Inklusive Bildung. Группа авторов

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jedoch in kooperative Zusammenhänge einsteigen und dann ist die Frage: ›Wie gelingt das?‹ Was sind Gelingensbedingungen für die Kooperation, gerade in multiprofessionellen Teams?‹« Rudolf Tippelt: »Ich möchte einmal vorpreschen mit einem Sachverhalt, der aus der Weiterbildung kommt. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir nicht die einzelnen Gruppen in Sonderfortbildungen schicken, zum Thema Autismus beispielsweise. Da lernen sie bestimmt ganz viel. Oder zu Themen wie Lernbehinderung oder Verhaltensstörung oder Sprachstörung. Das ist eine bestimmte Form von Weiterbildung, die schon viel praktiziert wird in den Schulen oder generell in pädagogischen Einrichtungen. Diese Form der Fortbildung ist aber noch nicht stark genug, denn unter diesem Gesichtspunkt der inklusiven Bildung ist Fortbildung als Teamfortbildung angelegt: in Teams zusammen fallbasiert arbeiten lassen, über einen Fall gemeinsam nachdenken und die verschiedenen Perspektiven sichtbar werden lassen. Man sollte also in der Weiterbildung und Fortbildung die pädagogischen Fachkräfte nicht wieder auseinanderdividieren, wie schon in der Ausbildung. Auch hier sollte durchaus stärker verzahnt werden, es soll Brücken geben, wie wir vorhin sagten. Das halte ich für sehr wichtig. Aber in der Fortbildung, in den verschiedenen pädagogischen Einrichtungen auf allen Ebenen, da glaube ich, ist das fallbasierte Nachdenken über die Entwicklungsfortschritte, über die nächsten Interventionen, extrem wichtig und zwar gemeinsam, getragen von den verschiedenen Gruppen, die dann jeweils betroffen sind. Also das halte ich für eine Voraussetzung für gelingende Kooperation.« Ewald Kiel: »Ich denke, dass für Teams, insbesondere für multiprofessionelle Teams, dasselbe gilt wie für Teams in der Wirtschaft. Die Formen der Kooperation gelingen in unterschiedlichen Kontexten unter denselben Bedingungen. Es ist zum Beispiel nur bedingt die Frage, welche Hierarchie ein Team benötigt. Aber ein Team braucht Regeln. Ein regelloses Team, wo alle nicht-hierarchisch miteinander kommunizieren, ich hab’ das vorhin schon angedeutet, und wo jeder einen Platzkampf führt um die Frage, wer jetzt der kompetentere ist, ist nicht produktiv. Also das heißt, Teams brauchen eine Organisationsstruktur, die Kompetenzen müssen deutlich sein, wir brauchen Transparenz, wie Prozesse in Teams zustande kommen und wir brauchen auch so etwas wie Gratifikationen. Teams leben auch von Gratifikationen. Es geht also auch darum, dass wir eine Gratifikationsstruktur in den Teams haben. Wenn jetzt zum Beispiel der Sozialpädagoge immer übergangen wird, dann wird er keine Lust mehr haben, dort in diesem Bereich mitzuarbeiten. Und diese Idee der Transparenz, der Organisation, der Regel, der Struktur, der Gratifikation, gilt für jedes Team, auch in der Wirtschaft. Und ich beharre noch einmal darauf: Es muss jemanden geben, der das letzte Wort hat. Sonst funktionieren Teams nicht. Das ist meine Erfahrung in den Schulentwicklungsprozessen, die ich in München immer wieder mache. Es kann nicht immer so sein, dass wir sagen ›Wir sind alle gleich‹ und ›Wir sind alle nett zueinander‹ und ähnliches. Das sind wir dann nämlich nicht. Es gibt eine Letztverantwortung in einem Team und die muss auch geregelt sein.« Ulrich Heimlich: »Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es auch unsere Erfahrung in der Begleitung von inklusiven Schulen, zum Beispiel in unserem Begleitforschungsprojekt zur inklusiven Schulentwicklung hier in Bayern, war, dass die Schulleitung eine ganz entscheidende Rolle spielt. Und das gilt auch für Kindertageseinrichtungen. Leitungen von Einrichtungen können viele Impulse setzen, können Mitarbeiter unterstützen, können auch Strukturen schaffen und insgesamt eine positive Konnotation schaffen für das Thema Inklusion oder auch nicht. Und insofern ist das auch eine ganz interessante Gruppe im Sinne der Begleitung und auch im Sinne der Weiterbildung.« Ewald Kiel: »Noch ein wichtiger Punkt dazu. Wenn ich das noch sagen darf, das Thema Qualifikation. Wir haben ja gerade in inklusiven Schulen Schulbegleiter. Das ist für mich ein großes Thema, dass Schulbegleiter häufig nicht qualifiziert sind für das, was sie tun. Auch in den Analysen, die ich gerade angesprochen habe, schildert ein Sonderpädagoge beispielsweise: ›Dann gibt es Paul, arbeitsloser Grafiker, sechzig Jahre alt, Schamane. Und Paul fühlt sich in der Lage, mit Autisten umzugehen. Das halte ich nicht für gut. Also dieser Paul darf nicht in die Schule, und das ist eine Schwierigkeit‹. Teams funktionieren auch nur, wenn ein Kompetenzlevel vorhanden ist, das von allen in ihren Bereichen jeweils gegenseitig akzeptiert wird. Und für mich ist zum Beispiel die Schulbegleitung ein ganz kritischer Punkt in multiprofessionellen Teams. Ich finde, es ist eine Schande, dass es dafür keine vernünftige Qualifikation gibt.« Ulrich Heimlich: »Es ist sicherlich ein riesiges Problem, woran dringend gearbeitet werden müsste, an der Qualifikation.« Rudolf Tippelt: »Die Bedeutung der Leitung von Bildungseinrichtungen kann ich auch noch einmal unterstreichen. Ich glaube, wir brauchen bestimmte Leitungsstile oder Führungsstile, wir würden es theoretisch transformationale oder ethikorientierte Führungsstile nennen. Der Grundgedanke ist dabei, dass die Mitarbeiter, und übrigens auch die Eltern, eine Rolle spielen für den Ablauf in der jeweiligen pädagogischen Einrichtung. Und, was mir für Leitungen besonders wichtig ist, gerade im Kontext von inklusiver Bildung, dass es nicht nur in einer Einrichtung und in diesen Teams, möglicherweise auch multiprofessionellen Teams, darum geht, das Wissen über Störungen, über Benachteiligungen, über Behinderungen zu erhöhen. Es geht auch darum, mit den Haltungen, mit den Einstellungen, mit den Ängsten der Mitarbeiter zu arbeiten. Das gilt übrigens auch im Umgang mit den problematischen Haltungen, die man sich dann auch eingesteht, es darf kein Tabu geben, dass jemand sagt: ›Der macht mir Angst, wenn der hereinkommt.‹ Das muss man einmal sagen können, aber das muss bearbeitbar sein in einer Fortbildung, insbesondere in einer teamorientierten Fortbildung. Sonst haben wir so eine Werteglocke und lauter Tabus und da würden sich die Probleme nur aufsummieren. Also wir brauchen eine Stimmung, eine Atmosphäre, in der diese Tabus eingerissen werden, nicht akzeptiert werden, wo auch Ängste, wo auch problematische Haltungen zur Sprache kommen, ohne dass die Person gleich mit Nachteilen rechnen muss. Da geht es um Bearbeitung auch von solchen Haltungen, und das kann eine Leitung und eine Führung herbeiführen.« Ewald Kiel: »Und das ist zugleich eine große Gefahr, gerade im Bereich der Inklusion. Gerade wenn wir über das richtige Ethos reden nach dem Motto: ›Nein, Du hast noch nicht das richtige Bewusstsein, da musst du noch daran arbeiten.‹ Das hört man dann besonders gerne, diese Vorwurfshaltung. Und man darf ja nicht vergessen, der ganze Kontext, sowohl in der Praxis als auch in der universitären Ausbildung, ist extrem ideologisch aufgeladen. Es sind ja auch Kolleginnen und Kollegen unterwegs, die ein hohes Maß an Verachtung für andere haben, die nicht das richtige Bewusstsein haben. Wenn ich nur die beiden Richtungen ›full inclusion‹ versus …« Ulrich Heimlich: … ›responsible inclusion‹? … Ewald Kiel: » … ja genau, ›responsible inclusion‹ sehe, danke. Die einen sagen, wir müssen eine radikale Veränderung des Schulsystems haben. Es kann nur die Einheitsschule geben: gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand am gemeinsamen Ort – unbedingt unter jeder Voraussetzung. Oder auf der anderen Seite Positionen, wie die des Kollegen Hillenbrand in Oldenburg, der sagt, ich kann eigentlich in jedem Schulsystem Inklusion und Förderung betreiben. Und diese ideologischen Kämpfe, die wir zur Zeit haben, die mich sehr ärgern, sind nicht förderlich für diesen Kontext, um Inklusion weiterzuentwickeln. Das muss ich deutlich sagen.« Ulrich Heimlich: »Ich denke auch, dass diese Debatte absolut kontraproduktiv ist. Daran krankt die bundesdeutsche Diskussion zur inklusiven Bildung ein bisschen. Wir diskutieren absolut einseitig auf einer konzeptionellen Ebene, auf einer Ebene von Zielvorstellungen und Sollzuständen. Aber wir müssen auch ganz ungeschminkt in die Praxis gucken und die Frage der praktischen Umsetzbarkeit und Umsetzung anschauen. Dieses Spannungsverhältnis wird häufig außer Kraft gesetzt und es wird häufig in eins gesetzt. Es wird über Konzepte gesprochen und es wird so getan, als ob die schulische Realität oder die Realität in Bildungseinrichtungen damit schon gleichzusetzen ist. Das ist sie aber nicht. Und man muss offensichtlich, da wären wir auch wieder bei professionellen Kompetenzen, man muss dieses

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