Das gibt's nur bei uns. Georg Markus

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Das gibt's nur bei uns - Georg Markus

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entnimmt man Loscheks Zeilen, wie populär Rudolf war. Als der Kammerdiener mit seinem Herrn am 22. April 1881 nach mehr als zweimonatiger Afrika- und Asien-Reise am Wiener Südbahnhof ankam, schreibt er: »Unser Zug wurde von einer vieltausendköpfigen Menge erwartet. Rudolf war ja, ohne zu loben, bei den Wienern sehr beliebt. Der Kaiser erwartete uns … und der Jubel wollte kein Ende nehmen. Nun waren wir wieder gesund und glücklich im schönen Wien. Wir alle waren derart abgebrannt, dass sich alle Leute umsahen, wenn wir auf der Gasse gingen.«

       Für den Kammerdiener bricht eine Welt zusammen

      Klar, dass Loschek »seinen« Kronprinzen nur in den prächtigsten Farben schildert. Kein Wunder auch, dass mit dessen tragischem Tod für den Kammerdiener eine Welt zusammenbrach.

      Nach seiner Pensionierung führte Johann Loschek auf seinem Landgut ein sehr zurückgezogenes Leben. Über Mayerling sprach der ehemalige Kammerdiener nie.

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       »Rudolf war ja, ohne zu loben, bei den Wienern sehr beliebt«: Johann Loschek im Alter von über achtzig Jahren auf seinem Landgut in Kleinwolkersdorf

       Der Tod des letzten Loschek

      Nach seinem Tod im Jahr 1932 bewirtschaftete dessen Sohn Johann Loschek jun. mit seiner Frau Margarete den im 14. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnten »Auer Hof«. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Johann Loschek III., der als Soldat in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges fiel, wodurch es keinen leiblichen Erben gab. »Mein Mann und der Enkel des Kammerdieners waren seit ihrer Kindheit eng befreundet, sodass seine Eltern nach Johanns Tod meinen Mann und mich – ohne dass wir davon wussten – als Erben einsetzten«, erzählt Rotraut Witetschka.

      Sie und ihr Mann Eduard nahmen das Erbe an, mussten aber das halbe Gut verkaufen, um die historischen Gebäude sanieren und die sehr hohe Erbschaftssteuer zahlen zu können. Frau Witetschka hat es sich auch nach dem Tod ihres Mannes zur Aufgabe gemacht, den Nachlass des Kronzeugen von Mayerling aufzubewahren und in Ehren zu halten.

       Loscheks Nachlass im Museum

      Nachdem das Kronprinz-Rudolf-Museum im Karmelitinnenkloster Mayerling und die Landessammlungen Niederösterreich durch meine Kurier-Kolumne von der Existenz des Loschek-Nachlasses erfahren hatten, übernahmen sie Teile davon, sodass diese in Zukunft der Öffentlichkeit zugänglich sein werden.

      1 Diese Summe entspricht laut »Statistik Austria« im Jahr 2018 einem Betrag von rund 30 000 Euro.

      2 Kronprinz Rudolf hätte an diesem Abend mit seinem Schwager Prinz Philipp von Coburg an einem Familiendiner Kaiser Franz Josephs in der Wiener Hofburg teilnehmen sollen.

      3 Die Berliner Illustrierte Zeitung überwies Johann Loschek jun. für die Überlassung der Erzählung seines Vaters 6000 Schilling. Auch dieser Vertrag liegt im Hause der Familie Witetschka vor.

      4 Vierzig Hektar entsprechen einer Fläche von 400 000 Quadratmetern.

       »Jedenfalls ist er grad und aufrecht hineingangen« Kronprinz Rudolf und Loschek in der Anekdote

      image Johann Loscheks Reisetagebuch ist zu entnehmen, dass sich Rudolf ihm und dem übrigen Personal gegenüber jovial, ja geradezu freundschaftlich verhalten haben dürfte. So beschreibt der Kammerdiener einen Spanien-Aufenthalt im Mai 1879, bei dem Erzherzog Rudolf vom Prinzen Leopold von Bayern, den Grafen Hans Wilczek und Joseph Hoyos, dem Zoologen Alfred Brehm und seinem Obersthofmeister Graf Bombelles begleitet wurde. Die kleine Gruppe kehrte abends in einem Speiselokal in dem Wallfahrtsort Montserrat nahe Barcelona ein. »Wir aßen alle auf einem Tische«, notiert Loschek, »und da ich noch mit dem Fuhrmann über die Fahrt verhandelte, blieb nichts mehr vom spanischen Menü übrig für mich. Ich glaubte, Rudolf hätte das gar nicht bemerkt, doch siehe da, Rudolf befahl dem Wirte, noch einmal frisch zu kochen, und Rudolf wartete geduldig, bis sein Loschek genug gegessen hatte. Jetzt erst befahl er, den Wagen zu besteigen.«

      Dass ein Diener am Tisch des Thronfolgers essen durfte und dass er überhaupt als menschliches Wesen betrachtet wurde, war in der damaligen Zeit und in diesen Kreisen außergewöhnlich. Mit Personal wurde im Allgemeinen in sehr rüdem Ton umgegangen, oder es wurde überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Wenig überraschend, dass Loschek den Kronprinzen selbst nach den schrecklichen Ereignissen von Mayerling immer noch bewundert und verehrt hat.

      image Der zweite Lakai, mit dem sich Kronprinz Rudolf – sehr zum Unmut weiter Teile der Hofgesellschaft – anfreundete, war der Kutscher und Volkssänger Josef Bratfisch, den er bei einem Wienerliedabend auf Schloss Orth kennengelernt hatte. Laut eines zeitgenössischen Berichts im Illustrierten Wiener Extrablatt forderte der Kronprinz bei dieser Veranstaltung am 14. November 1887 Bratfisch auf, das von Gustav Pick komponierte Lied Das waß nur a Weana, a Weanerisches Blut zu singen. Der Fiaker kannte wohl die Melodie, nicht aber den Text, worauf der Kronprinz die erste Strophe des Liedes auf einen Zettel schrieb.

      Was nun folgte, verschweigt das Extrablatt: Bratfisch, nur der damals üblichen Kurrentschrift mächtig, konnte Rudolfs Lateinbuchstaben nicht entziffern und rief diesem zu: »So a Schrift kann doch a anständiger Mensch net lesen!« Der Kronprinz lachte herzhaft über diesen Temperamentsausbruch, fiel dem 42 Jahre alten Kutscher um den Hals, trug ihm das vertrauliche Du an und ernannte ihn auf der Stelle zu seinem Leibfiaker.

      image Im Ischler Kurtheater traten alljährlich die großen Wiener Schauspieler – allen voran Katharina Schratt und Alexander Girardi – auf, weil sie ihre Sommerferien gerne mit einem Engagement verbanden, das ihnen den Urlaub finanzierte. Die Direktion der kleinen Bühne war sehr stolz auf ihre Stars, aber besonders auch darauf, hin und wieder das eine oder andere Mitglied des Kaiserhauses in einer der Vorstellungen begrüßen zu dürfen.

      Als Kronprinz Rudolf eines Abends das Theater in Ischl betrat, fragte er sogleich den Logenschließer: »Ist Seine Majestät schon da?«

      Der Angesprochene verbeugte sich umständlich und antwortete dann unter gröblichster Außerachtlassung jeglichen Hofzeremoniells: »Jawohl, der Herr Papa ist schon da!«

      Empört über diese Respektlosigkeit, fragte der Kronprinz den Logenschließer: »Er ist wohl betrunken?«

      Worauf dieser erwiderte: »Davon habe ich eigentlich nichts bemerkt. Jedenfalls ist er ganz schön grad und aufrecht hineingangen.«

       »In einem Strudel der Leidenschaft« Wie ich zu Prinzessin Louises Scheidungsdokumenten kam

      Auch der im vorigen Kapitel genannte Prinz Philipp von Coburg war in Mayerling, als Johann Loschek die Leichen der Baronesse Mary Vetsera und des Kronprinzen Rudolf entdeckte. Coburg war nicht nur Rudolfs Schwager, sondern auch einer seiner engsten Vertrauten.

       Prinz

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