Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Krieg führten. Fast in allen diesen Konflikten kommt es zu Angriffen, die von der Gegenseite als »terroristisch« bezeichnet werden.

      Wie den Kapiteln des ersten Teils dieses Buches zu entnehmen ist, bedeutet das Ende des Zweiten Weltkrieges, wenn man sich statt dem Studium der »klassischen« Kriege dem jener »Variationen« zuwendet, keinen echten Bruch mehr. Die Art asymmetrischen Konflikts, die in diesen »Variationen« vorherrscht, entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts im Laufe der Napoleonischen Kriege. In jenem Moment, als Napoleon versuchte, den Volksaufstand im besetzten Spanien zu unterdrücken, nahm das Wort »Guerilla« (»kleiner Krieg« auf Spanisch) seine moderne Bedeutung an. Indem sie durch Hinterhalte gegen Detachements und durch Rückzug im Feld einen irregulären Krieg gegen den Okkupanten anstrengten, konnten sich die spanischen Kämpfer gegenüber der größten Landstreitkraft ihrer Zeit erfolgreich behaupten (das ist das berühmte »spanische Geschwür« Napoleons). Das französische Heer wandte zahlreiche Aufstandsbekämpfungstaktiken an – massive Vergeltungsmaßnahmen, Geiselnahme, Rückgriff auf lokale Hilfstruppen –, konnte dem Widerstand aber nicht beikommen. Dieser Konflikt lieferte in der Folge eine Art Modell, das im Laufe der nächsten zwei Jahrhunderte allerorten kopiert wurde: zum Beispiel in Algerien in den 1830er und 1840er Jahren bei den Zusammenstößen der Streitmacht Abd el-Kaders und den französischen Truppen; während des Burenkrieges 1899–1902; in Partisanenkriegen in China während der 1930er und 1940er Jahre; im Vietnamkrieg; und in jüngerer Zeit in den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Statt dass die Entwicklung der Atombombe und der Kalte Krieg diesem Konflikttyp ein Ende bereitet hätten, haben sie ihm vielmehr neues Leben eingehaucht. Sich der Gefahr einer direkten Konfrontation bewusst, verfolgten die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion ihre Ziele lieber mittels Stellvertretern, indem sie die paramilitärischen Einheiten anderer Nationen unterstützten – beispielsweise die Truppen des kommunistischen Vietcong in Südvietnam oder die proamerikanischen Contras in Nicaragua. Für die Konflikte nach dem Kalten Krieg muss man festhalten, dass das übermächtige Militär der USA, wenngleich es andere souveräne Staaten, in erster Linie den Irak und Serbien, schnell und entscheidend besiegen konnte, oft von Gruppen und Guerillas, die auf dem Papier deutlich kleiner und schwächer aufgestellt waren, in Schach gehalten wurde.

      Im Verlauf der langen Periode von 1800 bis heute sind asymmetrische Kriege vor allem mit territorialen Zielen geführt worden: um ein Gebiet zu befreien oder zu einen, es von unerwünschten Minderheiten zu »säubern« oder auch um es zu unterwerfen und zu befrieden. Dennoch können, wie John Lynn in seinem Kapitel zeigt, auch andere Ziele ins Spiel kommen, insbesondere wenn man terroristische Aktivitäten hinzuzählt. Die europäischen Anarchist*innen des 19. und die Dschihadisten des 21. Jahrhunderts sind zwar von radikal verschiedenen Überzeugungen angetrieben, doch sie teilen dieselben unmittelbaren Ziele: spektakuläre Angriffe durchführen, die die Anarchist*innen zu ihrer Zeit als »Propaganda der Tat« beschrieben, mit der ihre Anhänger*innen angesprochen und die politische Ordnung ihrer Feinde geschwächt werden sollten.

      Die in diesen Konflikten eingesetzten militärischen Mittel haben sich seit 1800 deutlich weniger verändert als im Fall der symmetrischen Kriege zwischen souveränen Staaten. Wenngleich Sturmgewehre die alten Gewehre ersetzt haben und chemische Sprengstoffe das Schwarzpulver, so besteht die Bewaffnung, die die Guerillakämpfer*innen, Terrorist*innen und ein Großteil der Kombattant*innen in Bürgerkriegen benutzen, vornehmlich aus kleinen Waffen und vergleichsweise schwachen Sprengstoffen (oft aus nichtindustrieller Fertigung). Zu den eingesetzten Taktiken gehören oft Hinterhalte oder andere Formen von Überraschungsangriffen. Die Kombattant*innen zählen darauf, sich unter der Zivilbevölkerung verstecken zu können. Ihre Gegner*innen wiederum stützen sich auf lokale Hilfstruppen, auf Vergeltungsmaßnahmen gegen die Kombattant*innen, ihre Helfer*innen und sogar die gesamte Bevölkerung sowie auf Zwangsumsiedlungsprogramme – wie den Aufbau von »Wehrdörfern« durch das amerikanische Militär in Vietnam. Beide Lager bemühen sich darum, »Herz und Verstand« der Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen. Trotz der überwältigenden Feuerkraft, über die die Staaten in diesen Konflikten verfügen, erreichen sie oft ihre Ziele nicht. Im napoleonischen Spanien machte sich die Guerilla offen über die französischen Besatzer lustig, die sich, von den befestigten Städten abgesehen, als unfähig erwiesen, das Territorium zu kontrollieren. Wenn die französischen Truppen von einer Stadt zur anderen zogen, »zogen sie Furchen durchs Wasser«, wie man sagte. Dasselbe ließe sich über Großbritannien in Südafrika während des Burenkrieges oder über die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten in Afghanistan sagen.

      Diese Erfolge deuten darauf hin, dass die asymmetrischen Kriege leider nicht so bald verschwinden werden. Dass die Kriege zwischen souveränen Staaten selten geworden sind, liegt nicht daran, dass die Menschheit zivilisierter geworden ist (auch wenn dies Pinker missfallen mag); es liegt schlicht daran, dass die Risiken die Vorteile überwiegen. Bei den »kleineren« Formen und Variationen des Krieges fällt das Kalkül anders aus. Die Zunahme humanitärer Einstellungen – oder zumindest die Angst vor Verurteilung durch die öffentliche Meinung – hat die Staaten teilweise von Aufstandsbekämpfungsmethoden abgebracht, die von früheren Generationen ohne größere Gewissensbisse praktiziert wurden, so etwa Geiselnahmen und Hinrichtungen oder massive Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung. Diese Staaten legen außerdem eine größere Vorsicht hinsichtlich der Sicherheit und des Lebens ihrer eigenen Soldat*innen an den Tag – davon zeugt das Ende des amerikanischen Einsatzes im Libanon, nachdem am 23. Oktober 1983 in Beirut 241 Amerikaner*innen gestorben waren. Doch diese Entwicklungen haben den Guerillas und Aufständischen fraglos ermöglicht, ihre Ziele leichter zu erreichen. Daher können wir damit rechnen, dass diese »Variationen ohne Thema« auch weiterhin den Rahmen des zukünftigen Krieges abstecken.

      David Bell ist Sidney and Ruth Lapidus Professor in the Era of North Atlantic Revolutions an der Universität von Princeton. Als Spezialist für die Geschichte Frankreichs im 18. und 19. Jahrhundert gehört zu seinen Veröffentlichungen insbesondere The First Total War. Napoleon’s Europe and the Birth of Warfare As We Know It (Boston 2007).

      1Oxford English Dictionary, 2. Aufl., Oxford 2001.

      2Carl von Clausewitz, Vom Kriege, Bonn 1980, S. 210.

      Jean-Vincent Holeindre

       Den Krieg denken

      Ein symmetrischer und konventioneller Konflikt zwischen Staaten ist das traditionelle Modell des Krieges. Durch Einbeziehung der Bevölkerung, Guerillas und massive Verbesserung der Militärtechnologie bis hin zur Atombombe befindet es sich seit dem 19. Jahrhundert in der Krise.

      Von Krieg sprechen hat immer eine politische Dimension. Als die Präsidenten Bush und Hollande die Terroranschläge, die 2001 bzw. 2015 ihre Länder trafen, als »Krieg« bezeichneten, unterstrichen sie damit vor allem die Schwere und den besonderen Charakter der auf nationalem Boden ausgeführten Angriffe. Zugleich gaben sie damit aber auch eine entschlossene politische Antwort vor, die dem Schock, den die Taten ausgelöst hatten, entsprechen sollte. Und was wäre in den Augen der eigenen Bürger*innen und der restlichen Welt entschlossener als die militärische Antwort? Wenngleich al-Qaida und der Islamische Staat in den Anfängen dieser neuen Art von Krieg als »Feinde« bezeichnet wurden, erscheinen sie im politischen Diskurs doch als »kriminelle«, zu »barbarischen« Taten fähige Organisationen. Die Gleichsetzung des Dschihadismus mit Kriminalität soll ihm jegliche Legitimität nehmen, während das Register des »Krieges« erlaubt, gerade zu einem Zeitpunkt, da die Sicherheit der Bürger*innen infrage gestellt ist, die Integrität und Souveränität des Staates zu bekräftigen.

      In anderen Fällen hingegen fungiert der Krieg für die Politik als negatives Gegenbild. So kann sich die Staatsgewalt dagegen verweigern, Konflikte, die die Geschichtsschreibung später als »Kriege« anerkennt, als solche zu benennen. Das war der Fall im Koreakrieg (1950–1953), im Algerienkrieg (1954–1962) und auch im zweiten Tschetschenienkrieg

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