Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

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muss­te sei­nen Mund auf tun, so schwer wur­de ihm das At­men.

      Die Se­kun­dan­ten stie­gen zu­erst aus, dann der Arzt und zu­letzt der Duel­lant. Ri­val nahm den Pis­to­len­kas­ten und schritt mit Bois­renard den bei­den Frem­den ent­ge­gen, die auf sie zu­ka­men. Du­roy sah, wie sie sich et­was fei­er­lich be­grüß­ten, dann in der Lich­tung auf und ab gin­gen und bald auf den Bo­den, bald zu den Bäu­men hin­auf blick­ten, als such­ten sie et­was, was fal­len oder fort­flie­gen könn­te. Dann zähl­ten sie die Schrit­te ab und stie­ßen mit großer Mühe ein paar Stö­cke in die ge­fro­re­ne Erde. Dann tra­ten sie zu ei­ner Grup­pe zu­sam­men und los­ten »Kopf oder Schrift« wie spie­len­de Kin­der.

      Der Dok­tor Le Bru­ment frag­te Du­roy:

      »Füh­len Sie sich wohl? Ha­ben Sie ir­gend­ei­nen Wunsch?«

      »Nein, ich brau­che nichts. Dan­ke sehr.«

      Es war ihm, als sei er ver­rückt ge­wor­den, als schlie­fe, als träum­te er, und et­was Über­na­tür­li­ches sei über ihn ge­kom­men und um­gä­be ihn.

      Hat­te er Furcht? Vi­el­leicht! Er wuss­te es nicht.

      Al­les war so selt­sam und ei­gen­ar­tig um ihn her­um ge­wor­den.

      Jaques Ri­val kam zu­rück und sag­te zu ihm lei­se mit be­frie­dig­ter Stim­me:

      »Al­les ist fer­tig. Wir ha­ben Glück mit un­se­ren Pis­to­len.«

      Du­roy war das völ­lig gleich­gül­tig.

      Man zog ihm den Man­tel aus. Er ließ es ge­sche­hen. Man be­fühl­te ihm die Gehrock­ta­schen, um sich zu ver­ge­wis­sern, dass er kein Pa­pier oder eine schüt­zen­de Brief­ta­sche dar­in trü­ge.

      Er wie­der­hol­te für sich wie ein Ge­bet: »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm.«

      Nun führ­te man ihn zu ei­nem der Stö­cke, die in den Bo­den ge­bohrt wa­ren und gab ihm eine Pis­to­le in die Hand. Da sah er dicht vor sich einen Men­schen ste­hen, einen klei­nen, kahl­köp­fi­gen, dick­bäu­chi­gen Mann mit ei­ner Bril­le. Das war sein Geg­ner. Er sah ihn ganz deut­lich; doch er dach­te nur an das eine: »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm und schie­ße.« Eine Stim­me er­tön­te in der tie­fen Stil­le, eine Stim­me, die ganz aus der Fer­ne zu kom­men schi­en:

      »Sind Sie fer­tig, mei­ne Her­ren?«

      Ge­or­ges rief:

      »Ja.«

      Da­rauf kom­man­dier­te die­sel­be Stim­me:

      »Feu­er!«

      Er hör­te nichts mehr, er sah nichts mehr, er über­leg­te nichts mehr. Er fühl­te nur, wie er den Arm er­hob und mit al­ler Kraft auf den Hahn drück­te.

      Er hör­te nichts, aber er sah so­fort an der Mün­dung sei­nes Pis­to­len­lau­fes eine leich­te Rauch­wol­ke. Und da der Mann ihm ge­gen­über noch in der­sel­ben Hal­tung ste­hen­blieb, so er­blick­te er über dem Kopf des Geg­ners eine zwei­te klei­ne Rauch­wol­ke.

      Sie hat­ten alle bei­de ge­schos­sen. Es war aus.

      Sei­ne Se­kun­dan­ten be­fühl­ten und be­tas­te­ten ihn, knöpf­ten ihm den Rock auf und frag­ten ängst­lich:

      »Sind Sie nicht ver­wun­det?«

      Er ant­wor­te­te auf gut Glück:

      »Nein, ich glau­be nicht!«

      Üb­ri­gens war Lan­gre­mont eben­so un­ver­letzt wie sein Geg­ner, und Jaques Ri­val mur­mel­te in sehr miss­ver­gnüg­tem Ton:

      »Mit die­sen ver­fluch­ten Pis­to­len ist es im­mer die­sel­be Ge­schich­te: man knallt vor­bei oder schießt sich tot. Ein ekel­haf­tes Zeug.«

      Du­roy rühr­te sich nicht. Er war er­starrt vor freu­di­ger Über­ra­schung: Al­les war vor­über. Man muss­te ihm die Waf­fe ab­neh­men, die er noch fest und krampf­haft in der Hand hielt. Jetzt war ihm zu­mu­te, als hät­te er mit der gan­zen Welt ge­kämpft. Es war vor­über! Wel­ches Glück! Er fühl­te sich plötz­lich so tap­fer, dass er am liebs­ten noch je­man­den ge­for­dert hät­te.

      Die Se­kun­dan­ten hat­ten noch eine Be­spre­chung. Sie ver­ab­re­de­ten eine Zu­sam­men­kunft, um das Pro­to­koll auf­zu­neh­men. Dann stieg man wie­der in den Wa­gen, und der Kut­scher, der auf dem Bock lach­te, knall­te mit der Peit­sche und fuhr da­von.

      Sie früh­stück­ten alle vier auf dem Bou­le­vard und plau­der­ten über das große Er­eig­nis des Ta­ges. Du­roy schil­der­te sei­ne Ein­drücke:

      »Es hat mir gar nichts ge­macht, ganz und gar nichts. Sie müs­sen das auch üb­ri­gens be­merkt ha­ben.«

      Ri­val ant­wor­te­te:

      »Ja, Sie ha­ben sich wa­cker ge­hal­ten.«

      Als das Pro­to­koll auf­ge­nom­men war, leg­te man es Du­roy vor, da­mit er es in den Lo­kal­nach­rich­ten ver­öf­fent­lich­te. Er war sehr er­staunt, zu le­sen, dass er zwei Ku­geln mit Herrn Louis Lan­gre­mont ge­wech­selt hät­te, und et­was be­un­ru­higt frag­te er Ri­val:

      »Wir ha­ben doch nur ein­mal ge­schos­sen?«

      »Na­tür­lich ein­mal,« lä­chel­te der an­de­re, »je­der eine Ku­gel, macht zwei Ku­geln.«

      Und Du­roy, der die Er­klä­rung ein­leuch­tend fand, er­hob wei­ter kei­nen Wi­der­spruch. Va­ter Wal­ter um­arm­te ihn:

      »Bra­vo! Bra­vo! Sie ha­ben die Fah­ne der Vie Françai­se ver­tei­digt. Bra­vo!«

      Abends be­such­te Du­roy alle an­ge­se­hens­ten Zei­tun­gen und die wich­tigs­ten Bou­le­vard­ca­fes. Zwei­mal traf er da­bei mit sei­nem Geg­ner zu­sam­men, der sich gleich­falls über­all zeig­te. Sie grüß­ten sich nicht. Wäre ei­ner von ih­nen ver­wun­det ge­we­sen, so hät­ten sie sich die Hän­de ge­drückt. Üb­ri­gens schwor je­der von ih­nen mit volls­ter Über­zeu­gung, er hät­te die Ku­gel des an­de­ren pfei­fen ge­hört.

      Am nächs­ten Mor­gen er­hielt Du­roy ge­gen elf Uhr ein blau­es Brief­chen:

      »O Gott, wel­che Angst hab’ ich aus­ste­hen müs­sen. Kom­me so­fort zur Rue Con­stan­ti­no­ple, mein Liebs­ter, da­mit ich Dich um­ar­me. Wie tap­fer Du bist — ich lie­be Dich. — Clo.«

      Er ging als­bald hin. Sie fiel ihm um den Hals und be­deck­te ihn mit Küs­sen.

      »Ach, Lieb­ling, wenn du wüss­test, wie auf­ge­regt ich war, als ich heu­te Mor­gen in den Zei­tun­gen las! Oh,

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