Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag. Marcus X Schmid
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Zerschnitten wird die mittelalterlich verwinkelte Stadt einzig durch die gradlinige Rue de la République aus dem 19. Jahrhundert - als wäre Haussmann, der berühmte Pariser Boulevard-Planer, persönlich zugange gewesen. Doch vermag dies dem Gesamtbild nichts anzuhaben. Die Verkehrsschneise ist längst Teil der Fußgängerzone geworden und hat an sommerlichen Wochenenden Mühe, die Besucherströme aufzunehmen. Verkaufsschlager Sarlats ist die Gans, deren fette Leber (foie gras) getrüffelt und eingedost in zahllosen Läden feilgeboten wird.
Stadtgeschichte: Die Stadt ist älteren Datums, erreichte aber erst mit der Gründung einer Benediktinerabtei im 8. Jahrhundert Bedeutung. Ende des 13. Jahrhunderts wurde Sarlat quasi unabhängig, die Stadt war einzig durch einen Treueid an den französischen Thron gebunden. Kurz darauf (1317) wurde Sarlat zum Bischofssitz erkoren; aus dieser Zeit stammen die Kathedrale sowie einige Bürgerhäuser (ein kleines Schild an den Häusern verrät dem Besucher das jeweilige Baujahrhundert). Im Hundertjährigen Krieg hielten die Stadtmauern zwar allen Anstürmen der Engländer stand, nicht aber der Diplomatie: Im 1360 geschlossenen Friedensabkommen von Brétigny (→ Geschichte) fiel Sarlat wie ganz Südwestfrankreich an die Engländer. Zehn Jahre später waren diese allerdings bereits wieder vertrieben. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert gedieh Sarlat zum stattlichen Handelszentrum. Bergab ging es mit der Wirtschaft erst im 19. Jahrhundert, als die industrielle Revolution die Stadt im Abseits liegen ließ; der Bau der Eisenbahnlinie kam zu spät. Erst mit der eingangs erwähnten Gesetzgebung aus dem Jahr 1962 erfuhr Sarlat wieder einen Aufschwung - als Tourismus-Magnet Nummer eins im Schwarzen Périgord.
Fußgängerzone in Sarlat
Rundgang durch die Altstadt: Man kann sich im Info-Büro ein kleines Faltblatt mit Stadtplan besorgen und die darin beschriebene Route ablaufen. Um nicht dauernd den organisierten Besichtigungen voraus- bzw. hinterher zu gehen, empfiehlt es sich, den Rundgang im gegenläufigen Sinn zu starten. Aber auch zielloses Spazieren durch die Altstadt führt irgendwann zu den nachgenannten Sehenswürdigkeiten. Und auch ein Nachtspaziergang hat’s in sich: Eine dezente Gasbeleuchtung erhellt die mittelalterlichen Gebäude, der Flaneur entdeckt zahlreiche Details, die er im Tageslicht übersieht.
Sarlats Zentrum ist die von Häusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert umsäumte Place de la Liberté: fotogen zu jeder Tageszeit! Von ihr führt in südliche Richtung die Rue de Liberté zur stimmungsvollen Place de Peyrou; das eindrücklichste Gebäude dort ist das Geburtshaus von Etienne de la Boëtie, der heute nur noch als Busenfreund von Montaigne bekannt ist. In nördlicher Richtung findet man die Rue des Consuls, mit ihren Häusern und Palazzi Sarlats schönstes Sträßchen.
Die Ente, die Gans und die périgourdinische Küche
Oie ist die Gans, canard ist die Ente - und beide sind sie das A und O des périgourdinischen Küchenfranzösisch.
Foie gras: Fette Leber. Als foie gras d’oie (Gänseleber) oder foie gras de canard (Entenleber) ist sie in jedem Spezialitätenrestaurant zu haben. Eingedost steht sie in jedem périgourdinischen Lebensmittelgeschäft im Regal. Dabei wird unterschieden, wie hoch der prozentuale Anteil des foie gras am Produkt ist: foie gras, foie gras entier, bloc de foie gras (100 %), foie de foie (75 %), pâte de foie, purée de foie, mousse de foie, galantine de foie (50 %).
Damit die Leber schön fett wird, werden die Tiere ab der 15. Lebenswoche mit reifem Mais überfüttert („gestopft“), ein Martyrium, das für die Ente ca. 16 Tage, für die Gans etwa 24 Tage dauert. Bei der Schlachtung wiegt dann die Entenleber bis zu 600 g, die Gänseleber bis zu 900 g.
Confit: Das Wort bedeutet „Eingemachtes“. Im Périgord steht der Leckerbissen meist als confit de canard (Enten-Confit), seltener als confit d’oie (Gänse-Confit) auf der Speisekarte. Die Geflügelteile (meist Schenkel oder Flügel) werden dabei im eigenen Fett geschmort. Der Confit ist oft Bestandteil eines Cassoulet.
Cassoulet: Eintopfgericht. Schweins- oder Geflügelragout mit Bohnen, im Périgord findet man stets ein Stück Confit drin.
Pommes sarladaises: Kartoffeln, die mit Gänsefett im Ofen gebraten werden. Sie sind die übliche Beilage zum Confit.
Truffes: Das Périgord ist für seine Trüffeln bekannt, doch wie überall auf der Welt sind sie auch hier teuer. Wer getrüffelt isst, zahlt meist gesalzene Preise. Der edle Pilz wird in allerhand Speisen gemischt, ohne dass man ihn zu sehen bekommt. Trüffelzeit ist der Spätherbst. Dann hat man am ehesten die Chance, frische und sichtbare Trüffelstücke serviert zu bekommen.
Place André Malraux: Durch eine kleine Passage in der Nähe der Place de la Liberté gelangt man zu diesem hübschen Platz mit schiefergedeckten Häusern. Eine Inschrift erinnert an den vorausschauenden Kultusminister, dessen Gesetzgebung 1962 die Restaurierung Sarlats einleitete.
Cathédrale Saint-Sacerdos: Ein Stil-Puzzle und somit eine Aufgabe für Kunstgeschichtler - vom 12. bis zum 18. sind alle Jahrhunderte in den 2001 restaurierten Bau eingeflossen. Einzig das geräumige, größtenteils gotische Hauptschiff vermag zu beeindrucken.
Lanterne des Morts: Der eigenwillige, witzige Turm aus dem 12. Jahrhundert beherbergte einst ein Feuerchen, das die Unsterblichkeit der Seelen symbolisierte. Die sterblichen Reste der mittelalterlichen Menschen vermoderten etwas unterhalb, im Jardin des Enfeus mit seinen romanischen und gotischen Grabsteinen. Sarlats ältester „Friedhof“ ist bis heute ein Ort der Stille in der quirligen Stadt.
Basis-Infos
Postleitzahl 24000
Information Office de Tourisme, im ehemaligen Bischofspalast neben der Kathedrale. Ausführliches Material übers gesamte Schwarze Périgord. Das Büro organisiert auch Stadtbesichtigungen (7 €/Pers.). April-Juni und Sept. Mo-Sa 9-18, So 10-13/14-17 Uhr. Juli/Aug. Mo-Sa 9-19.30, So 10-13/14-18 Uhr. Okt. Mo-Sa 9-12.30/14-17, So 10-13 Uhr. Nov.-März Mo-Sa 10-12/14-17 Uhr. Tel. 05.53.31.45.45, www.sarlat-tourisme.com.
Hin und weg Bahn: 3- bis 4-mal tägl. dampft die Eisenbahn über Bergerac und Libourne nach Bordeaux. Nach Les Eyzies: Umsteigen in Le Buisson.
Bus: 6-mal tägl. nach Souillac, 1- bis 2-mal tägl. nach Beynac. Abfahrt am Bahnhof, weitere Haltestelle an der Place Pasteur.
Parken Es ist sinnlos, mit dem Auto ins enge Mittelalter fahren zu wollen. Ausreichend Parkplätze für die Blechlieblinge liegen außerhalb der Altstadt.
Fahrradverleih Cycles Sarladais, av. Aristide Briand (Fortsetzung der Av. Leclerc im Stadtsüden). Auch Reparaturwerkstatt. Tel. 05.53.28.51.87.
Liberty