Spurensuche. Georg Markus
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In seinen unveröffentlicht gebliebenen Memoiren gab der Schnorrerkönig Einblick in die Kunst des Schnorrens: »Man sollte sich nie an die ganz Reichen wenden, die sind meistens knausrig«, schrieb er, »bei der guten Mittelklasse ist mehr zu holen«. Weiters gehörte es zu Poldis Maximen, »stets erstklassig gekleidet zu sein, es fand sich immer jemand, der mir Maßanzug, Hemd und Krawatte spendierte. Denn nur elegante Leute lässt man in gute Lokale. Man braucht kein Geld zu haben, man darf nur nicht so ausschauen, als ob man keines hätte.« Die Sakkos bekamen später seine Brüder und Neffen.
Menschenkenntnis, sagte Poldi Waraschitz, sei die wichtigste Voraussetzung für sein Gewerbe. »Man muss immer wissen, bei wem und auf welche Art man schnorrt.« Als er etwa zum Grand Prix von Monaco geladen war, rutschte Poldi im Swimmingpool eines Fünfsternehotels so unglücklich aus, dass er sich an der Hand verletzte. Vom behandelnden Arzt nach seinem nächsten Angehörigen gefragt, antwortete er fast wahrheitsgemäß: »Curd Jürgens!« Der kam dann auch für die Spitalskosten auf.
»Mein nächster Angehöriger«: Poldi Waraschitz (im Bild rechts) mit Curd Jürgens
Als Hitler 1933 in Berlin an die Macht kam, übersiedelte Poldi nach Wien, wo man ihn in der Eden-Bar als »den besten nicht zahlenden Gast, den wir je hatten« bezeichnete. Doch es gab auch einen anderen Poldi Waraschitz, der jüdischen Freunden zur Ausreise verhalf. Eine Familie emigrierte nach Argentinien und ließ ihn nach der Nazizeit jedes Jahr in ihre neue Heimat kommen.
Kaum war der österreichische Film nach dem Krieg wiederauferstanden, luden ihn Stars und solche, die es werden wollten, zu den Premierenpartys, weil jedem klar war: Wer mit Poldi fotografiert wird, kommt in die Zeitung, zumal der Schnorrerkönig zeitweise populärer war als viele seiner Opfer. Oder, wie Poldi zu sagen pflegte: »Wer von mir noch nicht angepumpt wurde, der hat es nicht verdient, im Who’s Who zu stehen.«
Zu seinen Gönnern zählten auch Robert Stolz, Senta Berger, Uschi Glas, Dietmar Schönherr, Paul Hörbiger und Hans Moser (bei dem er seine Meisterprüfung als Schnorrer ablegte, da der große Komödiant als besonders sparsam bekannt war). Und der »Hendlkönig« Friedrich Jahn gab ihm eine Karte, mit der er auf Lebenszeit in jedem Wienerwald-Lokal der Welt gratis essen und trinken konnte.
Man traf Poldi auch in Venedig, München, Acapulco, Hollywood, Las Vegas, beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel und bei den Filmfestspielen in Cannes, wobei er Frankreich besonders liebte. Mit einer Einschränkung: »Wenn der Curd Jürgens nicht in Paris ist, merke ich erst, wie teuer dieses Land ist!«
Am Gipfel seiner Popularität hatte Poldi Waraschitz einen Status erreicht, der es ihm erlaubte, sich seine Förderer aussuchen zu können. Als sich der legendäre Playboy Gunter Sachs einmal in St. Moritz weigerte, mit Poldi fotografiert zu werden, verkündete der Schnorrerkönig dezidiert, »von Herrn Sachs keine Spenden mehr entgegenzunehmen«.
Seine Förderer waren es dann auch, die nach Poldis Tod im Jahr 1970 für die Begräbniskosten am Friedhof von Lassee aufkamen. Denn der Ruf, der Welt bester Schnorrer zu sein, verpflichtete über Poldis Grab hinaus.
SPURENSUCHE IN DER WELT DER MUSIK
Mozarts Vater
Wie Leopold das junge Genie förderte
Natürlich wäre Mozart auch ohne die Hilfe seines Vaters das Genie geworden, dessen Musik wir kennen und lieben. Und doch war Leopold Mozart eine wichtige Stütze für seinen Sohn, vor allem war er es, der das überragende Talent früh erkannt und gefördert hatte.
Leopold Mozart war am 14. November 1719 als Sohn eines Buchbindermeisters in Augsburg zur Welt gekommen, wo er das Jesuitengymnasium besuchte. Nach der Reifeprüfung übersiedelte er nach Salzburg, legte das Bakkalaureat der Philosophie ab und inskribierte danach Rechtswissenschaften. Er brach das Studium jedoch ab, um sich seiner wahren Berufung, der Musik, zuzuwenden.
Der Übersiedlung nach Salzburg verdanken wir es, dass sein Sohn Wolfgang Amadeus als »Österreicher« zur Welt kam. Wobei er eigentlich nie Österreicher war, denn als das Genie 1756 zur Welt kam, war Salzburg ein souveränes Erzbistum, das erst 1804 österreichisch wurde. Und da war Mozart nicht mehr am Leben.
Leopold wurde Violinist und Kammerdiener – das waren damals gleichrangige Berufe – des Domherrn Graf Thurn und Taxis.
Im Jahr 1747 heiratete Leopold Mozart die aus St. Gilgen stammende Anna Maria Pertl, die sieben Kinder zur Welt brachte. Fünf von ihnen starben als Säuglinge, nur Wolfgang Amadeus und seine Schwester Maria Anna, genannt »Nannerl«, erlebten das Erwachsenenalter. Mozarts Mutter Anna Maria starb, als Wolfgang 22 Jahre alt war.
»Nannerl« und Wolfgang Amadeus Mozart am Klavier, Vater Leopold mit Geige, an der Wand hängt ein Bildnis ihrer Mutter Anna Maria.
Leopold Mozart schuf zahlreiche Kompositionen, von denen 250 erhalten sind. Geschichte schrieb er aber, weil er seinem Sohn »Wolferl« ab dessen viertem Lebensjahr Musikunterricht erteilte.
Wolfgang war noch nicht sechs Jahre alt, als sich Leopold entschloss, mit seinen beiden »Wunderkindern« – auch Nannerl war überaus talentiert – ausgedehnte Tourneen zu unternehmen. Sie kamen an die Höfe in Wien, Paris, London, in viele Adelspaläste und gaben öffentliche Konzerte, bei denen Wolfgang in einzigartiger Perfektion Klavier und Geige spielte.
Leopold Mozart war inzwischen Hof- und Cammer-Componist des Salzburger Fürsterzbischofs Leopold Anton Freiherr von Firmian geworden, brachte es aber zu seinem großen Bedauern zeitlebens nicht über diese Stelle hinaus. Er verdiente wenig und war daher auf die einträglichen Reisen mit seinen Kindern angewiesen, für die er sich ausgiebige Urlaube gewähren ließ. Als er anlässlich einer Frankreich-Reise um Urlaub ansuchte, wurde er fristlos entlassen, später aber wieder angestellt.
Mozarts Vater war ein hochgebildeter Mann, sein Buch Versuch einer gründlichen Violinschule wurde in mehrere Sprachen übersetzt. In seinen späten Jahren verschlechterte sich das Vater-Sohn-Verhältnis, vor allem, weil Leopold dagegen war, dass Wolfgang nach Wien ging und Constanze Weber heiratete. Wohl auch, weil das Genie auf diese Weise aus seinem Einflussbereich verschwand.
Leopold Mozart blieb bis zu seinem Tod am 28. Mai 1787 Hof- und Cammer-Componist am Hof des Salzburger Erzbischofs.
Das Verzeichnis des Herrn von Köchel