Praxis Dr. Norden Box 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Wendys Augen sprühten Funken.
»Was sollte ich deiner Ansicht nach sonst tun? Ich kann ja schlecht so zum Tanzen gehen.« Sie deutete auf das petrolfarbene Shirt, das sie zur weißen Hose trug.
»Wenn es sein muss, dann schon. Auf jeden Fall sagst du nicht ab.«
Wendy stemmte die Hände in die Hüften. Ihr Brustkorb hob und senkte sich wie nach einem Sprint.
»Warum gehst du nicht zum Tanzkursus, wenn du so scharf darauf bist?«
»Weil der Chef dich eingeladen hat. Er wollte dir eine Freude machen. Schon vergessen?«
»Schöne Freude«, knurrte Wendy.
Janine holte tief Luft. Sie setzte ein Lächeln auf und legte den Arm um die Schulter ihrer Freundin.
»Wie lange ist es her, dass du zum letzten Mal beim Tanzen warst?« Schmeichelnd drückte sie ihre Wange an die ihrer Freundin und wagte ein paar Tanzschritte.
»Hundert Jahre. Mindestens.« Wendy hatte keine Wahl. Sie musste Janines Bewegungen folgen.
Wendys Ton machte Janine Mut.
»Dann kannst du dich ja gar nicht mehr daran erinnern, ob es dir Spaß macht oder nicht. Deshalb solltest du es unbedingt noch einmal ausprobieren.« Sie hielt den rechten Arm über den Kopf und nötigte Wendy zu einer Drehung.
»Aber ich habe nichts zum Anziehen«, jammerte die, als sie sich nach einer perfekten Pirouette wieder gegenüberstanden.
»Du hast ein wunderschönes rotes Kleid. Genau richtig für eine heiße Salsa«, lachte Janine und bedankte sich mit einer Verbeugung für die Showeinlage.
*
Von der Tanzeinlage in der Praxis bekamen die beiden Männer im Sprechzimmer nichts mit.
»Nehmen Sie Platz!«, forderte Danny Norden seinen Besucher auf und machte eine einladende Handbewegung.
Nach kurzem Zögern setzte sich Arndt Stein auf die äußerste Kante der blauen Besuchercouch. Er ließ den Kollegen nicht aus den Augen.
»Was gibt es denn so Geheimnisvolles, das mein Sohn nicht wissen darf?«
Im Gegensatz zu Arndt machte Danny es sich gemütlich.
»Ich habe den begründeten Verdacht, dass Ihr Sohn unter einer Essstörung leidet«, ließ er die Katze endlich aus dem Sack. »Maltes Laborwerte sind besorgniserregend. Wir haben es mit diversen Mangelerscheinungen zu tun.« Er beugte sich vor und reichte Arndt Stein die Ergebnisse der Laboruntersuchung, die Wendy für ihn ausgedruckt hatte.
»Essstörungen?«, wiederholte der Kollege, während er die Zahlenkolonnen überflog. »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte er schließlich und hob den Blick.
»Magersucht. Möglicherweise eine Bulimie …«
»Ausgeschlossen«, unterbrach Dr. Stein den Kollegen. »Ich würde es bemerken, wenn Malte abends nach dem Essen ins Bad verschwände.«
»Sie glauben gar nicht, wie erfinderisch junge Menschen sein können, wenn es darum geht, etwas zu vertuschen. Erinnern Sie sich doch an Ihre eigene Jugend. Die erste heimliche Zigarette. Der erste Rausch.«
Arndt zog eine Augenbraue hoch.
»Wenn Sie sich derart kindisch verhalten haben, ist das Ihre Sache. Ich habe so etwas nie getan.«
Danny fühlte das Blut in den Wangen. Er räusperte sich.
»Wie dem auch sei … Es kommt gar nicht so selten vor, dass Eltern solche Probleme nicht bemerken.«
Nun lehnte sich Arndt Stein doch zurück. Ohne Danny Norden aus den Augen zu lassen, schlug er die Beine übereinander und faltete die Hände.
»Haben Sie Kinder, Kollege Norden?«
»Einen Sohn. Er ist noch klein.«
»Dann können Sie sich vermutlich noch nicht vorstellen, dass mein Sohn und ich ein sehr vertrautes Verhältnis haben. Malte würde mir von seinen Problemen erzählen.«
»Es handelt sich …«
»Wie bereits erwähnt, haben wir keine Geheimnisse voreinander.«
Danny holte tief Luft.
»Es handelt sich lediglich um eine Vermutung, wenn auch um eine begründete. Ich möchte Sie bitten, mit mir zusammenzuarbeiten. Gemeinsam können wir die Wahrheit herausfinden.« Er dachte an das, was ihm der Vater im Behandlungszimmer erzählt hatte. »Denken Sie, dass Malte unter der Trennung von seiner Mutter leidet?«
Dr. Stein zog einen Mundwinkel hoch.
»Allein in Deutschland gibt es rund 1,5 Millionen alleinerziehende Mütter oder Väter. Sie wollen mir doch nicht im Ernst erzählen, dass alle diese Kinder automatisch traumatisiert sind und unter Essstörungen oder vergleichbaren Problemen leiden?«
Dr. Norden war daran gewöhnt, dass seine Geduld auf eine harte Probe gestellt wurde. Von einem Kollegen hatte er dieses Verhalten allerdings nicht erwartet.
»Wir sprechen aber nicht von all den anderen Scheidungswaisen. Im Augenblick geht es nur um Malte. Ich möchte herausfinden, was ihm fehlt.«
Arndt Stein stellte beide Beine auf den Boden und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel.
»Selbst wenn mein Sohn eine Essstörung hätte, wäre das eine Sache zwischen Malte und mir.« Er ließ den jungen Kollegen nicht aus den Augen. »Oder wollen Sie mir unterstellen, dass ich als alleinerziehender Vater überfordert bin?«
Daher also wehte der Wind! Danny Norden hätte es wissen müssen.
»Es tut mir leid. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
»Dann sollten Sie in Zukunft vorher darüber nachdenken, wie Sie ein derart heikles Gespräch führen.« Arndt Stein erhob sich. »Ich bringe Malte jetzt nach Hause. Vielen Dank für Ihre Bemühungen, Herr Doktor Norden.«
*
»Mein Vater war mal wieder superpeinlich.« Malte Stein lag auf der Behandlungsliege und drückte das Mobiltelefon ans Ohr. Seine leuchtend roten Wangen verrieten, dass er nicht mit seinem besten Freund Kurt telefonierte. »Stell dir vor: Er hat dem Arzt unsere ganze Familiengeschichte ins Ohr gedrückt. Als ob es einen Außenstehenden interessieren würde, dass Mama depressiv ist.«
Schon vor mehr als einer Stunde hatte sich Antonie von ihrer Freundin Nele verabschiedet und war nach Hause gegangen. Nun schaukelte sie in der Hängematte im Garten und ließ sich die letzten Sonnenstrahlen ins Gesicht scheinen. Lichtflecken tanzten vor ihren geschlossenen Lidern, während sie über Maltes Worte nachdachte.
»Vielleicht leidet er viel mehr unter der Trennung von deiner Mutter, als er zugeben mag«, gab sie zu bedenken.
»Früher vielleicht. Aber jetzt nicht mehr, wo er die neue