Fronten. Leonhard F. Seidl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Fronten - Leonhard F. Seidl страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
Fronten - Leonhard F. Seidl

Скачать книгу

selbst wenns noch überhaupt nicht nach Regen ausschaut. Was zupfst denn gar so an deinem Putzlumpen auf deinem Schädel rum? Bist immer noch so fickrig, weil die Spezialeinheit vor ein paar Jahr deine Hütten gstürmt hat? So was erlebt ein Kleinhäusler ja sonst nur am Sonntagabend im Tatort.

      Vor der Polizeiwach:

      Das Gute am Winter ist, dass das Springkraut nicht blüht und die Wepsen nicht fliegen. Aber das heißt überhaupt nix. Man muss sie auf alle Fälle im Aug behalten. Hoppala, was macht denn der Bosnikanak aus dem Schützenverein da? Der schaut ja ganz schön grantig. Und was will der bei den Kollegen auf der Wach? War der Unfall von der Arschhochbeterin nur ein Ablenkungsmanöver? Arschhochbeterin und Bosnikanak: Jetzt hab ich den Beweis. Wenn mir noch beim Bier zusammensitzen, fängt der schon mit dem Schießen an. Und sonst sitzt er auch nur allein da. Angeblich, weil er Knoblauch gessen hat, und wir das nicht mögen, hat er zur Wirtin gsagt. Wahrscheinlich ist er bloß nicht interessiert an andere Menschen, an unserer Kultur. Ich hab zu den anderen Schützen gsagt, dass ichs nicht gut find, wenn der auf die Mannscheiben schießt. Aber die wollten ja nicht auf mich hören.

      Der 12. Juli 1995 war ein Mittwoch. Es war der 193. Tag des Jahres. Helmut Kohl war Bundeskanzler, Roman Herzog Bundespräsident, Borussia Dortmund deutscher Meister. In Bayern waren Kurdenvereine aufgelöst worden und in Oklahoma City hatten Rechtsradikale drei Monate zuvor bei einem der schwersten Bombenanschläge in der Geschichte der USA 168 Menschen getötet. Rednex stand mit »Wish You Were Here« auf Platz eins der Top Ten und um 21:45 Uhr begann auf ARD der Brennpunkt »Massaker von Srebrenica«.

      12. Juli 1995

      Nationalpark Bayerischer Wald

      Markus Keilhofer

      Auf dem Baumwipfelpfad:

      »Der Wald wird licht werden wie der Rock vom Bettelmann«, flüstert Großvater.

      Großmutter nickt: »Hat der Waldprophet, der Mühlhiasl, richtig vorhergsagt.«

      »Ob der scho was über die Chemtrails gwusst hat?«, flüstert Großvater.

      Großmutter nickt: »Der war seiner Zeit voraus.«

      Der Baumwipfelpfad: eine schwebende Holzschlang zwischen die Bäum. Großvaters ausrasiertes Genick. Großmutters kantige Hand. Markus’ Kapuze. Ein Bär. Ein Wolf. Ein Luchs. Und ihre Spuren, aus Holz.

      Markus mit bumperndem Herz. Brettl für Brettl über die schwankende Brücken. Bloß ned durch das Drahtgitter nach unten schaun. Auf den wackelnden Balken. Schritt für Schritt. Gschafft!

      Der Drahtzaun zerschneidet den Wald in schiefe Vierecke. Zerschneidet Markus’ ausgehende Luft. Hilft ihm, seine knappe Luft vor dem Großvater zu verstecken.

      Der komische Turm vor ihm. Er unter dem komischen Turm. Der komische Turm über ihm. Wie ein auseinandergezogenes Schneckenhaus. In der Mitten von dem komischen Turm drei Bäum.

      »Die Bäume in der Pyramiden«, flüstert Großvater.

      Großmutter nickt: »Illuminaten.«

      »Geplant vom Rothschild«, flüstert Großvater.

      Großmutter nickt: »Und umgsetzt vom Weishaupt.«

      »Gebt mir die Kontrolle über die Währung eines Landes, dann interessiert es mich nicht, wer die Gesetze macht.«

      Großmutter nickt: »Hat der Rothschild gsagt.«

      »Der war ned ganz koscher«, flüstert Großvater.

      Großmutter lacht: »Obwohl er Jud war.«

      Die Kurven hören nimmer auf. Der Druck in der Brust wächst, umso enger, umso höher die Kurven. Durchhalten, Rocky. Nur noch die Treppen. Weil er die Zähn zusammenbeißt, kommt die Luft zerteilt raus, auch diesmal darf der Großvater auf kein Fall was hören. Gschafft. Markus schiebt die flatternde Kapuze ins Genick. Vor ihm der Holzzaun. Auf Zehenspitzen. Darüber dunkler Wald. Berg. Himmel. Weiße Streifen. Gerade. Schief. Kreuz und quer. Dick und dünn. Wie Zuckerwatte. Blau und weiß. Schleier.

      »Chemtrails«, flüstert Großvater.

      Großmutter erschrickt: »Deswegen läuft mir die Nasn und brennen mir die Augn.«

      »Schnell, das besonnte Ziegenmilchpulver mit Kampfer«, sagt Großvater.

      Großmutter kruscht in ihrer Handtaschen. »Das muss noch im Auto liegn.«

      »Und das Olivenöl mit Mohnblüten?«, flüstert Großvater.

      Großmutter kruscht weiter in der Taschen. »Da is.« Sie zieht ein lilanes Flascherl und einen Esslöffel raus. Dreht auf, schüttet was auf den Löffel. Der Löffel mit Öl vor Markus seinem Mund. Riecht ranzig. »Geh weiter, nimm die Medizin, Guggile«, sagt Großvater und schiebt Markus zum Löffel.

      Großmutter nickt: »Das hilft gegen das Gift von den Amis und dem Jud.«

      Markus presst die Lippen zusammen. Großmutter presst den Löffel durch die Lippen. In den Mund. Hält dem Markus die Nasen zu. Markus schnauft. Und schluckt.

      »Und jetzt zum Auto«, flüstert Großvater.

      Großmutter nickt: »Damit mir ned noch mehr abkriegn.«

      Im Auto:

      »Schnell, die Türen zu«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Und die Lüftung.«

      »Wir kennen noch den Himmel von früher«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Den kennst du schon gar nimmer, Guggile.«

      »Wärens normale Kondensstreifen, täten sie sich nach kurzer Zeit auflösen«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Aber die Chemtrails bleiben stundenlang am Himmel und werden irgendwann zu einer Wolkenschicht.«

      »Die Amis und der Jud wollen uns in die Knie zwingen«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Sie impfen die Wolken.«

      »Der Zweite Weltkrieg ist noch ned vorbei«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Der wird jetzt bloß mit andere Mittel gführt.«

      »Mit Erdbeben zum Beispiel«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt. »Wie in Tschernobyl, wo die Amis das Atomkraftwerk in d’ Luft gjagt habn.«

      »Am 26. April 1986 um 1:23 Uhr«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »23, die Zahl von den Illuminaten.«

      »Danach habn wir den radioaktiven Regen abgkriegt«, sagt Großvater.

      Großmutter nickt: »Da hab ich nur noch Milchpulver einkauft.«

      Ferienpark Arber:

      »Dann bräuchte ich bitte Ihre Personalausweise.«

      »Wir ghören nicht zum Personal der

Скачать книгу