AEIOU. Sigrid-Maria Größing

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу AEIOU - Sigrid-Maria Größing страница 10

AEIOU - Sigrid-Maria Größing

Скачать книгу

Eleonore noch zu Hause war, folgte ein Fest auf das andere. Die Heimat feierte sie zum letzten Mal; um zu zeigen, wie man sie liebte. Dichter verfassten neue Theaterstücke, in denen Mohren und Drachen die Hauptrollen spielten, wilde Männer kämpften gegen übermächtige Stiere, allegorische Gestalten versinnbildlichten die Zukunft der Prinzessin, bunte Bilder stellten dar, welch hohe Ehre ihr beschieden sei, da sie den zukünftigen Kaiser zum Mann bekommen würde. Eleonore, auf dem Balkon des Palastes stehend, genoss den Jubel und die Hochrufe, die ihr galten. Aber nur zu bald hieß es Abschied nehmen von den Gespielinnen, vom Bruder, von der Heimat. Eine kleine Flotte war ausgerüstet worden, die nun abfahrbereit im Hafen lag. Sie sollte Eleonore nach Italien bringen, wo ihr zukünftiger Gemahl sie erwartete. Die Fahrt ging die Küsten von Portugal, Nordafrika und Spanien entlang, wobei man sich nicht zu weit aufs Meer hinauswagte: nicht nur die Stürme auf offener See waren gefährlich, es war auch ständig mit Überfällen der Seeräuber zu rechnen, die überall im Mittelmeer ihr Unwesen trieben.

      Für die junge Frau wurde die Seereise zum Alptraum. Zwar war die Jahreszeit günstig, aber der Wettergott hatte alle Prophezeiungen Lügen gestraft und schwere Stürme geschickt. Wie Nussschalen schaukelten die Schiffe auf den meterhohen Wellen, wurden hin und her geworfen, bis die Segel in Fetzen von den Masten hingen, und Eleonore und ihre Gefährten mussten froh sein, nicht über Bord gespült zu werden. Kaum hatte sich der Wind gelegt, kaum glaubte die Besatzung wieder Mut fassen zu können, als am Horizont schwarze Schiffe auftauchten: Piraten! So gut es ging, wehrte man sich seiner Haut, versteckte die Prinzessin, damit ihr nicht ein Leid geschehe, konnte aber nicht verhindern, dass die Räuber sich der Schätze bemächtigten, die Eleonore ihrem Mann als Mitgift überreichen sollte. Als der Spuk vorüber war, dankten die Reisenden dem Himmel, dass man mit dem nackten Leben davongekommen war. Von der stolzen Flotte war kaum etwas übrig, es fehlte an allem, vor allem an Trinkwasser, denn die meisten Wasserfässer waren schon in den Stürmen über Bord gegangen. Wie sollte man in der glühenden Sonne den quälenden Durst löschen? Allein die Weinfässer waren heil geblieben, und wollte man nicht verdursten, mussten sie angezapft werden, ein harter Schlag für die Prinzessin, die, obwohl sie aus einem Weinland stammte, dieses Getränk verabscheute.

      Die Unglücksfälle und Missstände auf der langen Reise hielten die junge Frau so sehr in Atem, dass sie nicht dazu kam, ihr Vorhaben zu verwirklichen und die Sprache ihres Bräutigams zu erlernen. Sie war fest entschlossen gewesen, Friedrich mit deutschen Worten zu begrüßen. Dass der Bräutigam sich die Mühe machte, seine kleine Braut auf portugiesisch willkommen zu heißen, ist eher unwahrscheinlich. So sollten sich zwei grundverschiedene Menschen verbinden, von denen eins nicht die Sprache des anderen verstand, die sich überhaupt nicht miteinander unterhalten konnten, wenn auch später Eleonore die deutsche Sprache erlernt haben soll, die sie freilich zeitlebens mit Akzent sprach.

      Endlich landeten die Schiffe doch noch an der italienischen Küste, zwar nicht in dem vorgesehenen Hafen, aber dennoch in Livorno, unweit von Siena, wo der deutsche König unruhig auf seine Braut wartete. Die Tage vor der geplanten Hochzeit waren für Friedrich kein wahres Vergnügen. Die italienische Bevölkerung wollte nichts von ihm wissen und verschloss die Stadttore, weil man Schwierigkeiten mit den Begleittruppen des Habsburgers befürchtete. Es war immer riskant, fremdes Kriegsvolk, auch wenn es in friedlicher Absicht gekommen war, in die Stadt zu lassen, denn man wusste nie, wie es sich aufführen würde. Nur allzu schnell konnte aus einem kleinen Streit eine Welle der Gewalt hervorbrechen, die zu Brandschatzung und Plünderung führte. Die Soldaten vergaßen leicht, dass man eigentlich befreundet war, begannen zu rauben und zu morden und fielen über die Frauen her, und den Herrschern war es dann unmöglich, dem wilden Treiben Einhalt zu gebieten. Es dauerte lange, bis Friedrich die Stadtväter von Siena überzeugen konnte, dass er seine Braut nicht gut auf freiem Feld empfangen könne. Schließlich willigte man – aber nur der Braut zuliebe – ein, die Stadttore zu öffnen, bewachte aber den König und sein Gefolge misstrauisch auf Schritt und Tritt, selbst als Eleonore schon eingetroffen war.

      War man also dem Habsburger eher feindlich gesinnt, so eroberte die kindliche Portugiesin die Herzen des Volkes im Sturm. Jubel klang auf, wo sie sich zeigte, ihre Schönheit und ihr Charme bezauberten alle. Hätte Friedrich nur einen Funken Glut in sich verspürt, er hätte sie vor allem Volk an sich gezogen und herzlich geküsst. Nicht nur Eleonore wäre glücklich gewesen, auch die Menschen hätte er für sich gewonnen. Aber er konnte nicht aus seiner Haut, er war viel zu verschlossen, um vor aller Augen menschliche Regungen zu zeigen. Es wird berichtet, er habe am ganzen Körper gezittert, als er Eleonore begrüßte. Er scheute wohl davor zurück, vor den Augen der Menge etwas von seiner Person preiszugeben, sein Privatleben wie in einem Theater zu demonstrieren. Viel lieber hätte er in aller Heimlichkeit geheiratet, wenn es schon unbedingt sein musste. Aber eine solche Zurückhaltung entsprach nicht dem Stil der Zeit und den Anforderungen, die man an einen Herrscher stellte. Damals und auch noch lange Zeit danach galt das Privatleben des Herrschers als öffentlich, und in aller Öffentlichkeit wurden sogar Intimitäten ausgetauscht und auf das Schamgefühl vor allem der Frauen wenig Rücksicht genommen.

      Nach dem ersten Treffen zog sich Friedrich, wann immer es möglich war, vor seiner Braut zurück, vermied es, mit ihr allein zu sein und hasste das Spektakel, das man um sie machte. Die Städte Italiens glaubten sich an Festen überbieten zu müssen, die alle der jungen Braut galten; sie hatte die Herzen erobert und fühlte sich unter den warmherzigen, ungestümen Italienern wie zu Hause. Alles erinnerte sie an ihre ferne Heimat, der Gesang, das Temperament der Leute, die glühenden Blicke der Männer und das köstliche Essen. An der Seite des wortlosen, mürrischen Friedrich genoss sie bei herrlichem Wetter all diese Vergnügungen und vermisste seine Unterhaltung gar nicht, hätten sie sich doch ohnehin nicht verstanden.

      Die kirchliche Trauung sollte in Rom stattfinden, zusammen mit der Kaiserkrönung (Friedrich, als deutscher König der Vierte, war übrigens der einzige Habsburger und der letzte Kaiser, der nach alter Sitte in Rom vom Papst – es war Nikolaus V. – gekrönt wurde). Es war ein großer Tag für alle, die mit Friedrich nach Rom gekommen waren. Feierlich schritt der Papst die Stufen der Peterskirche hinunter, um den König zum Eintritt aufzufordern. Begleitet von den Würdenträgern des Reiches zogen Friedrich und der Papst langsam in den Dom ein. Laute Gesänge begleiteten ihren Weg, bis sich endlich Nikolaus auf seinem Thron vor dem Altar niederließ, umgeben von Kardinälen und Bischöfen. Eleonore und Friedrich hatten auf außerhalb des Altarraumes errichteten Tribünen Platz genommen. Beide sollten vor dem Mauritiusaltar vom Bischof von Ostia zwischen dem rechten Arm und dem Schulterblatt gesalbt werden, zuerst der König, dann seine Frau.

      Nach der Salbung führte man das Paar vor den Petersaltar. Mönche zogen dem König ein weißes Kleid über und warteten, bis der Papst ihm ein Schwert übergab, das Friedrich dreimal aus der Scheide zog und schwenkte. Darauf nahm ihm der Papst die Waffe aus der Hand und gürtete sie ihm um, worauf er ihm Reichsapfel und Szepter reichte. Alle hielten den Atem an, als der Papst nun aus den Händen von Friedrichs Bruder Albrecht die Krone des Reiches nahm und sie dem König aufs Haupt setzte. Krone, Szepter und Reichsapfel hatte Friedrich eigens aus Nürnberg nach Rom bringen lassen und sich außerdem, misstrauisch wie er war, noch extra eigene Insignien anfertigen lassen. Man wusste nie, was auf einem so langen und beschwerlichen Zug alles geschehen konnte.

      Unmittelbar nach der Krönung des Kaisers schritt der Papst auf Eleonore zu und krönte auch sie. Die Zeitgenossen berichteten ausführlich über den zauberhaften Anblick, den die liebreizende Prinzessin geboten habe, als sie die Krone aufs Haupt gesetzt bekam. Friedrich und Eleonore knieten nun im Gebet vor dem Altar, während die Gläubigen ein Bitt- und zugleich Dankgebet gen Himmel richteten. Dann erhob sich das Kaiserpaar und küsste dem Papst Hände und Füße. Kirchliche Würdenträger geleiteten die beiden auf ihre Plätze zurück.

      Nikolaus V. zelebrierte nun feierlich die Heilige Messe, wobei Friedrich ministrierte. Als der Segen über das Kaiserpaar und die Gläubigen erteilt worden war, verließen Friedrich und Eleonore getrennt den Petersdom. Die Kaiserin wurde in ihren Palast eskortiert, um sich von den Strapazen der Krönung auszuruhen, Friedrich hingegen trat seinen traditionellen Rundritt durch Rom an. Er hielt dem Papst

Скачать книгу