Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 67
Duroy reagierte nicht.
Sie fuhr fort: »Nun, bist du seit Donnerstag taub geworden?«
Er antwortete immer noch nicht und setzte eine verächtliche Miene auf; er wollte sich mit diesem Frauenzimmer nicht bloßstellen, auch nicht durch ein Wort.
Laut und wütend begann sie zu lachen:
»Du bist also stumm! Madame hat dir wohl die Zunge abgebissen!«
Er machte eine wütende Gebärde und rief mit entrüsteter Stimme:
»Wie können Sie sich unterstehen, mich hier zu belästigen? Scheren Sie sich fort oder ich lasse Sie festnehmen!«
Nun legte sie aber los, ihre Augen sprühten Zorn, ihre Brust hob sich stürmisch; sie schrie:
»Ha! So steht die Sache, du frecher Lümmel. Wenn man mit einer Frau schläft, dann grüßt man sie wenigstens. Das ist kein Grund, wenn du mit einer anderen zusammen bist, dass du mich nicht kennen willst. Nur einen Wink brauchtest du mir zu geben, und ich hätte dich in Ruhe gelassen. Du wolltest den großen Herrn spielen! Na, warte mal! Ich werde dir helfen! Nicht nur, dass du mich nicht grüßen wolltest, sondern …«
Sie hätte noch lange weitergeschrien, doch Madame de Marelle riss die Logentür auf und stürzte mitten durch die Menge wie toll dem Ausgange zu.
Duroy eilte ihr nach und bemühte sich, sie einzuholen.
Darauf brüllte Rahel, als sie die beiden fliehen sah, triumphierend: »Haltet sie! Haltet sie fest! Sie hat mir den Liebsten gestohlen.«
Gelächter erscholl im Publikum. Zwei Herren packten die Flüchtige zum Spaß an den Schultern und wollten sie küssen und zurückführen. Doch Duroy holte sie ein, stieß die beiden Männer heftig zurück und zog sie auf die Straße.
Sie stürzte in eine leere Droschke, die gerade vor dem Theater stand. Er sprang ihr nach, und als der Kutscher fragte: »Wohin, Bürger?« rief er: »Wohin Sie wollen!« Der Wagen setzte sich langsam in. Bewegung und rumpelte auf dem Pflaster. Clotilde bekam einen Nervenanfall, sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und erstickte fast vor Schluchzen, während Duroy verzweifelt dasaß und nicht wusste, was er tun, noch was er sagen sollte.
Endlich, als er sie weinen hörte, stammelte er:
»Höre mich an, Clo, meine liebe Clo, lass mich es dir erklären! … Es war nicht meine Schuld … Ich habe dieses Weib früher gekannt … in der ersten Zeit …«
Sie nahm plötzlich die Hände vom Gesicht, und mit der Wut einer verliebten, und betrogenen Frau, einer stürmischen Wut, die ihr die Sprache wiedergab, stieß sie in schnellen, abgehackten, keuchenden Worten hervor:
»Du Elender! … Elender! … Du erbärmlicher Lump! Ist es denn möglich? … O welche Schande! … Mein Gott! … Welche Schande!«
Und je deutlicher ihre Gedanken wurden, je klarer ihr die Lage wurde, umso heftiger wurde ihr Zorn.
»Du hast sie mit meinem Gelde bezahlt, nicht wahr? … Und ich gab dir Geld … für diese Hure … Oh, du Elender!«
Ein paar Augenblicke schien sie noch einen anderen, kräftigeren Ausdruck zu suchen, aber sie fand keinen; dann machte sie eine Bewegung, als ob sie ihn anspucken wollte und schleuderte ihm ins Gesicht:
»Oh! … Schwein … Schwein … Schwein … Mit meinem Geld hat er sie bezahlt … Schwein! … Schwein!«
Sie fand kein anderes Wort mehr und wiederholte immerfort:
»Schwein! … Schwein!«
Plötzlich lehnte sie sich zum Fenster hinaus und zupfte den Kutscher am Ärmel: »Halt!« — riss die Tür auf und. sprang auf die Straße.
Duroy wollte ihr folgen, aber sie schrie: »Ich verbiete dir, auszusteigen!«
Sie rief das so laut, dass die. Passanten sich sofort um. die Droschke sammelten, und Duroy wagte aus Angst vor einem Skandal sich nicht zu rühren.
Dann zog sie die Börse aus der Tasche, suchte beim Schein der Laterne zwei Francs fünfzig heraus, gab sie dem Kutscher und sagte mit bebender Stimme:
»Hier … das ist für ein Stunde Fahrt … Ich bezahle! … Und nun fahren Sie diesen schmierigen Lumpen nach Rue Boursault am Boulevard Batignolles.«
In der Gruppe, die sich um die Droschke gebildet hatte, entstand allgemeine Heiterkeit. Ein Herr rief: »Bravo, Kleine!« Und ein Straßenjunge, der zwischen den Rädern der Droschke stand, steckte seinen Kopf in die offene Tür hinein und schrie mit kreischender Stimme: »Gute Nacht, Bubi!« Dann setzte sich der Wagen wieder in Bewegung und lautes Gelächter klang hinter ihm her.
VI.
Es war am nächsten Morgen ein trauriges Erwachen für Georges Duroy. Er zog sich langsam an, setzte sich ans Fenster und begann über das Vorgefallene nachzudenken. Er fühlte sich am ganzen Körper wie zerschlagen, als ob er gestern eine Menge Stockhiebe erhalten hätte. Endlich trieb ihn die Notwendigkeit, irgendwo Geld aufzutreiben, fort und er begab sich zu Forestier.
Sein Freund empfing ihn in seinem Arbeitszimmer, die Füße am Kaminfeuer: »Na, warum so früh?«
»Eine sehr wichtige Angelegenheit. Ich habe eine Ehrenschuld.«
»Beim Spiel?«
Er überlegte und gestand: »Ja, beim Spiel.«
»Wie viel?«
»Fünfhundert Francs.«
Er brauchte nur zweihundertundvierzig.
Forestier fragte misstrauisch:
»Wem schuldest du sie?«
Duroy wusste nicht gleich, was er antworten sollte: »Einem … einem Herrn … einem Herrn de Carleville.«
»So … wo wohnt er denn?«
»Er