Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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ohne die gan­ze Wahr­heit durch­bli­cken zu las­sen. Er war also völ­lig Herr der Si­tua­ti­on.

      Das klei­ne Dienst­mäd­chen öff­ne­te die Tür und hat­te einen Ge­sichts­aus­druck wie im­mer. Ihr war nichts an­zu­se­hen, denn fast hat­te er er­war­tet, dass das Dienst­mäd­chen auch ein ver­stör­tes Aus­se­hen zur Schau tra­gen wür­de.

      »Geht es der gnä­di­gen Frau gut?« frag­te er.

      »Ja­wohl, mein Herr,« ant­wor­te­te sie, »wie im­mer.«

      Sie ließ ihn in den Sa­lon hin­ein. Er ging di­rekt auf den Ka­min zu, um den Zu­stand sei­ner Fri­sur und sei­nes An­zugs zu prü­fen. Er zog sich die Kra­wat­te vor dem Spie­gel zu­recht und sah in die­sem die jun­ge Frau, die an der Schwel­le ih­res Zim­mers stand und ihn an­schau­te.

      Er tat so, als be­mer­ke er sie nicht, und so be­ob­ach­te­ten sie sich erst ein­an­der prü­fend eine Zeit lang durch den Spie­gel, ehe sie sich ge­gen­über­tra­ten. Nun dreh­te er sich um. Sie rühr­te sich nicht und schi­en zu war­ten.

      Er eil­te auf sie zu und stam­mel­te:

      »Wie ich Sie lie­be! Wie ich Sie lie­be!«

      Sie öff­ne­te die Arme und sie küss­ten sich lan­ge.

      Er dach­te: »Das war leich­ter, als ich ge­glaubt hat­te, die Sa­che klappt aus­ge­zeich­net!«

      Und als ihre Lip­pen sich ge­trennt hat­ten, lä­chel­te er, ohne ein Wort zu sa­gen, und ver­such­te, in sei­ne Bli­cke den Aus­druck ei­ner un­end­li­chen Lie­be hin­ein­zu­le­gen. Sie lä­chel­te gleich­falls mit je­nem Lä­cheln, das die Frau­en ha­ben, wenn sie ihr Ver­lan­gen, ihre Zu­stim­mung, ih­ren Wil­len zur Hin­ga­be aus­drücken wol­len. Sie sag­te lei­se:

      »Wir sind al­lein. Ich habe Lau­ri­ne zu ei­ner Freun­din zum Früh­stück ge­schickt.«

      Er küss­te ihre Hand­ge­len­ke und seufz­te:

      »Dan­ke. Ich lie­be Sie über al­les!«

      Sie nahm ihn am Arm, als ob er ihr Gat­te wäre, und sie gin­gen zum Sofa, wo sie sich ne­ben­ein­an­der hin­setz­ten.

      Er ver­such­te eine leich­te und an­ge­neh­me Un­ter­hal­tung an­zu­fan­gen. Da er je­doch kei­ne Aus­drücke fand, stam­mel­te er:

      »Also … Sie sind mir nicht böse?«

      Sie leg­te ihm ihre Hand auf den Mund:

      »Sei doch still.«

      Und so sa­ßen sie schwei­gend, die Bli­cke in­ein­an­der ver­senkt, mit ver­schlun­ge­nen Hän­den, lie­be­be­dürf­tig und glü­hend vor Ver­lan­gen.

      »Wie heiß habe ich Sie be­gehrt!« sag­te er.

      »Sei doch still!« wie­der­hol­te sie.

      Man hör­te das Mäd­chen im Ess­zim­mer hin­ter der Wand mit dem Ge­schirr klap­pern.

      Er stand auf. »Ich kann nicht so dicht ne­ben Ih­nen blei­ben, sonst ver­lie­re ich den Kopf.«

      Die Tür ging auf.

      »Es ist an­ge­rich­tet, gnä­di­ge Frau!«

      Du­roy bot der jun­gen Dame mit Wür­de den Arm. Sie sa­ßen sich bei Tisch ge­gen­über; sie sa­hen sich an und lä­chel­ten ein­an­der im­mer­fort zu, ganz mit­ein­an­der be­schäf­tigt und ganz um­fan­gen von dem sü­ßen Zau­ber auf­blü­hen­der Lei­den­schaft. Sie aßen, ohne zu mer­ken, was. Er fühl­te einen Fuß, einen klei­nen Fuß, der un­ter dem Tisch sich reg­te. Er nahm ihn zwi­schen die sei­nen, hielt ihn fest und drück­te ihn, so stark er konn­te. Das Mäd­chen kam und ging, brach­te die Spei­sen und trug sie wie­der ab, ohne dass sie ir­gen­det­was zu mer­ken schi­en.

      Als die Mahl­zeit be­en­det war, kehr­ten sie in den Sa­lon zu­rück und setz­ten sich wie­der auf das Sofa, Sei­te an Sei­te. Er woll­te zärt­lich sein und sie um­ar­men; sie wies ihn sanft zu­rück.

      »Neh­men Sie sich in acht, man könn­te her­ein­kom­men.«

      Er frag­te: »Wann könn­te ich Sie ganz al­lein se­hen, um Ih­nen zu sa­gen, wie sehr ich Sie lie­be?«

      Sie neig­te sich zu ihm hin und sag­te ihm ganz lei­se ins Ohr:

      »Ich kom­me in den nächs­ten Ta­gen ein­mal zu Ih­nen.«

      Er fühl­te, wie er rot wur­de.

      »Zu mir? … Es ist … ja so … ich mei­ne nur… es ist sehr be­schei­den.«

      Sie lä­chel­te. »Das tut nichts, ich will Sie be­su­chen und nicht Ihre Woh­nung.«

      Nun dräng­te er sie, zu sa­gen, wann sie kom­men wür­de. Sie be­stimm­te einen der letz­ten Tage der nächs­ten Wo­che; er fleh­te sie an, frü­her zu kom­men, mit stam­meln­den Wor­ten und leuch­ten­den Au­gen, wäh­rend er ihre Hän­de strei­chel­te, drück­te und press­te. Sein Ge­sicht glüh­te fie­ber­haft, ver­zerrt von Ver­lan­gen, das ei­ner Mahl­zeit zu zwei­en zu fol­gen pflegt. Es mach­te ihr Spaß, sein glü­hen­des Bit­ten zu se­hen und zu hö­ren und sie ging einen Tag nach dem an­de­ren zu­rück. Aber er wie­der­hol­te im­mer­fort:

      »Mor­gen … Sa­gen Sie … mor­gen.«

      End­lich wil­lig­te sie ein. »Gut, also mor­gen, um fünf.«

      Freu­dig und er­leich­tert seufz­te er auf und nun plau­der­ten sie wie­der ganz ru­hig; sie wa­ren so ver­traut mit­ein­an­der, als hät­ten sie sich be­reits seit zwan­zig Jah­ren ge­kannt.

      Ein Klin­gel­zei­chen er­tön­te; mit ei­nem Ruck fuh­ren sie aus­ein­an­der.

      »Es wird wohl Lau­ri­ne sein«, flüs­ter­te sie.

      Das Kind er­schi­en, blieb einen Au­gen­blick er­staunt ste­hen und lief dann hän­de­klat­schend auf Du­roy zu. Als sie ihn sah, war sie au­ßer sich vor Freu­de und rief:

      »Ah, mein Bel-Ami.«

      Ma­da­me de Ma­rel­le be­gann zu la­chen:

      »Halt, Bel-Ami. Lau­ri­ne hat Sie so ge­tauft. Das ist ein net­ter Ko­sena­me für Sie und ich wer­de Sie auch ›Bel-Ami‹ nen­nen.«

      Er nahm das Mäd­chen auf die Knie und muss­te nun mit ihr alle die Spie­le spie­len, die er sie ge­lehrt hat­te.

      Zwan­zig Mi­nu­ten vor drei brach er auf, um auf die Re­dak­ti­on zu ge­hen. Auf der Trep­pe flüs­ter­te er noch­mals durch die halb­of­fe­ne Tür:

      »Mor­gen, um fünf.«

      Die

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