Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 56

Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

die einen Kahn auf dem Flus­se, ein Schiff auf dem Mee­re, eine Müh­le in ei­ner Ebe­ne, einen Holz­hau­er im Wal­de dar­stell­ten, hin­gen in der Mit­te der vier Wän­de an Stri­cken ver­schie­de­ner Län­ge, und alle vier hin­gen schief. Man er­riet, dass sie wahr­schein­lich schon lan­ge so schief hin­gen un­ter den nach­läs­si­gen Au­gen der gleich­gül­ti­gen Be­sit­ze­rin.

      Du­roy setz­te sich und war­te­te. Er war­te­te lan­ge. End­lich öff­ne­te sich die Tür und Ma­da­me de Ma­rel­le trat ei­lig her­ein. Sie trug ein ja­pa­ni­sches Mor­gen­kleid aus rosa Sei­de, das mit gol­de­nen Land­schaf­ten, blau­en Blu­men und wei­ßen Vö­geln be­stickt war.

      »Den­ken Sie, ich war noch im Bett«, rief sie aus. »Das ist aber nett, dass Sie sich auch mal bei mir se­hen las­sen. Ich dach­te be­stimmt, Sie hät­ten mich ver­ges­sen.«

      Mit strah­len­dem Ge­sicht streck­te sie ihm bei­de Hän­de ent­ge­gen, und Du­roy, dem die ver­wahr­los­te Ein­rich­tung des Zim­mers sei­ne vol­le Si­cher­heit wie­der­gab, er­griff sie und küss­te die eine Hand, wie er es ein­mal von Nor­bert de Va­ren­ne ge­se­hen hat­te.

      Sie bat ihn, Platz zu neh­men. Dann mus­ter­te sie ihn vom Kopf bis zu den Fü­ßen und sag­te: »Sie ha­ben sich sehr zu Ihrem Vor­teil ver­än­dert. Pa­ris hat Ih­nen gut ge­tan. Er­zäh­len Sie mir, was gibt es Neu­es?«

      Da­mit be­gan­nen sie zu plau­dern, als ob sie alte Be­kann­te wä­ren. Und sie fühl­ten, wie zwi­schen ih­nen eine un­mit­tel­ba­re Ver­trau­lich­keit ent­stand, ein Über­strö­men von Zu­nei­gung, Herz­lich­keit und ge­gen­sei­ti­gem Ver­ständ­nis, das in we­ni­gen Mi­nu­ten zwei We­sen von glei­cher Art und Cha­rak­ter zu Freun­den macht. Plötz­lich stock­te die jun­ge Frau und rief ganz er­staunt:

      »Es ist merk­wür­dig, wie wir über­ein­stim­men. Mir ist’s, als ken­ne ich Sie seit zehn Jah­ren. Wir wer­den si­cher­lich gute Freun­de wer­den. Wol­len Sie?«

      »Aber na­tür­lich«, er­wi­der­te er mit viel­sa­gen­dem Lä­cheln.

      Er fand sie höchst ver­füh­re­risch in ih­rem wei­chen, leuch­ten­den Ge­wand, viel­leicht we­ni­ger zärt­lich und fein als Frau Fo­res­tier in ih­rem wei­ßen Mor­gen­kleid, we­ni­ger zier­lich und gra­zi­ös, da­für aber ent­zücken­der und auf­rei­zen­der.

      Bei Ma­da­me Fo­res­tier mit ih­rem un­ver­än­der­li­chen, zärt­li­chen Lä­cheln, das gleich­zei­tig an­zog und ab­stieß, das zu sa­gen schi­en »Du ge­fällst mir« und auch »Nimm dich in acht«, und des­sen wirk­li­chen Sinn er nie er­ra­ten konn­te, emp­fand er in ers­ter Li­nie das Be­dürf­nis, sich ihr zu Fü­ßen zu le­gen oder die zier­li­chen Spit­zen zu küs­sen, die ihre zar­te Haut be­deck­ten, und lang­sam den war­men, par­fü­mier­ten Duft ein­zuat­men, der von ih­rer Brust ström­te. Bei Ma­da­me de Ma­rel­le emp­fand er ein et­was bru­ta­le­res und be­stimm­te­res Ver­lan­gen, eine Be­gier­de, die sei­ne Fin­ger zu­cken ließ, wenn er die run­den For­men ih­res Kör­pers un­ter der leich­ten Sei­de sah.

      Sie sprach im­mer wei­ter, und fast aus je­dem Satz sprüh­te die­ser leich­te, geist­rei­che Witz, den sie so rou­ti­niert be­herrsch­te, wie ein Meis­ter sein Hand­werk be­herrscht und mit ei­nem rech­ten Griff eine schwie­ri­ge Ar­beit mit er­staun­li­cher Ge­wandt­heit aus­führt. Er hör­te zu und dach­te: »Das müss­te man sich mer­ken. Man könn­te die hüb­sche­s­ten Feuil­le­tons schrei­ben, wenn man sie über die Pa­ri­ser Ta­ge­s­er­eig­nis­se plau­dern hört.«

      Jetzt klopf­te es ganz lei­se an der Tür. Ma­da­me de Ma­rel­le rief:

      »Du kannst her­ein­kom­men, Klei­ne!«

      Das klei­ne Mäd­chen er­schi­en, ging di­rekt auf Du­roy zu und reich­te ihm die Hand.

      Die Mut­ter mur­mel­te er­staunt:

      »Das ist ja eine Erobe­rung. Ich er­ken­ne sie nicht wie­der.«

      Der jun­ge Mann küss­te das Kind, setz­te es ne­ben sich und er­kun­dig­te sich ernst und lie­bens­wür­dig nach al­lem, was es in der letz­ten Zeit ge­tan hat­te. Sie ant­wor­te­te mit ih­rer dün­nen Flö­ten­stim­me und mit der erns­ten Mie­ne ei­ner er­wach­se­nen Dame.

      Die Uhr schlug drei. Der Jour­na­list er­hob sich.

      »Kom­men Sie recht oft,« bat Ma­da­me de Ma­rel­le, »wir plau­dern dann wie heu­te. Sie wer­den mir stets will­kom­men sein. Aber warum sieht man Sie nie mehr bei Fo­res­tiers?«

      »Ein Zu­fall,« er­wi­der­te er, »ich hat­te so viel zu tun. Ich hof­fe aber, dass wir uns dem­nächst dort ein­mal wie­der tref­fen wer­den …«

      Und er ging, in­ner­lich vol­ler Hoff­nung, ohne recht zu wis­sen, warum.

      Fo­res­tier sag­te er nichts über die­sen Be­such, aber die Erin­ne­rung dar­an wich wäh­rend des gan­zen fol­gen­den Ta­ges nicht von ihm; es war mehr als bloß Erin­ne­rung, ein Ge­fühl der un­wirk­li­chen, an­dau­ern­den Ge­gen­wart die­ser Frau. Ihm war es, als hät­te er einen Teil von ihr fort­ge­tra­gen, als wäre das Bild ih­res Kör­pers in sei­nen Au­gen und der Reiz ih­res We­sens in sei­nem Her­zen ge­blie­ben. Und er blieb im Ban­ne die­ser Vor­stel­lung, wie es manch­mal ge­schieht, wenn man schö­ne Stun­den mit ei­nem Men­schen ver­bracht hat. Man meint dann, man wäre von et­was Fremd­ar­ti­gem, Hol­dem, Köst­li­chem voll­stän­dig ein­ge­nom­men, das umso ver­wir­ren­der und rei­zen­der er­scheint, je we­ni­ger wir es deu­ten kön­nen.

      Nach ein paar Ta­gen wie­der­hol­te er sei­nen Be­such.

      Die Zofe führ­te ihn in den Sa­lon und gleich dar­auf er­schi­en Lau­ri­ne. Sie hielt ihm nicht ihre Hand, son­dern ihre Stirn hin und sag­te:

      »Mama lässt Sie bit­ten, et­was zu war­ten. Es wird eine Vier­tel­stun­de dau­ern, denn sie ist noch nicht an­ge­zo­gen. Ich leis­te Ih­nen so­lan­ge Ge­sell­schaft.«

      Du­roy, dem das wür­di­ge Be­neh­men der Klei­nen Spaß mach­te, sag­te:

      »Vor­treff­lich, mein klei­nes Fräu­lein, ich bin ent­zückt, mit Ih­nen eine Vier­tel­stun­de zu ver­brin­gen. Aber ich muss Sie dar­auf auf­merk­sam ma­chen, dass ich gar nicht so ernst bin; ich spie­le den gan­zen Tag und schla­ge Ih­nen da­her vor, wir spie­len ein biss­chen Ha­schen.«

      Die Klei­ne schi­en zu­erst er­staunt, dann lä­chel­te sie wie eine Dame über die­sen Ein­fall, der sie ein biss­chen är­ger­te und ein biss­chen über­rasch­te und mur­mel­te:

      »Das Zim­mer ist nicht zum Spie­len ein­ge­rich­tet.«

      »Das ist mir ganz egal«, er­wi­der­te er. »Ich spie­le über­all. Also los! Ha­schen Sie mich!«

      Und er be­gann um den Tisch her­um­zu­lau­fen; sie folg­te ihm und lä­chel­te, als täte sie das nur aus Höf­lich­keit. Hin und wie­der streck­te sie die

Скачать книгу