Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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ihn eine furcht­ba­re Angst, er be­kam einen An­fall wil­der Verzweif­lung. Sein gan­zer Kör­per zit­ter­te und beb­te. Er press­te die Zäh­ne zu­sam­men, um nicht zu schrei­en. Er hat­te ein Be­dürf­nis, sich auf der Erde zu wäl­zen, et­was zu bei­ßen, zu ver­nich­ten.

      Er be­merk­te plötz­lich ein Glas auf sei­nem Ka­min, und es fiel ihm ein, dass er in sei­nem Schran­ke eine fast vol­le Fla­sche Schnaps ste­hen hat­te, denn noch von sei­ner Sol­da­ten­zeit her hat­te er die Ge­wohn­heit, je­den Mor­gen ein Gläs­chen zu trin­ken.

      Er er­griff die Fla­sche, setz­te sie an den Mund und trank gie­rig, in lan­gen Zü­gen. Er stell­te sie erst hin, als ihm der Atem aus­blieb. Sie war zum Drit­tel leer. Eine glü­hen­de Hit­ze ver­brann­te ihm plötz­lich den Ma­gen, er­goss sich durch sei­ne Glie­der, und durch die Be­täu­bung be­kam er neu­en Mut.

      »Das ist das rich­ti­ge Mit­tel«, sag­te er sich. Und da ihm sehr warm wur­de, öff­ne­te er das Fens­ter.

      Der Tag grau­te still und kalt. Die Ster­ne schie­nen zu ster­ben und in dem tie­fen Ei­sen­bahn­ein­schnitt ver­bli­chen die grü­nen, ro­ten und wei­ßen Si­gnal­lich­ter. Die ers­ten Lo­ko­mo­ti­ven ver­lie­ßen den Schup­pen und fuh­ren pfei­fend da­von, um die ers­ten Züge zu ho­len. Die an­de­ren pfif­fen grell in der Fer­ne, wie­der­hol­ten ih­ren Mor­gen­ruf, wie die Häh­ne auf dem Lan­de.

      »Ich wer­de viel­leicht das al­les nicht mehr se­hen«, dach­te Du­roy. Nun fühl­te er, dass er von Neu­em weich wur­de. Da nahm er sich mit Ge­walt zu­sam­men. »Ich darf an nichts den­ken bis zum Mo­ment der Be­geg­nung. Das ist das ein­zi­ge Mit­tel, um den Mut nicht zu ver­lie­ren.«

      Er be­gann sich an­zu­klei­den. Beim Ra­sie­ren guck­te er in den Spie­gel, und es über­kam ihn noch­mals eine Schwä­che, als er dar­an dach­te, dass er viel­leicht zum letz­ten Male sein Ge­sicht sähe.

      Da trank er einen Schluck aus der Fla­sche und zog sich schnell an.

      Es fiel ihm sehr schwer, über die nächs­te Stun­de hin­weg­zu­kom­men. Er ging auf und ab durch das Zim­mer und zwang sich mit Ge­walt zur äu­ße­ren Ruhe und Kalt­blü­tig­keit. Als er an sei­ner Tür klop­fen hör­te, wäre er fast auf den Rücken ge­fal­len, so hef­tig fuhr er vor Schreck zu­sam­men. Das wa­ren sei­ne Zeu­gen. Also, es war Zeit.

      Sie wa­ren in Pel­ze gehüllt. Ri­val drück­te sei­nem Kli­en­ten die Hand und er­klär­te:

      »Es ist eine si­bi­ri­sche Käl­te. Geht es gut?« frag­te er.

      »Ja, sehr gut.«

      »Sind Sie ru­hig?«

      »Ja, sehr ru­hig.«

      »Also, es wird schon ge­hen. Ha­ben Sie et­was ge­trun­ken und ge­ges­sen?«

      »Ja, ich brau­che nichts mehr.«

      Für das Er­eig­nis hat­te sich Bois­renard ein gelb-grü­nes aus­län­di­sches Or­dens­bänd­chen an­ge­legt, das Du­roy noch nie bei ihm ge­se­hen hat­te. Sie gin­gen hin­un­ter.

      In dem Lan­dau­er saß ein Herr und war­te­te auf sie. Ri­val stell­te vor:

      »Dok­tor Le Bru­ment.«

      »Ich dan­ke«, mur­mel­te Du­roy und drück­te ihm die Hand.

      Dann woll­te er sich auf die Vor­der­bank set­zen, aber er fühl­te et­was Har­tes. Das war der Pis­to­len­kas­ten, wie er zu sei­nem Ent­set­zen be­merk­te.

      »Nein, nein, der Duel­lant und der Arzt auf den Rück­sitz!« wie­der­hol­te Ri­val noch­mals.

      Du­roy ver­stand ihn end­lich und sank ne­ben dem Dok­tor aufs Pols­ter. Als die bei­den Se­kun­dan­ten ein­ge­stie­gen wa­ren, fuhr der Kut­scher los. Er wuss­te schon, wo­hin er fah­ren soll­te.

      Aber die Pis­to­len­kis­te be­läs­tig­te alle, am meis­ten Du­roy, der sie lie­ber nicht ge­se­hen hät­te. Man ver­such­te, sie hin­ter die Rücken zu stel­len, sie stör­te aber furcht­bar; dann stell­te man sie zwi­schen Ri­val und Bois­renard — sie fiel im­mer run­ter. Schließ­lich leg­te man sie auf den Bo­den.

      Die Fahrt ver­lief sehr ein­tö­nig, ob­gleich der Arzt An­ek­do­ten er­zähl­te. Ri­val ant­wor­te­te al­lein dar­auf, Du­roy hät­te gern Geis­tes­ge­gen­wart ge­zeigt, er fürch­te­te aber, aus der Rol­le zu fal­len und sei­ne Auf­re­gung zu ver­ra­ten; ihn quäl­te die Angst, er könn­te zu zit­tern be­gin­nen.

      Der Wä­gen hat­te bald frei­es Feld er­reicht. Es war ge­gen neun Uhr früh an ei­nem je­ner rau­en Win­ter­mor­gen, wo die gan­ze Na­tur glän­zend, hart und sprö­de ist wie ein Kris­tall. Die Bäu­me im Rau­reif sa­hen aus, als ob sie Eis ge­schwitzt hät­ten; der Bo­den dröhn­te un­ter den Schrit­ten. Die tro­ckene Luft trug weit die lei­ses­ten Geräusche, und der blaue Him­mel fun­kel­te wie ein Spie­gel. Die Son­ne warf auf die er­fro­re­ne Erde ihre hel­len Strah­len, die nicht zu wär­men ver­moch­ten.

      Ri­val sag­te zu Du­roy:

      »Ich habe die Pis­to­len bei Gas­ti­ne Re­net­te ge­kauft. Er hat sie selbst ge­la­den; der Kas­ten ist ver­sie­gelt. Üb­ri­gens wird das Los ent­schei­den, ob die­se oder die un­se­res Geg­ners be­nutzt wer­den.«

      Du­roy ant­wor­te­te me­cha­nisch:

      »Ich dan­ke Ih­nen.«

      Dann gab Ri­val In­struk­tio­nen bis ins kleins­te, denn sein Schutz­be­foh­le­ner soll­te in kei­nem Fal­le ir­gend­ei­nen Feh­ler be­ge­hen. Al­les, was er sag­te, wie­der­hol­te er da­bei meh­re­re Male.

      »Wenn ge­fragt wird: Sind Sie fer­tig, mei­ne Her­ren? so müs­sen Sie mit lau­ter Stim­me ant­wor­ten: Ja!

      Beim Kom­man­do ›Feu­er!‹ he­ben Sie rasch den Arm und schie­ßen, ehe bis drei ge­zählt wird.«

      Du­roy wie­der­hol­te es in Ge­dan­ken:

      »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm. — Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm. — Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm.« —

      Er lern­te es aus­wen­dig, wie Schul­kin­der ihre Auf­ga­ben ler­nen, in­dem sie die­sel­ben bis zur Be­wusst­lo­sig­keit vor sich hin­spre­chen, um sie recht fest dem Ge­dächt­nis ein­zu­prä­gen.

      Der Wa­gen kam in einen Wald, bog nach rechts in eine Al­lee ein und dann wie­der nach rechts. Plötz­lich öff­ne­te Ri­val die Wagen­tür und rief dem Kut­scher zu:

      »Dort den klei­nen Weg hin­ein.«

      Nun fuhr der Wa­gen auf ei­nem Weg mit zwei tie­fen Glei­sen, der rechts und links von ei­nem dich­ten Un­ter­holz um­ge­ben war, des­sen al­tes, vor­jäh­ri­ges

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