Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss. Holger Truckenbrodt

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Der Kommunale Haushalt in Aufstellung, Ausführung und Abschluss - Holger Truckenbrodt Schriftenreihe Kommunale Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen

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Haushaltsvermerke als erweiternde oder einschränkende Bestimmungen zu Ansätzen des Haushaltsplans, erfordern eine Nachtragshaushaltssatzung.

      Auch bei Vorliegen gewisser Sachverhalte ist eine Nachtragshaushaltssatzung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Verzögern, zu erlassen.

      

      § 115 II Nr. 1 NKomVG regelt die erste Alternative für eine Nachtragshaushaltssatzungspflicht:

      (2)Die Kommunen haben unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen, wenn

      1.sich zeigt, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein erheblicher Fehlbetrag entstehen wird und der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann, oder …

      Das Tatbestandsmerkmal »trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit« bedeutet, dass die Kommune ihre Haushaltswirtschaft nach § 110 II NKomVG bereits sparsam und wirtschaftlich geführt hat. Sie hat in der Planausführung bereits alle Möglichkeiten bedacht und ausgeschöpft, um die Aufwendungen weiter zu reduzieren. Anderseits hat die Kommune auch alle Möglichkeiten zusätzlicher Ertragsbeschaffungen ausgenutzt. Über die Formulierung des weiteren Tatbestandsmerkmals »Fehlbetrag entstehen wird« ist eine zukunftsgerichtete Sicht zu betrachten, d. h. das Augenmerk ist bereits auf den Jahresabschluss zu richten. In gedanklicher Betrachtung des später vorzunehmenden Jahresabschlusses zeigt sich sodann, dass trotz aller Sparbemühungen ein »Fehlbetrag« entstehen wird. Nach der Haushaltsausgleichsregel gemäß § 110 IV 1 und 2 NKomVG und in Anwendung der Absätze fünf und acht des § 110 NKomVG entsteht ein Fehlbetrag, wenn die ordentlichen Erträge im Jahresabschluss hinter den ordentlichen Aufwendungen bzw. die außerordentlichen Erträge hinter den außerordentlichen Aufwendungen zurückbleiben. Insofern bezieht sich ein Fehlbetrag unter Beachtung der Ergebnisspaltung für den ordentlichen und außerordentlichen Bereich immer auf den Ergebnisbereich. Ein Mehrbedarf bei den Aufwendungen kann folglich weder durch Einsparungen bei anderen Aufwendungen noch durch zusätzliche Erträge gedeckt werden. Dieses Tatbestandsmerkmal kann demnach nicht durch Finanzvorfälle berührt sein, bei welchen es sich um investive Auszahlungen handelt, denn diese sind neben den Abschreibungen nicht weiter ergebniswirksam.

      Erst nach Prüfung und Bejahung des Tatbestandsmerkmals »Fehlbetrag« ist im zweiten Schritt dessen Erheblichkeit zu prüfen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist von der Höhe her nicht durch das Gesetz geregelt. Er ist vielmehr individuell auszulegen. So kann sich die Erheblichkeit einerseits nach der Größe der Kommune bzw. nach ihrem Haushaltsvolumen und ihrer Finanzkraft richten und muss nach dem Gesamtbild der finanziellen Verhältnisse in jedem Einzelfall entschieden werden. Eine diesbezügliche Wertgrenze kann andererseits auch in § 6 der örtlichen Haushaltssatzung oder durch einen Richtlinienbeschluss der Vertretung festgelegt werden.

      Als weiteres Tatbestandsmerkmal ist zu prüfen, ob »der Haushaltsausgleich nur durch eine Änderung der Haushaltssatzung erreicht werden kann«. Da die Aufwendungsseite nicht weiter gesenkt werden kann (alle Sparmöglichkeiten wurden bereits ausgenutzt), kommt in der Regel nur noch die Erhöhung der Ertragsseite in Betracht. Da andererseits auch alle Möglichkeiten zusätzlicher Ertragsbeschaffungen ausgenutzt wurden, führt insbesondere nur die Änderung des § 5 der Haushaltssatzung (z. B. durch Erhöhung der Hebesätze) direkt zu mehr Erträgen. Die Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer können nach § 25 III GrStG und § 16 III 3 GewStG gleichwohl nur bis zum 30.06. eines Haushaltsjahres erhöht werden. Ist der Zeitraum verstrichen und kann der Haushaltsausgleich auch mit dieser Maßnahme nicht erreicht werden, ist das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Damit tritt die Rechtsfolge nicht ein und die Kommune hat keine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen.

      

      § 115 II Nr. 2 NKomVG regelt die zweite Alternative für eine Nachtragshaushaltssatzungspflicht:

      (2)Die Kommunen haben unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen, wenn

      2.bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang entstehen oder geleistet werden müssen.

      Als erstes Tatbestandsmerkmal ist die Entscheidung zu treffen, ob »bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen bei einzelnen Haushaltspositionen« benötigt werden. Nicht veranschlagte Finanzvorfälle liegen vor, wenn Aufwendungen entstehen oder Auszahlungen geleistet werden müssen, für deren Zweck im Haushalt keine Ermächtigungen veranschlagt und keine aus Vorjahren übertragenen Ermächtigungen (z. B. Haushaltsreste) verfügbar sind. Alternativ können lediglich »zusätzliche« Aufwendungen entstehen oder »zusätzliche« Auszahlungen zu leisten sein, d. h. es liegen Ermächtigungen im Haushaltsplan und übertragene Ermächtigungen aus Vorjahren vor, die jedoch jeweils nicht ausreichen.

      Der weitere Bezug dieser Aufwendungen oder Auszahlungen »bei einzelnen Haushaltspositionen« ist jedoch unpassend formuliert. Haushaltspositionen sind die in dem Haushaltsplan nach §§ 2 und 3 KomHKVO ausgewiesenen »Überschriften« der veranschlagten Erträge, Einzahlungen, Aufwendungen und Auszahlungen. Diese für die Vertretung oder die Bürger im Haushaltsplan sichtbare Bezeichnung stellt eine Bündelung der dahinterstehenden Planungsgrößen nach sachlichen Gesichtspunkten dar. So werden z. B. Konten (4011 Dienstaufwendungen Beamte, 4021 Beiträge zu Versorgungskassen Beamte, 4031 Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung etc.) mit gleicher Kontengruppe (40 Personalaufwendungen) gebündelt und als Haushaltsposition »Personalaufwendungen« im Haushaltsplan dargestellt. Auf Ebene dieser Konten – und nicht auf der Ebene der Haushaltspositionen – werden auch die Haushaltsansätze der Aufwendungen und Auszahlungen geplant, so dass sich die bisher nicht veranschlagten oder zusätzlichen Aufwendungen oder Auszahlungen im ersten Schritt auf das einzelne Konto beziehen. Unter weiterer Berücksichtigung des Produktes, für welches die Aufwendung entsteht bzw. die Auszahlung geleistet wird, bezieht sich das Tatbestandsmerkmal damit auf bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen oder Auszahlungen der einzelnen Buchungsstelle. Dieser Begriff ist im Gesetz zwar nicht definiert, setzt sich i.d.R. aber aus einer Kombination aus Produkt und (Sach-)konto zusammen (Produktnummer.Kontonummer). Eine Buchungsstelle kann daher auch Produkt-Konto genannt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Ermächtigung für die laufende Verwaltungstätigkeit aus der Buchungsstelle der Aufwendung kommt und die Buchungsstelle der Auszahlung nicht genannt werden muss. Auch eine Zuordnung zu der entsprechenden Haushaltsposition ist entbehrlich.

      Als zweites Tatbestandsmerkmal ist auch hier eine Erheblichkeitsschwelle als Barriere für das zeitaufwendige Nachtragshaushaltssatzungsverfahren eingezogen. So ist die Entscheidung zu treffen, ob die Abweichungen »in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen erheblichen Umfang« vorliegen. Die Wertgrenze für die Erheblichkeit von bisher nicht veranschlagten oder zusätzlichen Aufwendungen oder Auszahlungen im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen oder Gesamtauszahlungen kann gleichermaßen durch § 6 der örtlichen Haushaltssatzung geregelt werden. Üblich sind Vomhundertsätze, die ein Verhältnis – etwa zum Gesamtvolumen der Aufwendungen im Ergebnishaushalt oder der Auszahlungen im Finanzhaushalt – zum Ausdruck bringen. Da Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit bereits durch die damit verbundenen Aufwendungen ermächtigt werden, ist die laufende Verwaltungstätigkeit ausschließlich an der Wertgrenze des Ergebnishaushaltes zu messen. Ggf. ist das Tatbestandsmerkmal unter Berücksichtigung der finanziellen Gesamtzusammenhänge der Kommune individuell auszulegen. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Abweichungsbetrag so hoch ist, dass er sich aus der Masse des Gesamtvolumens heraushebt und damit die Relation der Finanzmittel untereinander erheblich verändert wird. Sind die Tatbestandsmerkmale erfüllt, tritt die Rechtsfolge ein und die Kommune hat unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen.

      Auch wenn die beiden Alternativen des § 115 II NKomVG mit einem »oder« verbunden sind,

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