Belgische Finsternis. Stephan Haas

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Belgische Finsternis - Stephan Haas

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wie geht es dir?«, fragte er so förmlich, wie er es sonst nie tat.

      »Ich sehne mich nach Landluft«, sagte ich und trat aus Livs Zimmer. Beim Telefonieren benötigte ich Platz zum Gehen, eine alte Angewohnheit.

      »Du weißt es also schon.«

      »Was weiß ich?«

      »Dass du nach Raaffburg gehen sollst?« Er klang, als wäre ich derjenige, der etwas erklären müsste.

      »Ja, weil du es möchtest.« Ich konnte meine Verärgerung nicht verbergen.

      »Ich würde dich am liebsten hierbehalten, das weißt du.«

      »Das habe ich anders verstanden.«

      »Die Entscheidung wurde oben gefällt. Ich hatte keine Wahl«, sagte er und klang wie ein geprügelter Hund.

      Ich hatte mir schon gedacht, dass Tims Schwiegervater, der Polizeidirektor, dahintersteckte. In dessen Augen trug ich die Schuld daran, dass seine Tochter sich mit dreißig Jahren bereits Witwe nennen musste und seine Enkelkinder ohne Vater aufwachsen würden.

      »Tim ist trotz meiner Aufforderung zum Rückzug weitergelaufen«, wiederholte ich, was ich vor der Jury bereits hundertmal gesagt hatte. »Das könnt ihr doch nicht einfach ignorieren!«

      »Ich weiß, Piet. Aber das interessiert da oben niemanden. Es ist jetzt so. Akzeptier es einfach.«

      Ein toller Ratschlag. Das könnte zu deinem neuen Lebensmotto werden: einfach alles akzeptieren.

      »In Raaffburg wartet ein toller Fall auf dich«, sagte Ron, der noch nie ein Talent dafür gehabt hatte, Menschen zu motivieren.

      »Meinst du das im Ernst?«

      Ron atmete laut und angestrengt in den Hörer, brachte aber keine überzeugende Erklärung zustande. Für ihn war alles gesagt, das hatte ich verstanden. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte ich mich bereits vor dem Gespräch mit Ron für Raaffburg entschieden. Einzig die Art, wie man mich behandelte, ging mir gegen den Strich.

      »Da wäre noch eine Sache.«

      Überrascht dich Ron doch noch und sagt, dass das alles nur ein blöder Witz ist?

      »Dein Auto … es gehört der föderalen Polizei.«

      »Mein Auto? Ich habe mir den Arsch aufgerissen im Kampf gegen diese Wüstenfüchse.« Ich war geschockt von der kalten Sachlichkeit, die mein Chef mir entgegenbrachte.

      »Es tut mir leid, Piet.«

      Du kannst mich mal!

      »Du kannst den Wagen bei mir zu Hause abholen«, sagte ich und legte auf.

      Mein Herzschlag beschleunigte sich, und ich begann wieder zu schwitzen. Dann realisierte ich, wo ich mich befand. Ich stand inmitten unseres Schlafzimmers. Also in Elises und meinem. Unserem ehemaligen. Ich war derart ins Gespräch versunken gewesen, dass die Gewohnheit mich hierhergetrieben hatte. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, während ich wieder aus dem Zimmer trat.

      Doch dann stockte ich. Etwas war ungewöhnlich gewesen in dem Zimmer. Ich drückte die Tür wieder auf und ging zu meinem Nachttisch. Was ich sah, ließ mein Herz noch schneller pochen und meine Knie zittern. Die Schublade des Tischchens war geöffnet. Und darin lag eine rote Packung Kondome.

      Was zum Teufel …?

      Ich spürte, wie Adrenalin in meine Adern stieg.

      Und mir erzählt sie, sie braucht eine Pause.

      Mein Magen zog sich zusammen, gleichzeitig wurde mein Gesicht seltsam kalt. Ich wollte mich auf die Bettkante setzen, doch bevor ich Platz nahm, hörte ich plötzlich eine männliche Stimme. Sie kam von unten.

      Ist er das? Elises Neuer?

      Nein, das würde sie nicht tun, nicht, wenn ich zu Besuch war.

      Wahrscheinlich weiß er gar nicht, dass du hier bist. Ja, sicher weiß er nicht mal, dass es dich überhaupt gibt.

      Jetzt verstand ich auch, warum ich mich anmelden sollte, bevor ich Liv besuchen kam.

      Unversehens hörte ich den Fremden meinen Namen sagen.

      »Herr Donker?«

      Ich dachte zunächst, ich hätte mich verhört. Doch dann rief der Kerl noch einmal.

      »Herr Piet Donker, hallo?«

      Der Idiot weiß, wie du heißt.

      Ich schlich mich vom Schlafzimmer ins Treppenhaus, taumelte leicht. Vorsichtig schaute ich hinunter. Ein junger Mann, fast noch ein Junge, blickte mir schüchtern entgegen.

      »Guten Morgen«, sagte er leise.

      Die Blässe in seinem Gesicht stellte einen starken Kontrast zu den nach hinten gegelten schwarzen Haaren dar.

      »Sind Sie Piet Donker?«, fragte der Schlaks mit nach vorne gebeugtem Kopf und leicht zusammengepressten Lippen.

      »Ja, wer will das wissen?«, entgegnete ich angriffslustig.

      Ich hatte bereits einen Schritt auf die Treppe gesetzt und die Fäuste geballt.

      »Théo Bender. Ich bin Ihr neuer Kollege. Sind Sie bereit?«

      3

      Elises Zorn über meinen unangemeldeten Besuch spiegelte sich nach wie vor in ihrem Gesicht. Ich glaubte zu sehen, dass ihre Mundwinkel zuckten, aber sicher war ich mir nicht. Ich versuchte, sie nicht direkt anzuschauen. Sie hatte mir geschworen, dass es keinen anderen gab, und ich hatte ihr vertraut. Wenn sie es mir gestanden hätte, wäre der Schmerz der gleiche geblieben – aber ich hätte es akzeptiert. Weil sie ehrlich zu mir gewesen wäre.

      Stattdessen hatte sie mich angelogen – und damit aufs Neue betrogen.

      Sie kann dir gestohlen bleiben!

      Liv winkte mir nach, als ich mich in den kleinen Polizeiwagen drückte. Doch als ich saß und wieder zu ihr blickte, rollte sie ihre kleinen Fäuste in die tränenden Augen. Als hätte ich gerade verkündet, dass ich mit dem Raumschiff zum Mond fliegen würde. Hinzu kam, dass der dreitürige Renault Clio, Baujahr 2001, nicht für meine Körpergröße geeignet war. Erst recht nicht die Rückbank.

      Ich kam mir vor wie ein Sträfling.

      Nach einigen Kilometern hatte ich mich an den Zigarettenmief im Inneren gewöhnt. Der Junge, der mich abgeholt hatte, fuhr. Karls hatte ihn losgeschickt, ohne meine Zusage abzuwarten. Da ich den Kommissar wegen der isländischen Vulkanwolke nicht mehr auf dem Handy hatte erreichen können, hatte er meine Zustimmung einfach vorausgesetzt. Mir war es recht. Nach dem Schock in Elises Schlafzimmer war Ablenkung die beste Medizin.

      Die Hände des Jungen klebten am Lenkrad, sein Blick richtete sich fest auf die Straße. Die Nackenhaare waren nass.

      »Wie wäre es, wenn wir die Klimaanlage einschalten?«, fragte ich.

      »Geht

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