Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays. Odo Marquard

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Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays - Odo Marquard Reclam Taschenbuch

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im Anfangsteil der Zeit zwischen 1945 und 1955 (vgl. S. 5) nicht mehr Kind und noch nicht erwachsen war (vgl. S. 16–18) – in der Bundesrepublik gerade nicht das Außergewöhnliche, sondern das Normale. Schelsky unterscheidet als »zeitgeschichtliche Phasen« und »Generationsgestalten des Jugendverhaltens« seit der Jahrhundertwende: »1. die Generation der Jugendbewegung; 2. die Generation der politischen Jugend und 3. die deutsche Jugend im Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkriege, für die wir vorläufig die Bezeichnung ›die skeptische Generation‹ gewählt haben« (S. 57). Da war also zunächst die frühgrüne Generation der Meißner-Formel, des Wanderns, der Klampfe und Blockflöte; dann kam – zwischen den Weltkriegen – die Generation des radikalen politisch-ideologischen Weltverbesserungsengagements; schließlich formierte sich – nach dem Zweiten Weltkrieg – die skeptische Generation: Ihre Skepsis war – auch und gerade nach Schelskys Deutung – die Antwort auf die »Generation der politischen Jugend« und jene Zusammenbrüche, in die sie verwickelt wurde und die sie nach sich zog, die Antwort auf ihre Selbstkompromittierung; in der Erfahrung der Älteren (umstritten, umstreitbar): dass die Linke versagte3; und in der Erfahrung auch der Jüngeren (mit grauenhafter Evidenz, unbestreitbar): dass die Rechte die Katastrophe herbeiführte. Es kam zum Enttäuschungsschock; die Folge waren »Prozesse der Entpolitisierung und Entideologisierung des jugendlichen Bewusstseins« (S. 84): darum wurde »diese Generation […] in ihrem sozialen Bewusstsein kritischer, skeptischer, misstrauischer, glaubens- oder wenigstens illusionsloser als alle Jugendgenerationen vorher« (S. 488). »Diese geistige Ernüchterung macht frei zu einer für die Jugend ungewöhnlichen Lebenstüchtigkeit. Die Generation ist im privaten und sozialen Verhalten angepasster, wirklichkeitsnäher, zugriffsbereiter und erfolgssicherer als je eine Jugend vorher« (ebd.). Mit ihrem »geschärften Wirklichkeitssinn« für »das Praktische, Handfeste« (S. 88), ihrem »Konkretismus« (S. 89, 307 f.), ihrer »Pseudo-Erwachsenheit« (S. 93) war sie »die deutsche Ausgabe der Generation, die überall die industrielle Gesellschaft konsolidiert« (S. 493). Soweit diese Generation wirklich skeptisch war, habe ich an ihrem Schicksal teilgenommen: durch Wende zur Skepsis.

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