Inklusive Bildung. Группа авторов

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haben vier Stunden Unterricht zusammen oder wieder andere haben 20 Stunden Unterricht zusammen. Aber all das wird in der Statistik unter einer Rubrik verortet. Das heißt, dieser Vergleich zwischen den Ländern hinkt ganz häufig und diesen Vergleich im Sinne eines Rankings finde ich gar nicht zulässig. Das geben die Zahlen bei der unklaren Operationalisierung des Begriffs gar nicht her. Aber natürlich, sich im Sinne von best practice eine vernünftige Schule anzuschauen im Nachbarland ist etwas ganz Wunderbares. Denn die haben Ideen, die wir vielleicht nicht haben. Um nur ein Beispiel zu geben, in Italien wird ja wesentlich mit Schulbegleitern gearbeitet. Die haben ein mehrgliedriges Schulsystem und sagen ›Wir brauchen keine Gemeinschaftsschule, sondern wir regeln das so.‹ Und ich würde mir für Deutschland wünschen, dass wir Wahlsysteme haben, verschiedene Angebote haben, damit Eltern auch mitentscheiden können. Ich finde es auch legitim, wenn Eltern sagen ›Ich möchte mein Kind auf einer sonderpädagogischen Einrichtung halten.‹ Ob wir das für richtig finden von außen oder nicht, es ist ein legitimer Anspruch von Eltern, und mein Ideal wäre, dass wir Angebotsstrukturen haben, die von Eltern und Kindern oder Jugendlichen unterschiedlich wahrgenommen werden können. Das wäre mein Idealzustand und keine standardisierte Lösung für alle Bundesländer.« Ulrich Heimlich: »Also ich fand das auch durchaus hilfreich, andere Länder, andere Bildungssysteme mal anzuschauen unter dem Aspekt Inklusion. Ich habe das vor allen Dingen in den skandinavischen Ländern getan und da sieht man dann schon: Es könnte auch noch anders sein. Alleine das ist schon hilfreich, dass man Anregung bekommt, wie etwas auch anders organisiert wird, anders ausgerichtet ist. Den Vergleich finde ich auch manchmal schwierig, da würde ich bestätigen, was Herr Kiel gesagt hat. Also wir haben jetzt, glaube ich, eine Bevölkerungsgröße von 80 Millionen, in Finnland nicht einmal sechs Millionen. Das kann man einfach nicht vergleichen, was da passiert in den beiden Bildungssystemen.« Rudolf Tippelt: »Vielleicht muss man auf eine Mikroebene gehen, auf Lehr-Lernprozesse, die optimaler sind in bestimmten Settings. Dann kann man eher vergleichen, als jetzt das Gesamtsystem: Auch auf dieser Mikroebene ist es nötig, das Personal zu verstärken und auf relativ kleine Gruppen zu reduzieren. Das muss dann auch finanziert werden, weil in der ökonomischen Logik sonst andere finanzielle Leistungen folgen. Das kann man auch hochrechnen: Wenn manchmal zwei Lehrer in einer Klasse Unterricht machen, können in bestimmten Situationen Einzelpersonen oder kleine Gruppen immer wieder aufgefangen werden und sie werden nicht abgehängt oder ignoriert.« Ewald Kiel: »Ich habe da neulich einen interessanten Vortrag von meinem amerikanischen Kollegen Terry Osborne aus Sarasota in Florida gehört. Der sagt, die Antwort auf diese globalen Probleme, die wir eigentlich haben, auf die Globalisierung, ist eine Mikrokontextualisierung, dass sich kleine Kontexte organisieren und wissen, was für diese kleinen Kontexte gut ist. Und ich glaube, das gilt auch für Inklusion, dass man kleinere Einheiten schafft, die sich selber organisieren, dort Regelsysteme, Organisationsformen einrichtet, um Kinder zu fördern und das im Rahmen einer Angebotsstruktur. Und ich fand diese Idee des Wortes ›Mikrokontextualisierung‹ eigentlich eine schöne, die da in dem Vortrag zum Ausdruck kam.« Ulrich Heimlich: »Ich wollte noch ergänzen, was ich mitgenommen habe, eben aus den Reisen in die skandinavischen Länder, das war so eine gehörige Portion Pragmatismus, mit der da vorgegangen wird, auch gerade im Zusammenhang mit inklusiven Angeboten im Bildungssystem. Da wird dann gesagt: ›Wenn das nötig ist für einen Schüler, eine bestimmte Maßnahme separat aus dem Klassenzimmer heraus zu organisieren, dann wird das gemacht.‹ Aber das wird mit einer hohen Flexibilität gemacht. Und das kann man zum Beispiel auch auf dieser Mikroebene, sozusagen von anderen Systemen, durchaus lernen. Ich denke, dass wir sozusagen als nächsten Schritt im Bildungssystem auch so eine Flexibilisierung benötigen, gleichsam eine Suche nach pragmatischen Lösungen. Was ist jetzt machbar unter den gegebenen Bedingungen? Und eben nicht weitere ideologisch gefärbte Debatten, die sich mehr im Grundsätzlichen bewegen, ohne konkrete Lösungen anzubieten. Das ist ein hoher Anspruch. Das ist letztlich, und damit kommen wir schon fast zum Ende unserer Gesprächsrunde, natürlich auch ein Anspruch, der sich an uns stellt, als Vertreter von drei wissenschaftlichen Disziplinen, Allgemeine Pädagogik, Schulpädagogik, Sonderpädagogik. Was heißt das denn für unsere Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Strukturen? Sie haben das angesprochen, Herr Tippelt, mehr Kooperation in der Sonderpädagogik, aber eigentlich gilt das ja auch für andere wissenschaftliche Disziplinen.« Rudolf Tippelt: »Ja, auch weil Sie mich jetzt direkt angesprochen haben, also natürlich: Ja, der Meinung bin ich nach wie vor. Sie wissen es besser, Herr Heimlich, aber auch so viel wie möglich Kooperationen in der Sonderpädagogik. Aber ich erwähnte vorher auch schon die ›Kooperation der pädagogischen Teilbereiche‹. Wir haben hier in München die sehr stark ausdifferenzierte Grundschulpädagogik, die Schulpädagogik, aber auch die Weiterbildung und teilweise die berufliche Bildung, die damit zusammenhängt. Kooperation der Sonderpädagogen sollte auch mit diesen Feldern verstärkt werden. Dann eben auch die Kooperation mit den aufgeschlossenen Medizinern, vielleicht oder auch mit Psychologen, die in diesem Feld tätig sind und interessiert sind. Man könnte auch zu Sozialpädagogen Kontakt aufnehmen, die noch einmal einen anderen Blick auf Bildungseinrichtungen haben. Das ist der Aspekt der Kooperation, also der multiprofessionellen Kooperation, die man auch schon in der Ausbildung stärker betreiben kann, als wir es derzeit begonnen haben. Es ist schon so, dass die Einzeldisziplinen nicht mehr isoliert voneinander wirken. Sie haben ein Buch mit anderen Disziplinvertretern gemeinsam gemacht, sie haben Projekte zusammen erarbeitet, wir schreiben jetzt ein Buch zusammen und ich habe mit Herrn Markowetz etwas Gemeinsames gemacht und so weiter. Also das sind durchaus Dinge, die vor 2010 nicht oder kaum stattfanden. Ich will das noch einmal wiederholen, Kooperation hat sich intensiviert. Es hat, finde ich, eigentlich schon eine positive Signalwirkung.« Ewald Kiel: »Wir haben jetzt gerade an der LMU durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung einen großen Impuls in dieser Richtung bekommen, wo gerade auch Mediziner, wie Herr Schulte-Körne etwa, ein Online-Seminar über Störungsbilder entwickeln, wo die Fachdidaktiken etwas tun, wo über andere Formen der Praktikumsgestaltung nachgedacht wird. Und man sieht aber an einem großen ›Laden‹ wie der LMU auch, wie schwierig das ist, mit knapp 60.000 Studierenden und ich weiß nicht wie vielen Professoren, das zu organisieren. Die Lehrerbildung ist ja auch ein Bereich mit 16 Fakultäten, die daran beteiligt sind, und der Koordinationsaufwand ist ein großer. Ich bin dafür, die Wände einzureißen, aufeinander zuzugehen, zu kooperieren, aber an einer großen Universität wie unserer ist das deutlich schwieriger als an einer Universität, von der ich ursprünglich komme, der Pädagogischen Hochschule (PH) Heidelberg, wo es gerade einmal 4.000 Studenten gegeben hat und jeder jeden beim Kaffee in der Mensa begrüßen konnte und jeder jeden beim Namen kannte.« Ulrich Heimlich: »Genau, wir haben es eben schon angesprochen, zum Beispiel ist auch die Zusammenarbeit mit den Fachdidaktiken in diesem Zusammenhang ganz wichtig. Das merkt man eben auch im Rahmen des Projektes Lehrerbildung@LMU, dass hier Rahmenbedingungen da sein müssen, die so etwas unterstützen. Das heißt, die Umsetzung der Inklusion in der Hochschule benötigt entsprechende Unterstützung und entsprechende Strukturen, um das auf den Weg zu bringen. Wir können versuchen, auf einer persönlichen Ebene zusammenzuarbeiten, aber in diesem Projekt haben wir jetzt Mitarbeiter, die diesen Dialog in Gang setzen. Wir entwickeln mit den Fachdidaktiken zusammen Filme und Materialien für eine Reihe von Veranstaltungsformaten zur Inklusion. Da habe ich schon das Gefühl, dass das Thema Inklusion einfach eine Plattform bietet, auf der mehr Zusammenarbeit möglich ist, so nehme ich das jedenfalls wahr. Und insofern habe ich eigentlich die Hoffnung, dass wir es schaffen, auch dieses Signal auszusenden in Bezug auf zukünftig pädagogisch Tätige. Es darf sich eigentlich niemand mehr komplett aus dem Thema herausnehmen. Also meine Idee ist tatsächlich: Es darf zukünftig niemand mehr sagen: ›Das ist nicht mein Thema, und ich bin dafür nicht ausgebildet.‹ Wir müssen versuchen, alle pädagogischen Fachkräfte auf die Inklusion vorzubereiten.« Rudolf Tippelt: »Es ist wichtig, dass wir

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