Elfenzeit 5: Trugwandel. Uschi Zietsch
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Читать онлайн книгу Elfenzeit 5: Trugwandel - Uschi Zietsch страница 20
»Du brennst«, stellte er schadenfroh fest. »Machst es wohl nicht mehr lange.«
»Lange genug, um dir ausdauernde Pein zu bereiten«, knurrte der Getreue und schlug mit der Faust zu.
Die ohnehin geschwollene Oberlippe platzte auf, Blut floss aus der frischen Wunde, und Alebin spuckte einen der letzten Zähne aus, die ihm noch verblieben waren.
»Oh, sind wir heute etwa schlecht gelaunt?«
Eines musste man diesem Mann lassen: Er hatte Mumm. Kein einziges Mal hatte er darum gebettelt, dass die Folter enden sollte. Gewiss erholte er sich jedes Mal wieder. Das Tabu verhinderte, dass er starb. Er gesundete, egal was der Getreue ihm antat. Damit bot er sozusagen endlose Möglichkeiten, immer neue Variationen des Schmerzes an ihm auszuprobieren.
Doch heute war der Getreue nicht zu Experimenten aufgelegt, er wollte einfach nur jemandem Qualen zufügen, um seine Wut und Frustration abzureagieren. Er griff zur Peitsche und schlug damit auf Alebin ein, bis dessen Körper nur noch ein blutiger Klumpen Fleisch war. Der Elf brüllte seinen Schmerz hinaus, aber er flehte nach wie vor nicht um Gnade. Hass und Bosheit in ihm waren stärker als alles andere, unüberwindlich. Er konnte nicht gebrochen werden, niemals.
Irgendwann, als der Getreue sich etwas beruhigt hatte, bewegte er die Lippen und stieß durch platzende Blutbläschen hervor: »Sag mal, was hast du eigentlich gegen mich? Das nimmt ja nie ein Ende!«
»Du hast Rhiannon getötet und damit einen Königsmord begangen«, grollte der Getreue. »Du hast meine Befehle missachtet und Hochverrat an der Königin verübt. Und nicht nur an ihr, du hast dein ganzes Volk verraten …«
»Das ist alles?«, tat Alebin erstaunt. »Ich meine, ich wusste ja schon immer, was für ein sadistischer Miesepeter du bist, aber dass du deswegen einen Dauerausraster kriegst, ist schon ein wenig übertrieben, findest du nicht?« Sein Kopf ruckte zur Seite, als der Getreue ihm den zweiten Fausthieb versetzte – mit gebremster Kraft, sonst hätte er ihm das Genick wie einen trockenen Zweig gebrochen.
»Es ist schlimmer als alles«, zischte der Getreue.
»Das glaube ich nicht. Du bist doch sonst immer recht kontrolliert, und wenn es dich nach körperlicher Verausgabung gelüstet, hast du ganz andere, viel bessere Möglichkeiten, dich zu entfalten … oh, aber warte mal, da wir beim Thema sind – da fällt mir was ein, was ich ja noch getan habe: Ich habe Nadja Oreso gevögelt. Und wie ich das getan habe!« Er schrie gleichzeitig lachend auf, als der Schlag diesmal von der anderen Seite kam und ihm die Nase zum wiederholten Mal brach. Sein magerer Körper wurde von Gelächter geschüttelt, als er sah, dass er den Getreuen außer Fassung gebracht hatte.
»Darum geht es hier doch wirklich, oder? Ja, Leidenschaft, die einzig wahre Herrscherin, die stets im Verborgenen lauert, sie ist allen Lebewesen zueigen, ohne Ausnahme«, kicherte der Geschundene. »Wir alle sind ihr unterworfen und ausgeliefert, selbst du. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Mich hat das Mischblut rangelassen – nicht dich!«
Der Getreue hielt inne, die Faust erhoben. »Was?«
»Mann, wirklich jeder weiß, was du von ihr willst! Aber du wirst es nie kriegen … doch tröste dich, du kannst noch in den Genuss aus zweiter Hand kommen. Soll ich es dir erzählen? Oder warte, ich kann dir helfen, wie du bei ihr landen kannst. Ich weiß genau, was sie will …«
Der Hieb saß diesmal mitten im Gesicht und brachte Alebin für eine Weile zum Verstummen. Der Getreue wischte das Blut vom Handschuh ab, säuberte die Peitsche und hängte sie ordentlich auf. Er hatte sich wieder in der Gewalt. In Alebin war fast kein Leben mehr, der Boden schwamm in Blut. Warum verlangte er auch immer wieder danach, forderte es heraus …
»Du wirst ihr nie mehr nahekommen«, sagte er ruhig. »Genieße die Erinnerung und sei dir bewusst, dass sie auf deinen Leichnam spucken wird.« Er wandte sich scheinbar zum Gehen, hielt jedoch in der halben Drehung inne. »Ach, und eines sollst du erfahren: Nicht dein Samen ist auf fruchtbaren Boden gefallen.«
Alebin blinzelte und hörte auf zu kichern. »Woher willst du das wissen?«
»Jeder weiß es inzwischen, denn Odin selbst hat es gemeinhin offenbart: Dafydd ist der Vater, und das Kind steht unter dem Schutz des Throns der Crain. Es ist der Sohn des Frühlingszwielichts, und solange er in Nadja Oresos Leib heranwächst, ist auch sie geschützt. Du wirst deine Drecksklauen nie wieder an sie legen.«
Für einen Moment war Alebin zutiefst betroffen, und der kleine Finger seiner linken Hand versteinerte, als er an sich selbst zu zweifeln begann. Doch er fing sich schnell wieder.
»Und wenn schon!«, rief er, und mit einem hellen Ping zerbarst der steinerne Auswuchs, und ein noch sehr roh glänzender, frischer, fleischiger kleiner Finger zeigte sich darunter. »Ich bin Darby O’Gill, der rote Schotte. Ich überlebe euch alle! Und wenn ich erst mit euch fertig bin, gehören die Welten mir!«
»Nicht einmal in deinen kühnsten Träumen«, versetzte der Getreue und war sicher, dass Alebin endgültig übergeschnappt war. Er hatte die Qualen nicht mehr ertragen und war dem Wahnsinn anheimgefallen. Kopfschüttelnd machte er sich auf den Weg zurück, hielt aber inne, als Alebin ihm etwas hinterherrief.
»Eines noch zu deiner Königin, du großer Fährtensucher!«
»Fasse dich kurz.«
»Och, wieso denn? Ich bekomme so selten Besuch in letzter Zeit.«
»Wenn du mich nur aufhalten willst …«
»Nein, ich meine damit, dass ich sehr viel Zeit zum Nachdenken habe. Ich habe natürlich die Aufregung oben mitbekommen, wie du sie alle herumgescheucht hast, um die Königin zu suchen.«
»Komm auf den Punkt!«, mahnte der Getreue und wandte sich ihm zu. »Sonst ist heute noch deine Zunge dran.«
Alebin kicherte wieder. »Du bist wirklich ein Schlaukopf. Denkst immer nur in bestimmten Bahnen, ganz ähnlich wie die Menschen. Das ist zwar besser als bei den meisten Elfen, die überhaupt nicht denken. Trotzdem bist du beschränkt. Ich sage dir das, weil es mir ein Vergnügen ist, dich zu belehren, und weil ich gern wissen will, wie es weitergeht – wie du dieses Problem knacken wirst.«
»Ich gehe jetzt«, behauptete der Getreue, aber natürlich würde er sich anhören, was Alebin ihm zu sagen hatte. Er konnte gar nicht beleidigt werden, da er weder Stolz noch Ehre besaß. Er war der, der er war, nicht mehr, nicht weniger, und dementsprechend handelte er. Wenn er selbst nicht auf eine Lösung kam, so nahm er den Rat anderer an. Angesichts der jetzigen Situation war dies offenbar der letzte Weg, der ihm blieb. Er wusste nicht mehr weiter.
»Hast du schon mal daran gedacht«, fuhr Alebin nach einer Pause vergnügt fort und drehte jedes Wort zuerst genießerisch im blutigen Mund, bevor er es als Klang hinausblies, »dass Bandorchu sich nicht horizontal, sondern vertikal bewegt hat?«
Der Getreue stand wie zur Salzsäule erstarrt, und er fühlte sich, als habe ihn ein Blitzschlag entzwei gespalten. Dann drehte er sich wortlos um und ging nach oben. Alebins Gelächter schallte ihm hinterher.
Der