Spurensuche. Georg Markus

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Spurensuche - Georg Markus

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Romanze führt uns nahtlos zur »Spurensuche in der Welt der Liebe« mit Affären, die den Prinzen Eugen, Johann Nestroy, den Thronfolger Franz Ferdinand, die wirkliche Rössl-Wirtin und Marlene Dietrich betreffen.

      In der »Welt der großen Maler« verfolgen wir die Spuren von Hans Makart sowie den Brüdern von Casanova und Gustav Klimt. In der »Welt der Politik« erfahren wir Neues über einen Mordanschlag auf Napoleon in Wien, ein Attentat vor der Staatsoper auf den König von Albanien und dass ausgerechnet beim Gipfeltreffen Kennedy–Chruschtschow laut österreichischer Präsidentschaftskanzlei »das schlechteste Essen, das je serviert wurde« auf den Tisch des Schlosses Schönbrunn kam. Im Kapitel »Spurensuche in dunklen Stunden« geht es um Stefan Zweig, den Dirigenten Wilhelm Furtwängler und »den Mann, der den Stephansdom rettete«.

      In keinem meiner bisherigen Bücher war es so schwierig, Ordnung in die einzelnen Geschichten zu bringen, wie in diesem. Der Fall der Komtesse Mizzi hätte ebenso gut in die »Welt des Kriminals« gepasst, ich lasse sie aber im Kapitel »Literatur« auftreten, weil ihre Lebensgeschichte von keinem Geringeren als Arthur Schnitzler dramatisiert wurde. »Gerechtigkeit für eine Königin« hätte auch bei den Tragödien Platz gefunden, wurde aber zur »Spurensuche im Kaiserhaus« gereiht. Ebenso wie der tragische Tod von Sisis Schwester Sophie Herzogin von Alençon. Die Lebensgeschichten von Richard Gerstl, Georg Trakl und Adalbert Stifter hätten ebenfalls zu den Tragödien gepasst, wurden aber in die Spurensuche der großen Maler beziehungsweise Literaten eingefügt.

      In der »Welt des Theaters« finden sich Geschichten darüber, wie Anton Bruckner den Ringtheaterbrand überlebte, warum Max Reinhardt zwanzig Jahre für seine Scheidung brauchte und Hans Moser in einer Hausmeisterwohnung lebte. Auf »Spurensuche in Wiener Gebäuden« begab ich mich, um das pikante Geheimnis der legendären Séparées im Hotel Sacher zu lüften.

      All das ist nur ein Auszug aus einer viel längeren Liste von Geschichten, es gibt noch die »Spurensuche im Reich der Anekdote«, wo der Herzog von Windsor, Karl Farkas, Helmut Qualtinger und einmal mehr Hans Moser vorkommen.

      Mit der allerletzten Geschichte schließt sich der Kreis: Wie im Einstiegskapitel geht es auch hier um des »Kaisers Bart«. Diesmal aber wird die »Konkurrenz« geschildert, die die Menschen damals ernsthaft beschäftigte: Wer hat den schöneren Bart? Kaiser Franz Joseph oder Johann Strauss? Nur so viel sei vorweg schon verraten: Der eine ließ sich einen wachsen, um jünger, der andere, um älter auszusehen.

      Ich freue mich, wenn Sie sich, geneigte Leserin, geneigter Leser, mit mir auf Spurensuche begeben. Und ich wünsche Ihnen dabei ebenso viel Unterhaltung wie Spannung und neue Informationen.

      Georg Markus

      Wien, im August 2020

      SKURRILE SPURENSUCHE

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      Der Doppelgänger des Kaisers

       Eine österreichische Köpenickiade

      Es war eine Szene wie aus einem Film (der damals gerade in seinen Kinderschuhen steckte). Ein Herr in Uniform und dazu passender Kappe durchquerte forschen Schritts den Inneren Burghof in Wien. Sowohl Passanten als auch die Offiziere und Soldaten der vor der Residenz des Kaisers diensttuenden Leibgarde glaubten ihren Augen nicht trauen zu können. Denn Seine Majestät der Kaiser spazierte mutterseelenallein, ohne einen Adjutanten an seiner Seite, vom Ballhausplatz in Richtung Hofburg. An seiner Identität bestand kein Zweifel, der Mann war in Figur, seinen Gesichtszügen und Bewegungen, in seiner Haltung und mit seinem Bart ein Ebenbild Kaiser Franz Josephs. Allerdings gab es in den letzten Jahren der Monarchie ein Wiener Original, das gerne als Doppelgänger des Monarchen auftrat.

      Den »Kaiserbart« zu tragen war damals in Österreich-Ungarn durchaus in Mode, bei Herrn Achilles Farina kam noch hinzu, dass er Franz Joseph auch sonst zum Verwechseln ähnlich sah – und er selbst tat alles, um diese Ähnlichkeit zu unterstreichen. Vor allem durch das stolze Tragen seiner Uniform und durch seinen gepflegten Backenbart mit dem ausrasierten Kinn, der mit dem des Kaisers identisch war.

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       Der Doppelgänger und das Original: Achilles Farina (links) und Kaiser Franz Joseph

      Der Mann mit dem schönen Namen Achilles Farina war gebürtiger Wiener mit italienischen Vorfahren. Geboren 1844, war er vierzehn Jahre jünger als der Kaiser und sein Leben lang immer irgendwie in dessen Nähe. 27 Jahre lang versah er in der k. k. Trabantenleibgarde seinen Dienst, um nach seiner Pensionierung als Amtsdiener in der Generalintendanz der Hoftheater weiterzuarbeiten und sich abends als Logenschließer im Burgtheater und in der Hofoper ein paar Kronen dazuzuverdienen. So war er zu seiner schmucken Billeteurs-Uniform gekommen, die der eines Angehörigen der k. k. Armee ähnelte.

      Die größte Ähnlichkeit war in den Jahren nach der Jahrhundertwende festzustellen, als der Kaiser über siebzig und Herr Farina an die sechzig Jahre alt war und beide weißes, schütteres Haar respektive Backenbart trugen. Und so kam es, dass der eingangs erwähnte Spaziergang des irrtümlich als Kaiser wahrgenommenen Herrn Farina ein skurriles Nachspiel hatte. Der Hauptmann der an diesem Tag vor der Hofburg aufgestellten Burgwache zog, als der falsche Kaiser näher kam, seinen Säbel und rief, wie es ihm angesichts des Erscheinens Seiner Majestät vorgeschrieben war, »Gewehr heraus«, worauf die Soldaten habt acht standen und ihre Gewehre in Stellung brachten, die zum Schutz des Monarchen dienen sollten.

      Der Kaiser freilich war zu diesem Zeitpunkt in seinem Arbeitszimmer und wunderte sich über den Ruf »Gewehr heraus«, der üblicherweise nur zur Anwendung kam, wenn er durch den Burghof schritt. Franz Joseph ging also zum Fenster seines Arbeitszimmers, das zum Inneren Burghof hinausging, und sah fassungslos, dass da sein Ebenbild über den Platz ging. Schnell rief er seinen Adjutanten, der Franz Joseph peinlich berührt erklären musste, dass Herr Farina ein stadtbekanntes Wiener Original sei, das gerne als sein Doppelgänger durchs Leben schritt.

      Der Kaiser lächelte gütig und erteilte dem Flügeladjutanten den Auftrag, Herrn Farina augenblicklich zu sich zu rufen. Der Adjutant gab den Befehl an einen Unteroffizier der Leibgarde weiter und der wiederum erwischte den Mann gerade, als er Richtung Schweizerhof einbiegen wollte. Im letzten Augenblick konnte Herr Farina noch aufgehalten und zum Kaiser befohlen werden.

      Seit mehreren Jahren schon war Achilles Farina souverän als Kaiser »aufgetreten«, jetzt aber war er über alle Maßen aufgeregt. Er, der Amtsdiener und Logenschließer, sollte ins Allerheiligste, in die privaten Räumlichkeiten Seiner Majestät des Kaisers.

      Man sagt, dass Franz Joseph nur selten gelacht hätte, doch als er jetzt seinem Ebenbild gegenüberstand und dabei den Eindruck hatte, in einen Spiegel zu schauen, lachte er laut und herzhaft auf.

      Der Amtsdiener stand in seiner Uniform und in strammer Habtachthaltung vor seinem Kaiser und musste diesem nun von seiner militärischen Karriere berichten, in der er es bis zum Feldwebel gebracht hatte.

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       Musste dem Kaiser von seiner militärischen Karriere berichten: Achilles Farina in Uniform

      »Haben Sie damals schon diesen Bart getragen?«, erkundigte sich der Kaiser.

      »Nein, Majestät, erst als Amtsdiener und Logenschließer, und es war mein ganzer Stolz, da ich Eurer Majestät so zum Verwechseln ähnlich

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