Uwe Johnson. Bernd Neumann

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Uwe Johnson - Bernd Neumann eva digital

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in dem Walde, wo es donkel.

      Es verdienen alle Achtung

       solche, die Naturbetrachtung

       noch im Dunkeln unternehmen.

       Doch wenn nicht einmal die Sterne

       sichtbar sind in weiter Ferne,

       spricht man über andre Themen.

      Hierbei kann man viele Wissenschaften,

       wie z. B. Kü-dunkünste

       auf das gründlichste erlernen.

       Doch bei aller Pädagogik,

       die bezieht sich auf Erotik,

       muß ein dritter sich entfernen.

      Um das nicht mitanzusehen,

       wandte ich mich, wegzugehen

       davon ab, von Neid gepeinigt.

      Doch daß ihre edle Liebe

       (zu dem Lernen) Vorbild bliebe

       ewig nur, wird hier bescheinigt.

      »In Wessen Leben ging nicht einmal das Wunderbare, in tiefster Brust Bewahrte Geheimnis der Liebe auf!« (E.T.A. Hoffmann, Die Elixiere des Teufels, Band II)

      Der dies geschrieben hat, der hatte allerdings seinen Wilhelm Busch gelesen. Und blieb wie dieser im Rahmen des Erlaubten. Von Wedekindscher Jugend-Erotik sind diese Verse weit entfernt. Und doch starren sie gebannt auf »das Wunder der Liebe«, auf daß es sich ereignen möge im Kreis derer, die das gemeinschaftliche Lied verbindet:

      Ein Jüngling verliebte sich.

       In eine Jungfrau vom Sopran.

       Die Jungfrau arg verfärbte sich,

       als sie dies vernahm.

      Sie ward darob nicht so erfreut,

       wie es erwartet und ersehnt.

       Drum hat er in der Folgezeit

       entsetzlich oft gestöhnt.

      Doch hat er redlich sich bemüht

       und deutlich ihr gezeigt,

       sein Herz sei nur für sie erglüht.

       (Das wird von uns bezeugt.)

      Als eines Abends nun der Chor

       auf offener Bühne stand

       und sang dem Publikum was vor,

       er starrte an sie. Unverwandt!

      Und als der Chor zur Seite ging,

       da ist es dann geschehen:

       sein Auge an dem Mädchen hing

       und – einsam blieb er stehen.

      Das Publikum, das dieses sah,

       verriet, es sei entzückt.

       Der Jüngling war, daß dies geschah

       noch tagelang bedrückt.

      Ein großes Wunder ist die Liebe.

       Wobei nur zu erwähnen bliebe,

       daß sie oft wirkt auch lächerlich.

       Oh Jüngling! schütze deine Triebe,

      doch angestrengt darin dich übe,

       sie nicht zu zeigen öffentlich.

       Doch sei dir immerhin gedankt,

       daß du, indem du lachtest

       das Mädchen an (, das auch dir dankt)

       – die Leute zum Lachen brachtest!

      Das wirkt alles recht konform. Und dennoch enthalten Johnsons gereimte Chor-Gesänge bereits Elemente von Aufbruch und Rebellion. Vage lebt in ihnen bereits die Idee von einem anderen Leben, wie sie in diesen frühen fünfziger Jahren in der »Demokratischen Republik« immer deutlicher spürbar wurde. Von einer solchen Aufbruchszeit wird dann die Babendererde auf ihre Weise handeln. Die am Ende des Erstlings ihre Heimat verlassen, sie hören Jazz. Und auch das »Glaubensbekenntnis« des Abiturienten lautete, ungeachtet all seiner Tiraden gegen den »kosmopolitischen« Jazz im Abituraufsatz, schon damals:

      Glaubensbekenntnis

      Ja, der Boogie-Woogie, Blues,

       »Opus Two« und die Choo-Choos,

       kurz gesagt, der ganze Hot,

       sind für uns beinahe Gott.

      Niemand glaubt, wie wohl das tut,

       wenn wir fallen in the mood

       bei der schönen Litanei:

       wuwu-rabbadibaibom-bubai!

      Inschrift auf einem Schultisch:

       »Es wird einmal eine Zeit kommen, in der sich der Jazz entgegen allen Vorurteilen im kleinsten Ort durchgesetzt hat.« (sinngemäß)

      Drum wir üben in Geduld

       unsern Jazzanbetungskult (dschäs)

       mit der heil’gen Litanei:

       wuwu-

       rabbadibaibom-

       bubai!!

       (dadaaaa ...)

      Man mag die akustische Umsetzung der Jazz-Synkopen in Zweifel ziehen. Dennoch gesellt sich mit diesen Zeilen zum konformistischen Einerseits ganz entschieden das rebellische Andererseits. Daß der Prosaist Gedichte schrieb, hatte entscheidend mit der Gemeinschaft seiner Schulklasse zu tun. Das Prosawerk Uwe Johnsons hingegen, ob nun in der Babendererde oder im Abschlußband der Jahrestage, würde stets der Darstellung von Verlorenem, Unwiederbringlichem gelten, erinnert von einem exemplarisch Vereinzelten. Der bald schon in seiner unaufhebbaren Vereinzelung so entschieden moderne Autor Uwe Johnson ging hervor aus einer geradezu archaischen Gemeinschaftsbindung. Lebenslang wird es ihn nach Gemeinschaft verlangen, ihn, dessen literarische Lebensleistung nur möglich erschien aufgrund konsequentester Transzendierung gemeinschaftlicher Bindung. Darin auch liegt Johnsons sozialhistorischer Standort beschrieben. Wenn überhaupt ein Schriftsteller nach 1945, dann muß er als der Chronist jener rapiden Auflösung einer noch traditionsgeleiteten, agrarischen Gesellschaft gelten, zu der Hitler zurückwollte, die sich in Mecklenburg partiell erhalten hatte und die nach dem Zweiten Weltkrieg in die Vereinzelung der Moderne förmlich hineinexplodierte. Eine Bewegung, die auch den Lebensweg der Johnsonschen Figuren

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