Ohne Gnade. Helmut Ortner

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immer als stauros, was nichts anderes als Pfahl bedeutet, und auch bei den Römern hieß es arbor infelix, der „Unglücksbaum“, was beides deutlich auf seine Herkunft verweist.

      Im Orient wurde der Pfahl dazu verwendet, den Delinquenten aufzuspießen. „Auf das Kreuz setzen“ nannten antike Autoren diese bestialische Hinrichtungsart, bei der dem Verurteilten der zugespitzte Pfahl durch den Anus in den Leib getrieben wurde. Danach richtete man den Pfahl auf und steckte ihn in die Erde. Die unglaubliche Quälerei fand erst ein Ende, wenn der Unglückliche von den natürlichen Elementen erlöst wurde. Warum aber ein Kreuz – woher kommt es? Im alten Ägypten galt es als Symbol des ewigen Lebens, in Herculaneum, dem von der Lava des Vesuvs im Jahre 79 nach Christus verschütteten Ort, wurde es schon früh als Wandzeichen entdeckt. Ein heidnisches Symbol? Erst das Christentum aber erfüllte es mit religiösem Gehalt: ein einfaches, sinnfälliges Zeichen, das Aufbruch und Nähe zu Gott symbolisiert. So ist eines der fürchterlichsten Hinrichtungsinstrumente zum Symbol von Liebe und Vergebung geworden.

      Kreuz und Galgen stammen gewissermaßen von den gleichen Wurzeln. Schon im Altertum war das Hängen als Todesstrafe weit verbreitet, denn Bäume gab es überall. Hängen galt als ehrlos und schändlich, weshalb es im Mittelalter zur meistgebrauchten Todesstrafe für Diebe wurde. Wie häufig diese Strafe ausgesprochen und vollstreckt wurde, mag ein Beispiel erhellen: Als im Jahre 1471 in Augsburg die Gruben unter dem Galgen geöffnet wurden, fand man 250 Schädel von Gehenkten, während gleichzeitig noch 32 Diebe am Galgen hingen.

      Zum Hängen gebrauchte man ein Hanfseil, mitunter eine Kette. An den Galgen wurden zwei Leitern angelegt, der Henker befestigte die Schlinge am Galgenhaken, dann stiegen er und der Verurteilte die Leitern hinauf. Oben angekommen, legte der Henker dem Verurteilten die Schlinge um den Hals, stieg herab und stieß die Leiter, auf welcher der Todeskandidat stand, um, so dass dieser frei in der Luft hing. Die Schlinge zog sich durch die Körperschwere zusammen, verschloss die Luftröhre und Blutgefäße, wodurch der Tod eintrat. Noch qualvoller war das Hochziehen am Galgen. Dem am Boden stehenden Verurteilten wurde die Schlinge eines längeren Seils um den Hals gelegt, das Seil über den Galgen geworfen oder durch den Galgenhaken geführt. Dann wurde der Delinquent von den Henkersknechten oder einem Pferd in die Höhe gezogen. Der Tod trat bei dieser Methode langsamer ein als beim Herabstoßen von der Leiter.

      Während Enthauptete ein Begräbnis erhielten, mussten Gehängte häufig so lange am Galgen verbleiben, bis sie von allein hinunterfielen, also der Zersetzungsprozess so weit fortgeschritten war, dass der Körper zerfiel. Die heimliche Abnahme des Leichnams vom Galgen, z. B. durch Verwandte, war verboten und galt als Eingriff in das Strafritual, denn das Hängenlassen des Leichnams am Galgen war Bestandteil der Strafe. Das war auch der Grund, weshalb Hängen als ehrlos und schändlich galt. Es gab weitere Strafverschärfungen, etwa das Aufhängen an den Füßen und das Hängen gemeinsam mit Hunden. Bei Ersterem wurde der Delinquent an den Füßen mit dem Kopf nach unten aufgehängt. Der Tod trat erst nach vielen Stunden, manchmal sogar erst nach Tagen ein. Das Hängen mit Hunden war eine schimpfliche Beigabe und sollte den schlechten Charakter des Verbrechers symbolisieren.

      Der Galgen des Altertums war der Ast eines Baumes. Dafür benutzte man nach Möglichkeit abgestorbene, laubfreie Bäume. Nach den religiösen Vorstellungen der damaligen Zeit ging vom leblosen Baum lebenshemmende Kraft, also Kraft zum Töten, aus. Der zum Hängen auserwählte Baum galt als Opferbaum, denn der nordische Gott Odin, Windgott und Herr über Leben und Tod, starb an einem Baum. Auch das Kreuz, an dem Christus starb, war ein künstlich geschaffener Baum. Nach damaligem Glauben nahm der Baum oder Galgen alle geheimen Kräfte des Gehenkten in sich auf, die heiligen des Geopferten (Christus) wie die bösen des Verbrechers. Daraus ist auch die Furcht vor der Berührung des Galgens zu erklären, bestand doch die Gefahr, von den in ihm schlummernden bösen Kräften ergriffen zu werden.

      Im Frühmittelalter wurde die Errichtung künstlicher Galgen von Kaiser Karl dem Großen angeordnet. Meist bestanden sie aus zwei senkrecht stehenden Pfosten mit einem Querholz darüber. Später wurden dreibeinige Galgen üblich. Drei senkrechte Pfeiler standen im Dreieck und waren durch Querbalken miteinander verbunden. Oft hatte der Galgen einen erhöhten steinernen Sockel als Unterbau, oder auch die Pfosten selbst waren Steinsäulen. Es gab auch Galgen, auf deren Querbalken nochmals ein Galgen aufgebaut war, für die verschärfte Strafe des Höherhängens. So wurde bei Aburteilung einer Räuberbande der Anführer an dem erhöhten Galgen gehenkt, seine Mittäter unter ihm.

      Der Galgen war das Zeichen der Hochgerichtsbarkeit. Daraus mag es sich erklären, dass er weit sichtbar auf einer Anhöhe stand und besonders dauerhaft hergestellt war. Diese Sichtbarmachung diente auch der Abschreckung. Andere Standorte waren die Heerstraße oder die Wegscheide. Die Namen von Flurstücken oder Hügeln (Galgenwiese, Galgenberg) zeugen heute noch vom Standort des Galgens.

      Die Errichtung des Galgens war Sache der Obrigkeit. Weil die Berührung des Galgens ehrlos machte, weigerten sich die Handwerker oft, die notwendigen Arbeiten auszuführen, da sie von ihren Zünften deshalb bestraft oder ausgeschlossen wurden. Es kam daher zu heute merkwürdig anmutenden Gebräuchen. Damit niemand wegen seiner Mitarbeit am Bau des Galgens von anderen verunglimpft werden konnte, hatten alle Gilden und Zünfte mitzuwirken. Unter den Klängen einer Musik zogen alle gemeinsam hinaus zur Richtstätte. Die Maurer und Zimmerleute machten zwar die Hauptarbeit, die anderen aber, z. B. die Kaufleute, leisteten symbolisch Hilfe durch Zureichen von Holz oder Steinen, selbst der Richter legte mit Hand an. Am Ende ging es zurück in die Stadt zu einem gemeinsamen Mahl. Zu den reinen Kosten für den Bau kamen somit auch die Kosten für das Mahl. Alte Abrechnungen belegen, dass die Nebenkosten für Musik und Essen häufig die eigentlichen Baukosten überschritten.

      Als eine Variante des Galgens ist die Garrotte bekannt, ein Würgeeisen. Dieses Strafinstrument besteht aus einem Pfahl mit daran befestigtem Sitz und Fesselungsvorrichtungen sowie einer in Halshöhe angebrachten Eisenklammer. Der Verurteilte muss sich auf dem Sitzbrett niederlassen und wird angeschnallt. Dann legt sich die Eisenklammer um seinen Hals. Durch eine Schraubvorrichtung hinter dem Pfahl kann der Henker die Klammer anziehen, die den Delinquenten schließlich erwürgt. Die Garrotte war vor allem in Spanien und in den spanischen Kolonien in Gebrauch, aber auch in Portugal sowie einigen Ländern Mittelamerikas und auf den Philippinen. In Spanien war sie seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis hinein in die allerjüngste Vergangenheit – während der Franco-Diktatur – die am häufigsten angewandte Hinrichtungsart.

      Das Hängen ist die einzige und letzte der archaischen Hinrichtungsformen, die auch heute noch in zahlreichen Ländern praktiziert wird. In diesem Buch wird darauf noch verschiedentlich Bezug genommen.

      Die Unterscheidung der Enthauptung vom Hängen, Verbrennen, Ertränken und lebendig Begraben bestand darin, dass nicht den Naturkräften die Tötung des Verbrechers überlassen wurde, sondern von menschlicher Hand gefertigten und geführten Instrumenten. Die alten Todesurteile verlangten bei Enthauptung ausdrücklich, dass aus dem Verurteilten zwei Stücke zu machen seien und beide Teile so voneinander getrennt werden sollten, dass ein Zwischenraum entstand, um sicherzustellen, dass der Tod auch wirklich eingetreten war. Das hierzu meistgebrauchte Instrument war das Schwert, seit dem 16. Jahrhundert in der Ausführung als Zweihänder. Seltener wurde das Beil verwendet. Die Hinrichtung mit dem Schwert verlangte dem Scharfrichter die höchste Fertigkeit ab. Mit einem einzigen Hieb musste er zwischen zwei Halswirbeln hindurchtreffen und den Kopf vom Rumpf trennen. Wie leicht konnte er danebentreffen und musste dann ein zweites Mal zuschlagen. Das Misslingen einer Enthauptung kam öfter vor, und die Rechtsordnungen rechneten auch damit, denn sie betonten häufig die Unverletzlichkeit des Henkers und stellten ihre Missachtung unter schwere Strafe.

      Zeitgenössische bildliche Darstellungen von Hinrichtungen in früheren Zeiten geben einen weitaus besseren Einblick in die gehandhabte Praxis als überlieferte schriftliche Schilderungen. Sie zeigen meist folgendes Bild: Der Verurteilte kniet auf dem Erdboden oder auf einem besonderen Gerüst, die Hände gefesselt oder zum Gebet gefaltet. Das Hemd ist weit vom Hals weggezogen, der Nacken entblößt. Diese

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