Elfenzeit 4: Eislava. Verena Themsen

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Elfenzeit 4: Eislava - Verena Themsen Elfenzeit

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erkennen, und bald wurde es so dunkel, dass selbst die Elfen nichts mehr sehen konnten. Rian öffnete eine Tüte mit Käfern, die sie unterwegs einmal nach einer sehr finsteren Nacht gefangen hatten, um sich künftig besser zurechtzufinden, flüsterte ihnen einige Worte zu und ließ sie dann frei. Die Insekten erhoben sich mit leisem Brummen und Surren und leuchteten hell. In ihrem Licht war erkennbar, dass die Felsdecke sich allmählich hob und die Höhle breiter wurde. Auf beiden Seiten lief der Fels jenseits des Wassers zunächst nur flach aus, ehe er sich zu den Höhlenwänden erhob, als habe der Fluss zu anderen Zeiten mehr Wasser geführt oder oft das Bett gewechselt. Jetzt strömte er ruhig und gleichmäßig dahin.

      Das Platschen und leise Gurgeln des Wassers um die Ruderblätter wurde vom sie umgebenden Fels zurückgeworfen und war für lange Zeit das einzige, was die beiden Elfen hörten. Irgendwann fiel Rian auf, dass ein an Lautstärke zunehmendes Rauschen dazu kam. Alarmiert sah sie zu David, doch der zuckte nur die Achseln.

      »Wir werden feststellen, was es ist. Dann können wir entscheiden.«

      Rian nickte und sah wieder nach vorn. Wenig später erkannten sie die Quelle der Geräuschänderung. Vor ihnen schäumte das Wasser, wo der Fluss in Stromschnellen eine langgezogene Schräge hinunterrauschte. Die Decke hatte sich inzwischen bis außerhalb ihrer Sichtweite erhoben, und sie konnten nicht erkennen, wie weit die Schräge hinauf reichte. Doch sie erkannten, dass das Flusswasser nicht von ganz oben kam, sondern auf halber Höhe aus mehreren breiten Spalten sprudelnd hervorschoss.

      »Damit ist unsere Bootsfahrt an dieser Stelle wohl doch zu Ende«, stellte Rian fest.

      Langsam trieb das Boot seitlich an die Uferwand, bis der Kiel am Fels entlangschrammte. Die Leinen in den Händen stiegen sie aus und zogen das Boot noch ein Stück weiter hoch, ehe sie es an einigen Felsbrocken festmachten.

      »Lassen wir es noch im Wasser, bis wir wissen, ob es sich lohnt, es herauszunehmen.« David deutete in die Richtung, in der die schräge Rinne aufwärts führte. »Vielleicht finden wir den Fluss ja oben wieder.«

      Rian sah ebenfalls hinauf. Dort, wo der Fluss hinunterrauschte, würden sie ein wenig im Sprüh der Gischt laufen, aber oberhalb konnten sie bequem weiter hochsteigen. Die Steigung war keine echte Herausforderung, und sie hatten sich bei Antritt der Reise kleidungsmäßig passend ausstaffiert.

      Sie nahmen ihre Taschen und gingen los.

      »Das war es dann wohl«, schrie Rian, um das Rauschen zu übertönen, und starrte den Wasserfall an, der vor ihnen aus der Höhe direkt in den Fels unter ihren Füßen hineinzufallen schien.

      »Nicht unbedingt«, antwortete David und deutete auf einige unregelmäßige Felsplatten, die nahe der Seitenwand in Stufen nach oben verliefen.

      »Vielleicht kommen wir darüber bis nach oben und können das Boot dort wieder einsetzen.«

      Zweifelnd sah Rian hinauf. »Denkst du, das Boot passt da durch? Da ist die Felsdecke, und vermutlich wird der Wasserfall aus einer Höhle kommen, die schmaler ist als die unten.«

      »Solange wir nicht nachschauen, werden wir es nicht wissen. Also, gehen wir. Das Stückchen macht jetzt auch keinen Unterschied mehr.«

      Sie stiegen die Felsabsätze hinauf. Der tobende Lärm des Wasserfalls machte jede Unterhaltung vollends unmöglich, je weiter sie hochstiegen und je näher sie dabei der Wasserwand kamen. Die Absätze wurden von Stufe zu Stufe höher, und nach einer Weile mussten sie klettern. Rians Zweifel daran, dass sie selbst mit magischen Hilfsmitteln das Boot hier herauf bringen konnten, wuchsen.

      Allerdings zeigte das Licht der im Sprühregen zunehmend nervöser schwirrenden Käfer ihnen inzwischen die Oberkante, über die das Wasser in breiter Front herabstürzte. Die natürlichen Stufen reichten bis hinauf, und die Decke blieb weiterhin hoch. Fast kam es Rian so vor, als rieche sie frische Luft. Da so nah an der Sturzkante des Wassers jedoch die Luft durchgewirbelt und durch die Gischt erfrischt wurde, konnte sie sich auch täuschen.

      Der letzte Absatz war so schmal, dass sie nicht mehr nebeneinander stehen konnten. Zuerst kletterte David hoch. Die Stufe von dort zur Kante war höher als er selbst, doch David zog sich problemlos hinauf. Danach konnte Rian ihn nicht mehr sehen. Hektisch surrten die Käfer über ihr hin und her, flogen immer wieder zu ihr hinunter, als wollten sie sie zur Eile nötigen. Sie kletterte ebenfalls auf den Absatz, griff zur Kante darüber und stemmte sich mit ihrer Elfenkraft hoch, richtete sich auf und blickte sich um. Die Höhle verlief ab hier wieder fast waagrecht weiter, und ein Ausgang war nicht zu sehen. Und was auch nicht zu sehen war, war David.

      Rian runzelte die Stirn und zögerte. Ein Stück weiter machte der Gang eine Biegung. Vielleicht war David vorausgegangen.

      Beim ersten Schritt verlor sie den Boden unter den Füßen.

      Rian schrie auf, als sie plötzlich fiel. Was auch immer unter ihr nachgegeben hatte, schloss sich wieder wie eine zurückschnalzende Membran und stürzte sie in Dunkelheit. Sie prallte auf eine schräge Felsfläche auf, doch sie spürte nicht die erwarteten schmerzhaften Ecken und Spitzen. Stattdessen glitt sie über Stein, der blankpoliert war wie Marmor, in unregelmäßigen Windungen weiter abwärts. Sie versuchte mit Händen und Füßen, ihre Fahrt zu bremsen, doch sie war zu schnell. Dann erfasste sie kurz Schwindelgefühl, und ein Prickeln ging über ihre Haut. Plötzlich verschwand der Fels unter ihr. Der Schwung, den sie aus der letzten Kurve mitbekommen hatte, führte dazu, dass sie sich im freien Fall drehte und schließlich mit dem Bauch voran tief in etwas Weiches stürzte, das ihren Fall beendete. Modrig riechender Staub wirbelte um sie herum auf, der ihr in der Nase kitzelte, als sie den Kopf hob. Sie musste niesen, und ihr wurde schwindlig. Licht flackerte auf, und ein Schatten fiel auf die Elfe.

      »Gotcha!«, hörte sie eine raue Stimme sagen, ehe ihre Gedanken in bunte Wirbel und umherstiebende Funken zersprangen.

      Als Rian erwachte, hatte sie Kopfschmerzen, wie sie sie noch nie erlebt hatte. Kopfschmerzen waren ohnehin etwas, das sie nur sehr selten bekam – lediglich intensive Magienutzung hatte bisher solche Folgen gehabt.

      »Rian?«

      Die Elfe drehte den Kopf und blinzelte. »David?«

      Erneut wurde ihr schwindlig, und ihr Blick blieb unscharf. Sie sah nur bunte Farbflecken. Aber zumindest war es nicht mehr dunkel.

      Sie spürte grobes Leinen, und darunter etwas Schwammiges, das bei jeder ihrer Bewegungen schwankte. Sie schloss die Augen wieder, das war weniger irritierend als die verschwommenen Bilder.

      »Sie haben uns betäubt und irgendwohin geschleppt.« David stöhnte unterdrückt. Rian vermutete, dass er unter ähnlichen Nachwirkungen litt wie sie.

      »Sie? Weißt du, wer?«

      »Wer auch immer den Fluss umgeleitet und den Tunnel in die Anderswelt geschaffen hat.«

      Anderswelt? Sie stutzte. Da war dieser Moment gewesen, das Prickeln … ja, in diesem Tunnel war ein Tor, und sie waren hinüber gerutscht.

      Rian rieb sich die Augen und öffnete sie testweise wieder. Die Umrisse wurden etwas schärfer. Alles hier schien in verschiedene Braun- und Grüntöne getaucht zu sein. Vorsichtig setzte sie sich auf.

      »Guten Morgen, Schwesterchen.«

      Die Umrisse der Person, die vor ihr stand, waren ihr vertraut – und sie musste David nicht sehen, um zu wissen, dass er grinste.

      »Nur weil du schon länger wach bist und vermutlich bereits klar siehst,

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