C -Die vielen Leben des Kohlenstoffs. Dag Olav Hessen
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In diesem Zusammenhang könnte Synthia eine zentrale Rolle beim Aufbruch in eine neue Welt der synthetischen Biologie spielen.36 Zehn Jahre nach Clintons Pressestatement kam eine neue Medienmitteilung, dieses Mal aus Venters eigenem Forschungsinstitut (J. Craig Venter Institute): Der erste synthetische Organismus war erschaffen worden, und dieses Mal war offensichtlich, dass nicht Gott dahinter steckte. Synthia war ein künstlich geschaffenes Bakterium, aufgebaut aus den bekannten Page 72genetischen Bausteinen eines 1,08 Millionen Basenpaare großen Genoms. Venter selbst sagte dazu: «This is probably the first living creature on this planet whose parent is a computer.»
Synthia schuf in gewisser Weise eine Brücke zwischen dem Künstlichen und dem Natürlichen, und in der Tat zwischen Lebendigem und Unbelebtem. Es dauerte volle 15 Jahre, das Genom von Synthia zu erstellen, und diese Leistung stellt selbst die Errungenschaften der Polymerchemie in den Schatten. Von großer Bedeutung sind dabei vor allem die verschiedenen maßgeschneiderten Versionen von Synthia. Bakterien sind selbst in der Lage Polymere zu bilden. Sie erzeugen Bioplastik, Enzyme und Proteine, Antibiotika und Pigmente, um nur einige zu nennen. So wurde zum Beispiel schon vor vielen Jahren mittels Bakterien der Zugang zu Insulin revolutioniert. Die Gene für die menschliche Insulinproduktion wurden dafür in ein Bakterium implantiert, das die genetischen Instruktionen las und sogleich mit der Insulinproduktion begann. Ein beeindruckender Erfolg, auf lange Sicht aber erst der Anfang.
Durch die Justierung oder den Umbau des genetischen Codes der Bakterien können diese zu Biofabriken mit ungeheurem Produktionspotenzial werden. Bakterienkolonien verdoppeln sich unter guten Bedingungen mehrmals pro Stunde und würden – ohne Begrenzung – im Laufe weniger Tage ein Gewicht erreichen, das dem der Erde entspricht. Venter hat die große Vision, Bakterien zu nutzen, um die Probleme zu lösen, die unsere Energieproduktion für den Kohlenstoffkreislauf darstellt. Ein Beispiel dafür ist die massenhafte Produktion von bakteriellem Biobrennstoff, indem man die Fähigkeiten der Cyanobakterien nutzt, Wasserstoff aus dem Wassermolekül H2O abzuspalten. Und natürlich der ultimative Traum von einer biosynthetischen Photosynthese, die jede Solarzelle in den Schatten stellt. Gelingt es uns, die Page 73Bandbreite der benötigten Kohlenstoffprodukte mittels Bakterien herzustellen, welche als Ausgangsstoffe lediglich die unendlich zur Verfügung stehenden Ressourcen CO2, CH4, Wasser und Licht benötigen, verschaffen wir uns wenigstens mehr Zeit.
Synthias Nachkommen haben die Science-Fiction-Ecke längst verlassen und werden bereits in der Industrie genutzt. Die Ölgesellschaft Exxon Mobil hat erst kürzlich 600 Millionen Dollar in ein Projekt investiert, das Cyanobakterien designen soll, die CO2 einfangen und mittels Sonnenlicht in Bioenergie umwandeln. Die Gesellschaft Chevron investierte ihrerseits 25 Millionen Dollar in ein Projekt, bei dem durch eine Umprogrammierung des Bakteriums Escherichia coli Biomasse zersetzt und in Biotreibstoff umgewandelt werden soll.
Diese Art von synthetischer Biologie fällt in den Bereich der sogenannten Bioraffinerie. Diese wiederum ist ein Teil der rasch wachsenden Bioökonomie, in der die Kohlenstoffchemie die Grenzen zwischen Natur- und Kunststoffen immer mehr verschwimmen lässt. Bisher ist das Problem, dass Synthia, wie synthetisch die Herstellung auch gewesen sein mag, ein Lebewesen und kein Chip oder Datenstick ist. Das Leben ist instabil und braucht Nahrung und Pflege. Trotzdem gehe ich davon aus, dass viele von Venters Visionen Wirklichkeit werden können, wenn auch nicht in einem Zeitrahmen, der es uns erlaubt, uns entspannt zurückzulehnen und auf baldige Rettung zu vertrauen. Tatsächlich ist es alles andere als trivial, die geniale Fähigkeit der Pflanzen zu kopieren, Sonnenlicht in Energie in essbarer Form umzusetzen. Die gesamte Biofabrik findet Platz in den mikroskopisch kleinen Chloroplasten, und der Prozess ist beinahe so alt wie das Leben selbst. Trotzdem ist der Ablauf so komplex, dass wir bis heute nicht alle Komponenten verstanden haben und ihn folglich auch nicht kopieren können.
35Das Leben und der wissenschaftliche Werdegang von Craig Venter sind abenteuerlich und visionär: http://www.jcvi.org/cms/home/.
36Brautaset, T., Almaas, E. (2015): Syntetisk biologi, 270–302, in: Hessen et al. (Hrsg) Mendels arv. Genetikkens æra. Gyldendal.
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