Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Eine Geschichte des Krieges - Группа авторов

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und Nagasaki waren zugleich der Auftakt für den Kalten Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR, da der Rüstungswettlauf eine treibende Kraft in der Auseinandersetzung zwischen den Supermächten bildete. Der Kalte Krieg wurde als Krieg beschrieben, führte aber nicht zu einer direkten Konfrontation der beiden kriegführenden Parteien. Wie bereits Hobbes klarstellte, ist der Krieg nicht in erster Linie durch den Kampf oder die Schlacht charakterisiert, sondern durch die feindliche Absicht, also den anhaltenden Willen, einander zu bekämpfen. Zwischen den beiden Supermächten waren diese Bedingungen erfüllt: Die Abwesenheit von Kampfhandlungen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Parteien siegen und ihren Willen durchsetzen wollten. Doch die militärischen Auseinandersetzungen nahmen die Form von »peripheren« Konflikten wie dem Koreakrieg oder die von »Stellvertreterkriegen« wie beispielsweise in Nicaragua an. Wenn der Krieg an verschiedenen, über den Erdball verteilten Orten geführt wird, wird über die nukleare Bedrohung der ganze Planet zum erweiterten Schauplatz der Operationen. Die Atombombe lässt eine neue Bedrohung aufkommen, die bis dahin durch die konventionellen Kriege, ihrer ganzen mörderischen Wirkung zum Trotz, nicht gegeben war: die Vernichtung der gesamten oder eines Teils der Menschheit. Ideologisch waren die beiden »Großen« Gegner in einer neuen bipolaren Welt, doch zugleich teilten sie eine gemeinsame Verantwortung für den Schutz der von Auslöschung bedrohten Menschheit.

      Diese paradoxe Situation bestimmte in der Zeit des Kalten Krieges das Nachdenken über den Krieg, welches Raymond Aron in seiner Formulierung »unmöglicher Friede – unwahrscheinlicher Krieg« zusammenfasst10. Der Friede war unmöglich, weil sich die beiden Weltanschauungen, die amerikanische und die sowjetische, widersprachen, aber zugleich war der Atomkrieg unwahrscheinlich, weil er zu viel Kollateralschaden mit sich gebracht hätte. Der Kalte Krieg brachte in der Konsequenz eine Strategie der »Nicht-Schlacht« hervor, wie Guy Brossollet es formuliert hat, bei der es darum geht, sich für die Konfrontation zu rüsten, gerade um die Mittel zu ihrer Vermeidung in die Hand zu bekommen. Man droht mit Zerstörung, um den Gegner vom Angreifen abzuschrecken und »das Gleichgewicht des Schreckens« aufrechtzuerhalten. Der Kalte Krieg stellte ein Kräfteverhältnis her, das durch die Ideologie unter noch größere Spannung gesetzt war; zugleich machte er eine minimale Zusammenarbeit notwendig. Die nukleare Abschreckung zielte darauf, die Selbstzerstörung abzuwenden und das Leben zu erhalten, ohne jedoch das Ziel, den Gegner zu besiegen, aufzugeben. In diesem drohenden und doch unmöglichen Krieg spielte die Figur des Spions eine zentrale Rolle: Der Einsatz der Geheimdienste ermöglichte, strategische Vorteile zu erlangen und gleichzeitig die zur Anwendung des Abschreckungsprinzips notwendigen Informationen zu sichern. Der Kalte Krieg verschob im Verhältnis zu den vorangegangenen globalen Konflikten den strategischen Schwerpunkt von der Taktik zur Politik, vom Physischen zum Psychologischen, von der Schlacht zur Abschreckung, vom militärischen Kampf zum sicherheitsrelevanten Einsatz der Nachrichtendienste.

       Was die Menschen daraus machen

      Die nach Ende des Kalten Krieges und dem Verschwinden des bipolaren internationalen Systems begonnene Diskussion über die Veränderungen der Konfliktsituation muss im Lichte des historischen Verlaufs, den das zeitgenössische Nachdenken über den Krieg genommen hat, neu bedacht werden.

      Die Theoretiker*innen der »neuen Kriege« kommen zu der Einschätzung, dass Clausewitz sein Pulver verschossen hat, dass der Krieg heute entstaatlicht ist, was transnationale Akteure miteinschließt, die eine Form von deregulierter, nicht spezifisch militärischer Gewalt ausüben. Damit übersehen sie, dass Clausewitz selbst dieses Szenario, das er »Volksbewaffnung« nannte, berücksichtigt hat: Seit der Französischen Revolution hat der Krieg den engeren Umkreis des Staates verlassen, um »Herz und Verstand« der Zivilbevölkerungen zu gewinnen, welche in allen Bereichen des menschlichen Handelns, den Krieg eingeschlossen, nach Autonomie streben. In dieser Hinsicht fügt sich die Ausweitung des strategischen Spektrums in eine starke Tendenz der Moderne zur Trennung von Staat und Gesellschaft unter gleichzeitiger Verknüpfung beider. Der dschihadistische Terrorismus kann somit als Wandlungsform der »Volksbewaffnung« verstanden werden, nur mit dem Unterschied, dass seit Clausewitz’ Zeit die Einstiegskosten für bewaffnete Gewalt aufgrund technologischen Fortschritts und neuer Informations- und Kommunikationsmittel drastisch gesunken sind.

      Schließlich führt das aktuell verbreitete Modell des hybriden Krieges zu einer Neukonfigurierung der Grundunterscheidung zwischen kleinem und großem Krieg. Es beruht auf der Verknüpfung konventioneller Mittel und psychologischer Kriegführung, um das militärische Handeln einer Bedrohung anzupassen, die im Fall des Terrorismus staatlich (oder parastaatlich) verfasst und zugleich globalisiert ist. Diese beiden Formen des Krieges, so unterschiedlich sie auch sind, ergeben sich aus derselben strategischen Logik: Die Gewaltmittel werden immer in Anspruch genommen, um eine beabsichtigte Wirkung zu erzielen und die Gegenseite zu schwächen. Jeder Krieg ist per Definition hybrid. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Krieg und das ihm zugehörige Denken keine Entwicklung erfahren. Im Gegenteil, der Krieg ist wahrlich ein Chamäleon, doch seiner Natur nach ist er am Schnittpunkt zwischen Politik und Gesellschaft situiert, zwischen gesetzgebender Gewalt und sozialen Kräften. Wie jede politische und soziale Wirklichkeit ist der Krieg in erster Linie das, was die Menschen daraus machen.

      Jean-Vincent Holeindre ist wissenschaftlicher Direktor am Institut de recherche stratégique an der École militaire. Eine seiner wichtigen Veröffentlichungen ist: La ruse et la force. Une autre histoire de la stratégie (Paris 2017).

       Literaturhinweise

      Das Hauptwerk Clausewitz’, Vom Kriege, liegt in einer unter Federführung Werner Hahlwegs entstandenen Referenzausgabe vor (Bonn 1980). Auf Englisch ziehen wir die Ausgabe von Michael Howard und Peter Paret vor (On War, Princeton 2008). Der Band von Beatrice Heuser, Clausewitz lesen! Eine Einführung (München 2005) bietet eine gute Einführung in sein Denken, ebenso die von Bruno Colson verfasste Clausewitz-Biografie (Paris 2016).

      Das ursprünglich zwischen den beiden Weltkriegen erschienene Hauptwerk Basil Liddell Harts, Strategy, the Indirect Approach, wurde bis zu seinem Tod 1970 weitgehend umgearbeitet. Eine deutsche Ausgabe ist verfügbar (Strategie, Wiesbaden 1955). Das bekannteste Werk John F. C. Fullers, The Conduct of War (1961) liegt ebenfalls in deutscher Übersetzung vor (Die entartete Kunst Krieg zu führen, Köln 1964), nicht hingegen Small Wars. Their Principles and Practice von Charles Callwell (Lincoln 1996). Die Quellen, insbesondere die nichtwestlichen, sind leicht zugänglich über die von Gérard Chaliand herausgegebene Anthologie mondiale de la stratégie (Paris 2009) bzw. auf Englisch The Art of War in World History (Berkeley u. a. 1994).

      In englischer Sprache mangelt es nicht an synthesenhaften Darstellungen der Geschichte des militärischen Denkens, ebenso wenig wie an wichtigen Autoren: Azar Gat, A History of Military Thought. From the Enlightenment to the Cold War (Oxford 2001), und Michael Handel, Masters of War. Classical Strategic Thought (3. Aufl., London 2005). In jüngerer Zeit sind zwei Werke zur Geschichte der Strategie erschienen: Lawrence Freedman, Strategy. A History (Oxford 2013), und Beatrice Heuser, The Evolution of Strategy. Thinking War from Antiquity to the Present (Cambridge 2010). Ich erlaube mir, auch auf mein eigenes Buch zu verweisen: Jean-Vincent Holeindre, La ruse et la force. Une autre histoire de la stratégie (Paris 2017). Zur Theorie des kleinen Krieges beziehen wir uns auf die Arbeiten Sandrine Picaud-Monnerats, insbesondere auf ihr Buch La Petite Guerre au XVIIIe siècle (Paris 2010). Siehe auch Nicols Cadet, Honneur et violences de guerre au temps de Napoléon. La campagne de Calabre (Paris 2015). Zu den Maori-Kriegen siehe James Belich, The New Zealand Wars and the Victorian Interpretation of Racial Conflict (Auckland 1986).

      Zum

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