Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch

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Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch Elfenzeit

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Gunst des Schicksals würde er nutzen! Gofannon schickte ein Dankgebet zuerst an sich selbst, dann an die Nornen, die ihn erhört und ihm einen hübschen Faden gesponnen hatten. Anschließend huschte er auf den Gang zurück, um eines der Schwerter zu holen, die dort an prächtig verzierten Schilden befestigt waren. Eine schöne, dennoch tödliche Dekoration. Das war die beste Strategie – Kopf ab, und der Fall war erledigt. Selbst den Mächtigsten und Göttern gelang es äußerst selten, diesen Vorgang rückgängig zu machen. Abgesehen vom Grünen Ritter, der das Kopfabschlagen zu seiner persönlichen Tugend der Wiederauferstehung erkoren hatte, bekam das niemandem gut.

      Natürlich hätte Gofannon gern längere Rache genommen und wäre mit dem Getreuen so verfahren, wie der mit Alebin umging. Nicht etwa, um auch Alebin zu rächen – ganz im Gegenteil, dieser Meidling hatte nichts Besseres verdient. Aber die Folter hatte Esprit, das hatte Gofannon beim heimlichen Bespitzeln schnell erkannt, denn in solchen Dingen war er Spezialist. Es gab eine Menge, was Gofannon dem Rivalen antun wollte, doch er würde diesen Fehler zur Befriedigung eigener Gelüste nicht begehen. Solange der Getreue bewusstlos war, musste der Gott zuschlagen, ohne Zaudern und Zögern. Dann wäre eine große Last von seinen Schultern genommen, und er konnte das Ruder übernehmen. Oh ja, das gefiel ihm.

      Der alte Gott umfasste den Schwertgriff mit beiden Händen und näherte sich langsam dem Bewusstlosen. Vorsicht war geboten, er war ja kein Narr. Wer wusste schon, ob der Getreue nicht von einem Schutzbann umgeben war …

      Aber nein. Die Ohnmacht hatte ihn völlig überrascht. So, wie er dalag, ließ es keinen anderen Schluss zu. Kein Schutzbann, keine Gegenwehr.

      Gleich war dieser Buhmann Geschichte und Gofannon ein Held. Das ganze Schloss würde ihm zu Füßen liegen, weil er es von dem Herrn der Schrecken befreit hatte. Das würde dem Gott ungeahnte, neue Kräfte verleihen …

      Der Getreue lag auf der Seite, mit dem Rücken zur Tür. Gofannon musste ihn umrunden, um den richtigen Ansatz für den Schwerthieb zu finden. Besser wäre es gewesen, wenn der Kapuzenmantel ihn nicht mehr umhüllen würde, aber es musste eben so gehen.

      Ah. Da war der Kopf, immer noch bedeckt, als wäre die Kapuze mit dem Haupt verwachsen. Das eiskalte Glühen der Augen war erloschen. Ganz still und ruhig lag der Finstere da, wie leblos, bot keine Gefahr mehr. Fast friedlich.

      Näher heran. Der Gott wog das Gewicht in Händen und rechnete aus, wo genau er ansetzen musste, wo die Klinge die größte Schlagkraft hatte. Er hatte nur einen einzigen Hieb, und der musste sofort den Kopf vom Hals trennen. Schnell und sauber, darin kannte er sich aus.

      Das Schwert war gut und scharf. Es konnte nichts schiefgehen. Gofannon nahm Maß und hob die Arme.

      Jetzt.

      In diesem Augenblick schoss eine schwarz behandschuhte Hand von unten her auf ihn zu.

      Gofannon stieß ein quiekendes Geräusch aus, als eisenharte Finger sich um seine Kehle schlossen und zudrückten. Im nächsten Augenblick wurde er von den Beinen gerissen und landete unsanft auf dem Rücken, das Schwert fiel ihm aus den Händen. Wie ein gefangenes Tier zappelte er im Griff des Verhüllten, der sich aufrichtete und über ihn beugte.

       Unmöglich. Wie kann er …

      Doch er war wach und lebendig, und trotz der brennenden Aura immer noch stark, viel zu kraftvoll für den dicklichen Gott.

      »Du kommst mir gerade recht«, zischte der Getreue mit der vertraut heiseren, aus dem Totenreich hallenden Stimme. »Deine göttliche Aura brachte mich im rechten Moment wieder zu mir.«

      »N-nein …«, keuchte Gofannon halb erstickt. Vergeblich setzte er sich zur Wehr, kratzte und riss an der Hand, die ihn immer noch gnadenlos im Griff hielt. Seine kurzen Beine traten wild um sich, fanden aber kein Ziel. »D-das ist u-ungerecht …«

      »Ich habe dir so viel gegeben, es wird Zeit, dass ich etwas zurückbekomme«, sagte der Getreue höhnisch.

      »Du? Du hast mir gar nichts …«

      »Alter Narr, was glaubst du, weswegen du noch am Leben bist? Davon werde ich dir jetzt ein bisschen nehmen. Doch sei unbesorgt, ich werde dich nicht töten, denn ich brauche dich noch.«

      »Wag es nicht«, quietschte der Gott verzweifelt. »Das ist Blasphemie …«

      »Ich stehe weit über dir in der Hierarchie.« Der Finstere lachte rau. »Dummer kleiner Gott. Und nun hör auf, dich zu wehren, sonst tut es nur weh. Mir ist das gleich, aber für dich dürfte es einen Unterschied machen.«

      Gofannon gab allerdings keineswegs auf, schlug um sich und wand sich, unternahm alles, um sich zu befreien. Er schrie jämmerlich auf, als der Verhüllte ungerührt seinen Kopf dicht zu ihm herab senkte und die göttliche Lebenskraft in einem dicken weißen Faden aus ihm saugte. Die Schreie des Gottes erstarben bald, und er spürte tiefe Bewusstlosigkeit nahen, während der Getreue immer noch mehr Energie aus ihm zog.

      *

      Im selben Maße, wie die Lebenskraft in ihn floss, erlosch das Feuer in der finsteren Aura und wohltuende Kälte breitete sich aus. Als es genug war, ließ der Getreue den mittlerweile geschrumpften und verhutzelten Gott fallen und sank mit einem tiefen Seufzer an den Bettrand zurück, der ihm willig Stütze gab.

      Während Sand aus dem alten Stundenglas am Kopfende des Bettes rann, ließ der Getreue die neu gewonnene Kraft durch seinen Körper strömen und fühlte dankbar, wie er sich erholte, wie alles in ihm abkühlte und seine Gedanken sich klärten.

      Er konnte sich kaum erinnern, was geschehen war. Plötzlich war das Feuer in ihm hell aufgelodert, dann waren ihm die Sinne geschwunden, und er war erst wieder zu sich gekommen, als er Gofannon bei sich spürte. Der Getreue hatte keine Erklärung für seinen Zustand, doch er wusste, dass ihm die Zeit schneller zwischen den Fingern zerrann als der Sand dort hinten. Er musste zusehen, dass er sich mehr Zeit verschaffte, doch zuerst sollte er herausfinden, in welche Zeitlinie seine Königin gestürzt war.

      Langsam stand er auf, streckte sich und ging auf den verbotenen Raum zu. Er brauchte die Tür nicht zu öffnen, um die Zeitlinie zu finden. Nun, nachdem er wusste, wonach er suchen musste, konnte er seine magischen Fühler ausstrecken, Mauern waren kein Hindernis mehr.

      Es fiel ihm immer noch schwer, sich zu konzentrieren, aber er würde jetzt nicht locker lassen. Notfalls zapfte er dem Gott doch noch die Lebenskraft bis zur Neige ab, es würde sich schon Ersatz für ihn finden. Und wenn die Königin von Tonnen Blei und Eisen umgeben wäre, nun, da er endlich den richtigen Pfad gefunden hatte, konnte ihn nichts mehr daran hindern, sie zu finden. Die Elfen ahnten ja nicht, dass Bandorchu mit den Welten mehr verbunden war, als sie jemals in der Lage waren zu verstehen.

      Und dann … schlug der zweite Blitz in ihn ein. Der Getreue erstarrte. Dann fiel er um wie ein gefällter Baum.

      6.

       Wege durch die Zeit

      Tomás der Knüpfer schleppte bei Sonnenaufgang gerade das Netz aus der Hütte, um es zum Trocknen aufzuhängen, als er die Frau sah.

      Sie lag auf dem Bauch, bedeckt nur von ihrem langen blonden Haar, nass wie Tang. Der See hatte sie ans Ufer gespült.

      Misstrauisch näherte Tómas sich ihr. Sie ist tot, dachte er, sie muss tot sein. Nachts ist das Wasser zu kalt, um darin zu überleben. Es sei denn …

      Es sei denn, sie war kein Mensch. Und das war das

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