Das Geheimnis der gelben Narzissen. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Das Geheimnis der gelben Narzissen - Edgar Wallace страница 4
Mr. Lyne lächelte geschmeichelt.
»Es wird Sie interessieren, Mr. Tarling, daß ich hierin selbst einige Kenntnisse, ja ich möchte sogar sagen, daß ich Beziehungen zur Verbrecherwelt habe. Sie wissen vielleicht, daß ich so einen unglücklichen Menschen in gewisser Weise betreue. Ich habe in den letzten vier Jahren alles mögliche versucht, um ihn zu bessern. In einigen Tagen kommt er wieder einmal aus dem Gefängnis. Ich habe diese ganze Mühe auf mich genommen«, sagte er bescheiden, »weil ich fühle, daß es die Pflicht gerade der Leute ist, die sich in glücklicher Vermögenslage befinden, anderen zu helfen, die nicht dieselben günstigen Bedingungen in dem harten Kampf ums Dasein haben.«
Auf Tarling machten diese Worte keinen Eindruck.
»Wissen Sie, wer Sie dauernd bestohlen hat?« fragte er kurz.
»Ich habe allen Grund anzunehmen, daß es ein junges Mädchen ist. Ich war gezwungen, sie heute ohne Kündigung zu entlassen, und ich möchte Sie bitten, sie zu überwachen.«
Der Detektiv nickte.
»Das ist eine verhältnismäßig einfache Sache.« Ein schwaches Lächeln huschte über seine Züge. »Haben Sie denn in Ihrem großen Geschäft nicht einen Privatdetektiv angestellt, der sich dieser Sache widmen könnte? Ich kümmere mich wirklich nicht um so kleine Diebstähle. Als ich hierherkam, dachte ich, daß es sich um eine größere Aufgabe handelte.« Er sprach nicht weiter, da es unmöglich war, in Gegenwart Milburghs mehr zu sagen.
»Ihnen mag die Sache klein erscheinen, aber mir ist sie sehr wichtig«, entgegnete Mr. Lyne ernst. »Hier ist ein Mädchen, das in hohem Ansehen bei allen Mitangestellten steht und infolgedessen einen großen Einfluß auf deren moralische Ansichten hat. Sie hat wahrscheinlich dauernd die Bücher gefälscht und die Firma um Geld betrogen und hat dabei immer Wohlwollen und Achtung von allen Seiten genossen. Offenbar ist sie noch viel gefährlicher als irgendein anderer armer Verbrecher, der einer augenblicklichen Versuchung erliegt. Meiner Meinung nach wäre es nötig, mit ihr einmal ein Exempel zu statuieren, aber ich muß Ihnen offen gestehen, Mr. Tarling, daß ich nicht genügend Beweise in der Hand habe, um sie zu überführen. Sonst hätte ich mich nicht an Sie gewandt.«
»Ach, ich soll erst das Material zusammenstellen?« fragte Mr. Tarling neugierig.
»Wer ist denn die Dame, um die es sich handelt?« fragte Milburgh.
»Miss Rider«, antwortete Mr. Lyne düster.
»Miss Rider!« Milburgh machte ein äußerst erstauntes Gesicht.
»Miss Rider -ach nein, das ist doch ganz unmöglich!«
»Warum soll das unmöglich sein?« fragte Lyne scharf.
»Na ja, verzeihen Sie -ich meinte nur«, stammelte der Geschäftsführer. »Das sieht ihr doch gar nicht ähnlich. Sie ist solch ein nettes Mädchen.«
Thornton Lyne sah ihn argwöhnisch von der Seite an.
»Haben Sie irgendeinen besonderen Grund, Miss Rider in Schutz zu nehmen?« fragte er kühl.
»Nein, Mr. Lyne, ganz und gar nicht. Ich bitte Sie, nichts dergleichen anzunehmen«, sagte Mr. Milburgh etwas aufgeregt, »es kommt mir nur so -ungewöhnlich vor.«
»Alles ist ungewöhnlich, was sich nicht mit dem gewohnten Lauf der Dinge vereinigen läßt«, fuhr ihn Lyne an. »Es wäre zum Beispiel nicht sehr merkwürdig, wenn Sie des Diebstahls angeklagt würden, Milburgh. Wäre es nicht sonderbar, wenn wir entdeckten, daß Sie im Jahr fünftausend Pfund ausgeben, während Ihr Gehalt nur neunhundert Pfund beträgt?«
Nur eine Sekunde lang verlor Milburgh seine Selbstbeherrschung. Die Hand, mit der er sich über die Stirn fuhr, zitterte. Tarling, der ununterbrochen sein Gesicht beobachtete, sah, welche große Anstrengungen er machte, um seine Haltung nicht zu verlieren.
»Ja, Mr. Lyne, das wäre allerdings sehr merkwürdig«, sagte Milburgh jetzt mit fester Stimme.
Lyne redete sich immer mehr in Wut, und wenn seine scharfen Worte auch an Milburgh gerichtet waren, meinte er in Gedanken doch das stolze, hochfahrende Mädchen mit den zornigen Augen, das ihn in seinem eigenen Büro so verächtlich behandelt hatte.
»Es wäre doch merkwürdig, wenn Sie zu Gefängnis verurteilt würden, weil ich entdeckt hätte, daß Sie die Firma seit Jahren betrügen«, fuhr er erregt fort. »Ich bin überzeugt, daß alle Angestellten dasselbe sagen würden wie Sie -›sehr merkwürdig‹!«
»Das möchte ich auch sagen«, erklärte Milburgh mit seinem alten gewohnten Lächeln. »Das würde merkwürdig klingen und merkwürdig sein, und niemand wäre mehr überrascht als das unglückliche Opfer.« Dann lachte er aus vollem Halse.
»Vielleicht auch nicht«, sagte Lyne kühl. »Ich möchte hier nur kurz in Ihrer Gegenwart ein paar Worte wiederholen, bitte, passen Sie genau auf. Sie haben sich schon seit einem Monat bei mir darüber beklagt« - Lyne betonte jedes Wort -, »daß kleine Beträge in der Kasse fehlten.«
Es war äußerst kühn, das zu behaupten, es war in gewisser Weise waghalsig. Der Erfolg seines schnell entworfenen Planes hing nicht nur von Milburghs Schuld, sondern ebenso von Milburghs Neigung ab, seine Schuld auch einzugestehen. Wenn sein Geschäftsführer nichts gegen die falsche Behauptung sagte, gab er damit seine eigenen Verfehlungen zu. Tarling, dem die Unterhaltung zuerst unverständlich war, begann jetzt dunkel zu ahnen, worauf Lyne hinauswollte.
»Ich hab' mich bei Ihnen beklagt, daß im letzten Monat Geldbeträge gefehlt haben?« fragte Milburgh erstaunt.
Er lächelte nicht mehr, und sein Gesicht sah plötzlich verstört aus -er war in die Enge getrieben.
»Ja, das sagte ich eben«, entgegnete Lyne und beobachtete ihn.
»Entspricht das nicht den Tatsachen?«
Nach einer langen Pause nickte Milburgh.
»Ja, das stimmt«, erwiderte er schwach.
»Und Sie haben mir doch auch mitgeteilt, daß Sie Miss Rider in Verdacht haben, diese Unterschlagungen zu begehen?«
Wieder trat eine Pause ein, und wieder nickte Milburgh.
»Hören Sie es?« fragte Lyne triumphierend.
»Ja«, entgegnete Tarling gelassen. »Was soll ich denn aber bei dieser Sache tun? Das geht doch nur die Polizei an?«
Lyne zog die Augenbrauen zusammen.
»Wir müssen die Anzeige erst vorbereiten. Ich werde Ihnen alle Einzelheiten in die Hand geben: die Adresse der jungen Dame und alle Daten über ihre Person. Dann wird es Ihre Sache sein, uns solche Informationen zu verschaffen, daß wir den Fall Scotland Yard übergeben können.«
»Ich verstehe«, sagte Tarling und lächelte.
Aber dann schüttelte er den Kopf. »Ich kann mich mit dieser Sache nicht befassen, Mr. Lyne.«
»Warum nicht?« fragte Lyne erstaunt.
»Weil