgenossen kolportiert wurde, ist nicht mehr nachkontrollierbar. Fest steht jedoch, dass Leo X. keineswegs ein frommes, heiligenmäßiges Leben führte und auch religiösen Dingen wenig Aufmerksamkeit schenkte. Und dies in einer Zeit, in der Martin Luther seine Thesen nicht nur in Wittenberg verbreitet, sondern auch eine große Anhängerschar im Reich um sich versammelt hatte. Denn jeder gläubige Christ musste von den Zuständen und Vorgängen in der katholischen Kirche entsetzt gewesen sein und eine durchgreifende Reform befürwortet haben. Aber nach wie vor kamen von Rom keine Änderungs- und Läuterungsvorschläge. Im Gegenteil: Leo X. hatte nur Augen und Ohren für die Kunst und seine privaten Vergnügungen, die zum Teil ans Absurde grenzten. So konnte sich der Heilige Vater an ganz besonderen Geschenken delektieren, die ihm von König Manuel I. von Portugal gemacht wurden. Der Herrscher hatte dem Papst einen Elefanten für seine Menagerie überbringen lassen, sowie ein Nashorn, das aber Rom nur in ausgestopftem Zustand erreichte. Hanno, wie der Elefant genannt wurde, avancierte zum Lieblingstier des Papstes und wurde sogar von keinem Geringeren als Raffael gemalt.

      Die politische Haltung des vergnügungssüchtigen Heiligen Vaters war völlig undurchsichtig. Hatte er zunächst Franz I. von Frankreich unterstützt, die deutsche Kaiserwürde zu erlangen, so änderte er bald seine Meinung und sprach sich für Karl V. aus. Hatte er zunächst ein Konkordat mit Franz geschlossen, so unterzeichnete er 1521 einen Bündnisvertrag gegen Frankreich. Daneben unterstützte er den Ablasshandel, durch den viel Geld in die päpstlichen Kassen gelangte. Es war verhängnisvoll für die Einheit der Kirche, dass man zu Beginn des 16. Jahrhunderts nicht mehr alles nachbetete, was einem über lange Zeit vorgebetet worden war. Der Mensch war aufgewacht aus seiner Lethargie und kritisch geworden. Aber diese Zeichen der Zeit waren in Rom unhörbar verklungen. Leo X. versuchte zwar durch die Bulle »Exsurge Domine« Luther zum Schweigen zu bringen und exkommunizierte ihn am 3. Januar 1521, aber der Funke war entfacht, sodass das Feuer nicht mehr gelöscht werden konnte. In Scharen liefen die Menschen dem ehemaligen Franziskanermönch zu und unterstützten seine Forderungen nach einer Reinigung in der Kirche.

      Leo X. vergnügte sich während der Zeit lieber auf der Jagd oder auf den vielen Festen und prunkvollen Umzügen, die er zu seiner Unterhaltung veranstalten ließ. Sein Hofnarr hatte ihn ständig zu unterhalten und wenn dem armen Spaßmacher nichts Komisches mehr einfiel, wurde er auf Anordnung des Papstes geprügelt. Ein bedauernswertes Los für einen Komiker.

      Alles, was Leo X. in dieser kirchenpolitisch höchst gefährlichen Zeit tat, war, mit Bulle und Bann um sich zu schlagen. Er erkannte dabei nicht, dass die Tage, als diese Kirchenstrafen tatsächlich noch lebensentscheidend für die Betroffenen gewesen waren, längst vorüber waren. Er überschätzte die Stellung des Vatikans und auch der italienischen Stadtstaaten als Orte der Hochkultur, indem er auf Deutschland als ein Land voller Barbaren herabschaute. Er erkannte nicht, dass sein politisches Schwanken zu verhängnisvollen Kriegen führte, die sich zwischen Frankreich, dem Reich und einigen italienischen Stadtstaaten auf italienischem Boden abspielten. Nachdem Leo X. geglaubt hatte, dass Martin Luther durch seine Strafen, aber auch auf dem Reichstag zu Worms mundtot gemacht worden war, überfiel den Papst am 1. Dezember 1521 plötzlich hohes Fieber, das mit keinem Mittel gesenkt werden konnte. Seine Umgebung war so überrascht, dass man es verabsäumte, ihm die Sterbesakramente zu spenden. Ohne die Segnungen der Kirche ging er in die Ewigkeit ein.

      Da die Erkrankung gleichsam aus heiterem Himmel ausgebrochen war, kam sofort der Verdacht auf, dass Leo X. nur vergiftet worden sein konnte. Man bedachte dabei nicht, dass der Papst ein Leben lang kränklich gewesen und aufgrund seiner Leibesfülle ungewöhnlich behindert war. Der Mundschenk geriet sofort ins Visier als Verdächtiger, denn man versuchte Beziehungen zwischen diesem Malaspina und den Franzosen herzustellen. Glücklicherweise trat der Cousin Leos, Kardinal Giulio de Medici, für den Angeschuldigten ein und der Mundschenk wurde nach einer Obduktion des Toten freigelassen.

      Leo X. hatte einen Berg von Schulden hinterlassen, sodass man auf eine feierliche Kerzenbeleuchtung bei seiner Beisetzung verzichten musste.

      Trara … die Post war endlich da …

      Die Anfänge der Nachrichtenübermittlung liegen im Dunkel der Geschichte. Jetzt scheint es so, als hätte das digitale Zeitalter der guten alten Post den Todesstoß versetzt.

      Schon im Altertum schickte man Kuriere zu Fuß oder zu Pferd aus, die wichtige Informationen von einem Ort zum anderen bringen sollten. Tausende Gefahren lauerten auf diese Boten an allen Ecken und Enden. Sie waren nie vor Überfällen gefeit, genauso wenig vor den Unbilden der Natur. Daher war es nicht verwunderlich, dass manche Nachricht ihren Empfänger erst erreichte, nachdem er schon längst das Zeitliche gesegnet hatte. Erst an der Schwelle zur Neuzeit änderte sich die Situation, denn es war durch die Größe des Reiches notwendig geworden, Informationen auszutauschen, um eine einheitliche Politik zu gewährleisten. Dabei konnte man auf das Vorbild Mailand blicken, wo man schon im 13. Jahrhundert auf

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