Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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dieser Konflikte im Fortgang jener Periode, die sich von der Französischen Revolution bis zum Zweiten Weltkrieg erstreckt, und schließlich den radikalen Wandel – ja geradezu das Verschwinden – dieses Modells von 1945 bis heute. Die zweite Geschichtslinie umfasst die »Variationen« dieses Kriegsmodells – Bürgerkriege, Kolonialkriege, Guerillakriege und Terrorismus – und ihre eigenen komplexen Transformationen.

      Jede dieser beiden Geschichtslinien ist durch zwei verschiedene, aber miteinander verbundene Triebkräfte bestimmt: die Ziele, die die kriegführenden Parteien erreichen wollen, und die Mittel, die sie zu diesem Zweck einsetzen. In diesem Zusammenhang lässt sich der berühmte Ausspruch Clausewitz’ anführen: »Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.«2 Diese Mittel müssen ins richtige Verhältnis zu den politischen Zielen gebracht werden. Man muss sich darüber klar werden, dass die Staaten die Mittel nicht immer mit Augenmaß beurteilen und dass die Ziele, die sie sich setzen, sich infolge des Konflikts selbst verändern können. Besonders wenn die Kämpfe an Intensität zunehmen und die Verluste größer werden, können die Kriegsparteien ihr ursprüngliches Ziel nach oben korrigieren und letztlich zu der Auffassung gelangen, dass die dauerhafte Unterwerfung des Gegners, wenn nötig durch den Sturz seines politischen Regimes, der einzig annehmbare Ausgang des Konflikts sei.

      Genau dieser Prozess unkontrollierter Radikalisierung ist es, der die symmetrischen, zwischenstaatlichen Kriege zwischen 1789 und 1945 heimsuchte. Diese Kriege hatten natürlich verschiedene und häufig begrenzte Ziele, seien es territoriale Expansion, nationale Einheit, ökonomische Vorteile oder Kolonialherrschaft. Doch in den meisten Fällen entglitten sie der Kontrolle und wuchsen über eine Gewaltspirale und ein gegenseitiges Überbieten der Ziele und Zerstörungsmittel deutlich über die anfänglichen Streitigkeiten hinaus. Eine solche Spirale kann nur mit dem Untergang einer Seite enden. Es waren die Revolutionskriege und Napoleonischen Kriege, die diesen Radikalisierungsprozess in Gang setzten, indem sie die größten Armeen, die man bis dahin im Westen gekannt hatte, für eine lange Reihe großer Schlachten mobilisierten, die zu beispiellosen Verlusten und einer Verschiebung der Grenzen zwischen den großen europäischen Mächten führten. Der Wiener Kongress von 1814–1815 versuchte, dieser Art von Zerstörungskrieg ein Ende zu setzen, und stellte die Weichen für eine Zusammenarbeit zwischen den Großmächten. Doch der Erste Weltkrieg öffnete von Neuem die Büchse der Pandora, setzte erneut eine Gewaltspirale mit entsetzlichen Verlusten in Gang (fast 10 Millionen Tote allein unter den Kombattanten) und führte zu einer Radikalisierung der Kriegsziele aufseiten der Alliierten, die nicht nur dazu entschlossen waren, die Mittelmächte zu unterwerfen, sondern auch, Mechanismen für einen dauerhaften Frieden zu installieren. Eine vergebliche Mühe: Trotz der im Vertrag von Versailles getroffenen Friedensvereinbarungen und der Schaffung des Völkerbundes brach zwanzig Jahre nach dem Ende der Kämpfe der Zweite Weltkrieg aus.

      Es ist dieser Kontext zwischen 1789 und 1945, in dem sich die von den souveränen Staaten zur gegenseitigen Bekämpfung eingesetzten Mittel in atemberaubender Geschwindigkeit weiterentwickelten, wie die Kapitel dieses ersten Teils zeigen. Nach den beiden vorangegangenen Jahrhunderten, in denen die Hauptbewaffnung relativ geringe Fortschritte gemacht hatte (handgefertigte Gewehre, Kanonen, Kriegsschiffe aus Holz), tauchten nun Schnelllade-Gewehre mit Zug auf, dann Maschinengewehre, Giftgas, eine Artillerie, die in der Lage war, Explosivgeschosse mit chemischen Kampfstoffen über große Distanzen zu verschießen, Panzer, Schlachtschiffe, Flugzeuge – und schließlich die Atombombe. Dieses neue Arsenal verwandelte nicht nur das Schlachtfeld bis zur Unkenntlichkeit; es führte nachgerade zum Verschwinden der Feldschlacht, in der die Heere auf einem geografisch begrenzten Terrain für die Dauer von maximal zwei oder drei Tagen direkt aufeinandertrafen. Während des Ersten Weltkrieges konnten die »Schlachten« Monate dauern und sich über mehrere Dutzend Kilometer erstrecken. Nach der »Massenaushebung« der französischen Streitkräfte 1793 versuchten die Staaten, ganze Bevölkerungsteile für den Krieg zu mobilisieren, insbesondere indem sie die Wehrpflicht für junge Männer einführten. Darüber hinaus waren sie bestrebt, Kontrolle über die wirtschaftlichen Ressourcen auszuüben, um diese auf die Kriegsbemühungen hin auszurichten (Richard Overy bezeichnet das in seinem Aufsatz als »Kriegsstaat«), und sprachen die Nichtkombattant*innen der »Heimatfront« mit einer zunehmend elaborierten Propaganda an. Schließlich ersannen die Staaten immer raffiniertere Finanzierungsinstrumente, um diese gewaltigen militärischen Unterfangen zu bewältigen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedeutete ein Krieg zwischen Großmächten eine derart große Investition an menschlichen, materiellen und finanziellen Ressourcen, dass es unmöglich schien, den Konflikt zu begrenzen und sich mit einigen einfachen Gebietskorrekturen zufriedenzugeben.

      An diesem Punkt kam es zum »Bruch« von 1945, wie ihn Holeindre zu Recht nennt. Nicht die beispiellosen Verluste des Zweiten Weltkrieges (nach einigen Schätzungen bis zu 80 Millionen Tote) haben zu diesem Bruch und zu der darauffolgenden radikalen Veränderung zwischenstaatlicher Kriege geführt, sondern die Kernwaffen. Allerdings war, als die Vereinigten Staaten die beiden ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen, unmittelbar keine Zunahme der Zerstörungskraft der höchstentwickelten Streitkräfte des Planeten wahrzunehmen. Den beiden Bomben fielen jeweils weniger Menschen zum Opfer als den konventionellen Fliegerangriffen der amerikanischen Luftwaffe auf Tokio am 9. und 10. Mai 1945. Doch bei diesen Luftangriffen waren 334 Flugzeuge im Einsatz gewesen und fast 7000 Bomben abgeworfen worden – statt einer einzigen! Außerdem erkannte man sehr schnell, dass das destruktive Potenzial der Kernwaffen insbesondere mit der Entwicklung von Wasserstoffbomben, die in ballistische Flugkörper installiert wurden, noch beträchtlich gesteigert werden konnte. Ab Anfang der 1960er Jahre hatten die größten Bomben eine Zerstörungskraft von bis zu 50 Millionen Tonnen TNT. Mit der Beschaffung beeindruckender Arsenale dieser Waffen durch die Vereinigten Staaten und die UdSSR wurde deutlich, dass ein Krieg zwischen Großmächten potenziell zur Zerstörung der gesamten menschlichen Zivilisation führen konnte. Dieser Umstand machte einen solchen Krieg unwahrscheinlich, aber leider nicht unmöglich, wie eine Reihe von Zwischenfällen bezeugt, bei denen die Welt haarscharf an der Katastrophe vorbeischlitterte. Kriege konnten noch zwischen weniger mächtigen Nationen ausbrechen, doch dabei bestand immer das Risiko, dass die nuklearen Supermächte aufgrund der Aufteilung der Welt in zwei entgegengesetzte Blöcke in den Konflikt hineingezogen wurden. Dieses Risiko ist mit dem Ende des Kalten Krieges verschwunden. Doch seitdem hat sich die sogenannte Hypermacht USA nicht gescheut, unterlegene, nicht mit Atomwaffen ausgestattete, aber kriegstreiberische Mächte wie den Irak oder Serbien in den 1990er Jahren militärisch anzugreifen. Heute unterhalten die Vereinigten Staaten zu beträchtlichen Kosten Streitkräfte, die einen konventionellen Krieg gegen eine andere bedeutende Macht oder gegen zwei kleinere Mächte durchführen und schnell gewinnen können.

      Der rasche Niedergang der konventionellen Kriege hat einige Spezialisten – insbesondere Steven Pinker in seinem Buch Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit – zu der Annahme verleitet, die menschliche Gattung habe schlussendlich ihren Geschmack an der Waffengewalt verloren. Nun ist zwar das klassische Modell des Krieges auf dem Rückzug, doch seine Variationen – besonders der Bürgerkrieg, der Guerillakrieg und der Terrorismus – zeigen deutlich weniger Anzeichen eines Rückgangs. Pinker behauptet, bei diesen anderen Konfliktformen gäbe es gleichermaßen eine Abnahme der Gewalt zu verzeichnen, doch kurz nach Erscheinen seines Buchs brach in Syrien ein fürchterlicher Bürgerkrieg aus, der Hunderttausende das Leben gekostet hat und die größte Flüchtlingskrise auslöste, die die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat.

      Diese verschiedenen Variationen des klassischen Krieges haben mehrere gemeinsame Züge und tendieren heute dazu, sich zu unterschiedlichen Varianten des »asymmetrischen Krieges«, wie er häufig genannt wird, zu vermischen. Wenngleich der Begriff des »Bürgerkrieges« vor allem auf den Konflikt von 1861 bis 1865 zwischen der Union und den Konföderierten in den Vereinigten Staaten oder auch laut David Armitage auf den zwischen Marius’ und Sullas Legionen im antiken Rom verweist, kommt man nicht umhin zuzugestehen, dass seit 1945 nur wenige Bürgerkriege die Form symmetrischer Konflikte zwischen regulären und gut ausgerüsteten Streitkräften angenommen haben. Im Gegenteil handelt es sich durchweg um asymmetrische Konflikte zwischen einem Staat und Rebellen-Guerillas oder sogar zwischen rivalisierenden Guerilla-Banden. Diese Auseinandersetzungen haben sich

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