Elfenzeit 4: Eislava. Verena Themsen

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Elfenzeit 4: Eislava - Verena Themsen Elfenzeit

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bis er ihn mit einer Handbewegung auf David steuerte. Doch dieses Mal war der Elf vorbereitet, er schwang seine Klinge in einem schnellen Wirbel vor sich, bis man nur noch einen schimmernden Kreis sehen konnte. Mit einem Wort der Macht gab er dem Klingenschild Gestalt und schickte ihn gegen den Wirbel.

      Die Geschosse wurden entweder zurückgeworfen oder zersprangen in harmlose kleine Stücke. Scherben wurden auf den Leib des Toten geschleudert, ohne weiteren Schaden anzurichten, als dass seine whiskygetränkte Kleidung zerfetzt wurde. Der Mund des Unwesens öffnete sich zu einem stummen Schrei aus verwesten Stimmbändern, und die Augen fingen an, heller zu brennen.

      Der Draugr trat in den Klingenschild, die Magie flackerte und löste sich dann auf. Er wollte einen weiteren Schritt gehen, doch eine dünne Ranke fiel zwischen seine Beine und schlug Wurzeln. Rians Werk! Die Ranke schlang sich um ihn und der Draugr kam ins Taumeln. Doch dann verging die Ranke in einem roten Aufflammen, glitzernde Asche blieb zurück. Aus dem Augenwinkel sah David, dass Rian erneut etwas warf – ein helles Geflecht, kaum sichtbar, das direkt vor dem Fuß des Draugr landete. Er trat darauf, und seine Augen verloren an Helligkeit.

      Er müsste jetzt dem verschlungenen Pfad folgen, in den Rian ihr Haar gewoben hatte, bis zu seinem Ende, ohne zu erkennen, dass er sich in einem unsichtbaren Labyrinth befand. Das funktionierte bei den meisten Wesen. Für den Draugr aber war es vermutlich nur eine kurze Ablenkung, die David nicht ungenutzt verstreichen lassen würde. Immerhin hielt Birte sich aus dem Kampf heraus, sie vertraute wohl voll und ganz auf ihren untoten Helfer. Der Menschenmann kam gerade zurück, seine Pfeife glühte wie ein Punkt in der Dunkelheit auf, und Tabakdunst wehte ihm voraus. Der Kerl hatte die Ruhe weg, nicht zu fassen! Doch umso leichter für den Prinzen, sich auf den Kampf zu konzentrieren.

      David hob seine grünlich pulsierende Klinge und stürmte vorwärts. Nur am Rande registrierte er, dass an ihm vorbei etwas auf den Toten zugeflogen kam, etwas Dunkles, Gebogenes, aus dem es rötlich leuchtete. Dann, im gleichen Moment, in dem Davids Schwert gegen den Hals des Untoten sauste, traf dieses Geschoss und verstreute glühenden Tabak über die Schulter des Draugr. Mit einem leisen Puff entzündete sich der Whisky.

      Innerhalb von Sekunden war der Draugr von Flammen eingehüllt. Gleichzeitig biss Davids magische Klinge in den ausgetrockneten und von Verwesung zerfressenen Körper und trennte ohne spürbaren Widerstand Haut, Sehnen und Halswirbel durch. Noch während der Draugr die Hände hob, um auf die Flammen zu schlagen, flog sein Kopf als feurige Kugel durch die Luft, prallte auf der Terrasse auf und rollte noch einige Meter weiter bis zum Rand. Der Körper geriet aus dem Gleichgewicht und taumelte wie eine brennende Fackel hinterher.

      Die Flammen zerfraßen den brüchigen Stoff der Kleidung, doch der eigentliche Körper darunter schien noch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Das Feuer wurde weniger, statt sich immer weiter zu entzünden.

      David fiel in einem Aufblitzen das wild pendelnde Amulett ins Auge, das noch immer um den Halsstumpf hing. Er duckte sich unter den wirbelnden Armen hindurch und riss die Kette mit einem kurzen Dolchstoß herunter. In einem weiten Bogen flog das Schmuckstück durch die Luft und fiel dann klingend zu Boden. Im selben Moment flammte das Feuer wieder auf und fraß sich zischend in den ausgetrockneten Kadaver. Zwei Schritte taumelte der Körper noch, dann stolperte er über den brennenden Kopf und stürzte.

      Der Menschenmann kam mit der Axt herbei und schob mit der Scheide den Kopf zum Gesäß des Toten. »Nur um sicher zu sein«, sagte er. »Wer weiß schon, welche Details bei diesen Dingen wichtig sind und welche nicht.«

      Eine Weile blieben sie alle drei stehen. Erst als das Feuer ausgebrannt und von dem Wesen nichts mehr als weiße Asche übrig war, die von Wind und Regen verstreut würde, machten sie sich daran, das Haus zu untersuchen. Von Birte war keine Spur mehr zu finden, und von ihren Gemälden tropfte in langen Schlieren die Farbe.

      »Vielen Dank noch einmal, Mats.« David reichte dem Weißhaarigen die Hand. Mats hatte die Zwillinge zum Bootssteg begleitet.

      Der schlug kräftig ein. »Das war doch selbstverständlich. Der Draugr musste weg, so oder so. Und die Polizei um Hilfe zu bitten hätte wohl nicht viel gebracht.«

      Rian lachte leise. »Wohl eher nicht, da hast du Recht.«

      David klopfte Mats auf die Schulter. »Du hast wirklich viel Mut bewiesen. Mehr als man erwarten konnte. Und jede Menge Einfallsreichtum.«

      Mats sah auf und lächelte etwas wehmütig. »Ja, aber meine beste Pfeife ist dahin. Sie war ein altes Erbstück. Ich hoffe, ich finde noch mal so eine.«

      »Ich wünschte, ich könnte eine Pfeife für dich zu besorgen, in der der Tabak niemals zu Ende geht«, sagte Rian. »Aber leider ist alles, was ich dir als Dank geben kann, das hier.« Sie beugte sich vor und küsste Mats auf beide Wangen und die Stirn.

      Der alte Mann blinzelte und errötete leicht. »Ach … ich wollte ohnehin mit dem Rauchen aufhören«, sagte er mit einem verlegenen Lächeln. »Es ist ungesund, das weiß doch heute jedes Kind. Aber der Kuss einer Elfe, der muss mindestens zehn Jahre mehr Leben bedeuten.«

      »Vielleicht nicht ganz so viel, aber ein wenig schon.« Rian lächelte leicht. »Ich habe dir einen Hauch von meiner Lebenskraft mitgegeben.«

      Mats blieb der Mund offen stehen. Als er ihn schließlich schloss, atmete er tief durch. »Wenn ich mit hundert noch immer vor meinem Kamin sitze, werde ich mir eine Geschichte ausdenken, in der ich das stolze Elfenpaar erwähne. Wenn ich mein langes Leben als Beweis anführe, wird mir sicher niemand glauben.« Er grinste.

      »Tu das, aber lass dir Zeit, ehe du damit anfängst. Im Moment solltest du besser nicht zu viel über uns reden. Es könnte die falschen Leute anziehen.«

      Mats nickte.

      Die Zwillinge stiegen in ihr Boot, und Mats löste die Leinen. Wind griff in die gehissten Segel und drückte den Bug weg vom Steg, in den Strom hinein. Der Schwede warf ihnen die Leinen zu, und sie legten ab. Rian sah zurück, während das Boot davontrieb, und winkte.

      Wieder trieb das Boot in einem Nebel dahin, der in diesem Land allgegenwärtig zu sein schien. Die Segel standen voll, sie machten gute Fahrt. Rian hatte David wieder die Pinne überlassen, lag entspannt auf der Bank und naschte Pralinen.

      Es könnte eine weitere ruhige Reise werden; vielleicht erreichten sie bald das ersehnte Ziel …

      »Verflucht!« Ihr Bruder riss plötzlich die Pinne herum und warf die Großschot los. Der Schiffsrumpf neigte sich, und Trüffel kullerten aus der Tüte und rollten über die Planken. Rian griff nach der Reling, um nicht ebenfalls von der Bank zu fallen, und löste mit einem Wink ihrer Hand die Vorschot.

      »Was ist …« Da sah sie es bereits selbst. Vor ihnen trat der Fluss aus einer Höhle aus, deren Oberkante ihnen bei Weiterfahrt glatt den Mast abrasiert hätte. Dank Davids schneller Reaktion dümpelten sie jetzt dahin, mit gerade noch genug Druck in den Segeln, um auf der Stelle zu bleiben.

      »Was jetzt?«

      »Vermutlich verläuft der Fluss einfach nur eine Weile unterirdisch. Es müsste möglich sein, auf ihm weiterzureisen, sonst hätten uns die Nöcks nicht zu diesem Weg geraten.«

      »Der Durchlass wäre groß genug für das Schiffchen. Also gut, bauen wir um.« David hielt aufs Ufer zu.

      Zwei Stunden später hatten sie den Mast gelöst und umgelegt und stattdessen Dollen zur Befestigung von Rudern gesetzt. Sie belegten die Ruder mit Magie, die sie ohne weitere Muskelkraft voranbringen würde. Gleichmäßig hoben und senkten sich die Ruderblätter und hinterließen eine Linie kleiner kreisender Wirbel,

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