Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Schlachten sind zeitlich und räumlich begrenzt. Aber die Schlacht um Verdun und die Schlacht an der Somme auf das Jahr 1916 zu beschränken bedeutet, über die Tatsache hinwegzusehen, dass die Frontabschnitte zwischen 1914 und 1918 Schauplatz kontinuierlicher Kämpfe waren. Als Douglas Haig am 29. Dezember 1916 eine Depesche über den Ausgang der Auseinandersetzungen an der Somme verfasste, schrieb er eingangs von einem »Offensivfeldzug« statt von einer Schlacht. Anfangs teilte er diesen in drei, später in vier Phasen ein. Der entsprechende Band der offiziellen britischen Geschichte des Ersten Weltkrieges geht noch weiter und spricht – im Plural – von den Schlachten an der Somme, fünf an der Zahl, die zwischen Juli und November 1916 stattfanden.

      Eine Reihe elementarer Fragen, auf die die Schlachten des 19. Jahrhunderts befriedigende Antworten geliefert hatten, wurde so für die Schlachten von 1916 grundsätzlich problematisch. Als Erstes: Was waren ihre Ziele? An bestimmten Abschnitten der Westfront – die Hügel östlich von Ypern, der Bergrücken von Vimy, der Höhenzug Chemin des Dames – bildete das Terrain selbst das Ziel. Doch an der Somme hatten die Alliierten nichts dergleichen vor sich, was übrigens Émile Fayolle, Kommandeur der 6. Armee, nicht müde wurde, gegenüber Foch, dem Oberbefehlshaber der Armeegruppe Nord, zu wiederholen. Denn wohin sollten die Alliierten vorrücken, selbst wenn ihnen ein Durchbruch gelingen sollte? Auch die Benennung dieser Schlacht (jedenfalls im Englischen und Französischen) ist bezeichnend für die geografische Unbestimmtheit, die sie kennzeichnet, da »Somme« sowohl den Fluss – der auch nicht zu den größeren Flüssen Frankreichs gehört – als auch das Département bezeichnet. Nun spielte der Fluss für die Briten nur eine marginale Rolle in der Schlacht, da er durch den französischen Abschnitt floss. Im Fall von Verdun durchschnitt der Fluss – die Maas – das Schlachtfeld, was den Charakter der Kämpfe prägte. Trotzdem wurde die Schlacht paradoxerweise nach einer Stadt benannt, die zwar befestigt war, aber tatsächlich kein militärisches Ziel darstellte, auch wenn sie den Anschein erweckte. Die Schlacht an der Maas nach Verdun zu benennen war aus operativer Perspektive irreführend. Anfang 1916 konnte Joffre, und zwar zu Recht, nicht glauben, dass die Stadt ein Ziel für die Deutschen darstellen könne. Er war so wenig von ihrem militärischen Nutzen überzeugt, dass er sie als unmittelbare Reaktion auf den deutschen Angriff gleich aufgab. Doch sie war 1914 zu einem Symbol geworden, sodass seine Entscheidung aus politischen Gründen rückgängig gemacht wurde. Es waren die Kämpfe selbst, die der Schlacht um Verdun ihre gesamte Bedeutung gaben, doch selbst dann widerstrebte es Falkenhayn und Joffre, noch mehr Divisionen dafür einzusetzen. Die Deutschen hatten sich diesen Abschnitt für einen Angriff ausgesucht, weil er beherrscht werden konnte; die Franzosen sahen in ihrer geplanten Offensive auf Somme die Priorität. Paradoxerweise bemühten sich beide Lager darum, die Schlacht um Verdun zu begrenzen, und begriffen daher nicht, dass es sich dabei um einen Vorläufer des totalen Krieges handelte.

      Möglicherweise hat Kronprinz Wilhelm von Preußen, der Oberkommandierende der 5. deutschen Armee, die Stadt Verdun zum Ziel erkoren – was uns zu der Frage führt, wer tatsächlich die Operationen bei Verdun und an der Somme leitete. Bei Waterloo hatte sich Napoleon die Schlacht mit Wellington geliefert. Bei Verdun war der Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte über die ganze Schlacht der Kaiser, doch sein direkter Beitrag beschränkte sich auf die Ernennung des Chefs des Großen Generalstabs. Ende August 1916 willigte Wilhelm II., wenn auch widerstrebend, ein, Falkenhayn, der die im Allgemeinen mit seinem Namen verbundene Schlacht begonnen hatte, durch Paul von Hindenburg zu ersetzen. Der tatsächliche Kopf hinter dem Angriff der 5. Armee war wahrscheinlich nicht der Sohn des Kaisers, sondern Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, sein Generalstabschef. Auf französischer Seite erinnert sich die Öffentlichkeit vor allem an die Rolle Philippe Pétains, der allerdings am Ende durch Robert Nivelle ersetzt wurde; und beide waren Joffre untergeben. Zumindest an der Schlacht um Verdun nahmen die verschiedenen nationalen Armeen getrennt teil, während es sich an der Somme um eine gemeinsame französisch-britische Offensive handelte. Hauptverantwortlicher war Joffre, der im Dezember 1915 die Konferenz von Chantilly geleitet hatte, auf der die alliierte Strategie für 1916 beschlossen worden war. Hätte man gefragt, wer an der Somme das Kommando hatte, hätten die meisten Briten Douglas Haig genannt, doch was ist mit Rawlinson, dem Kommandeur der 4. Armee, oder mit den Franzosen, insbesondere Foch, dem Kommandeur der Armeegruppe Nord, und Fayolle?

      Das Fehlen klarer geografischer Ziele und einer kohärenten Kommandostruktur entzog diesen beiden Schlachten die konzeptuelle Einheit, die Schlieffen 1909 als wesentlich für die moderne Schlacht angesehen hatte. Die Konsequenz war, wie es die offizielle französische Geschichtsschreibung zum Ersten Weltkrieg sah, dass diese zwei Großschlachten sich oft in Detailkämpfen verloren, wodurch ihre Leitlinien tendenziell verschleiert wurden. Die Taktik überwog die Strategie, das Gefecht die Schlacht. So endeten die beiden Schlachten, in Somme im November und bei Verdun im Dezember, ohne dass eines der Lager einen klaren Sieg verzeichnen konnte. Die Witterungsbedingungen, der Zustand des Terrains, immer kürzere Tage und die Erschöpfung der Truppen erklären in ihrer Kombination, weshalb und wann die Kämpfe stoppten, ohne dass man das Gefühl hatte, es wäre ein klares Resultat erreicht worden.

       Ein Abnutzungskampf

      Wie sind diese Schlachten zu den Kriegszielen ins Verhältnis zu setzen, und was waren ihre strategischen Funktionen? In seinen Memoiren nach dem Krieg versicherte Falkenhayn, sein Ziel sei es gewesen, der französischen Armee möglichst große Verluste zuzufügen, welches er sogar 1915 in einer »Weihnachtsdenkschrift« festgehalten habe. Doch das Original dieses Dokuments konnte nicht aufgefunden werden, obwohl sogar die Historiker des Reichsarchivs danach suchten, bevor die preußischen Militärarchive durch die alliierten Bombardements im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurden. Wenn dies seine Intention gewesen sein sollte, dann ist zumindest sonderbar, dass sich keine Spuren davon in den operativen und taktischen Plänen für den Angriff der 5. deutschen Armee oder in deren anfänglicher Umsetzung finden.

      Fast dasselbe ließe sich zu Douglas Haig in Somme sagen. Auch er brachte in seiner Depesche vom 29. Dezember 1916 klar den Abnutzungskampf zur Sprache, mit dem er die deutsche Armee zu erschöpfen versucht hatte. Doch die Dokumente stützen seine Behauptung nicht: Bis einschließlich Juli 1916 hatte er den Plan, mit der Schlacht einen Durchbruch zu erreichen. Außerdem ist wie schon im deutschen Fall allein die Tatsache, dass über Haigs Absichten so viel diskutiert werden konnte, ein Indikator für Unklarheiten in der Schlachtplanung. Rawlinson, der Haig unterstellt war, wollte eine Schlacht mit begrenzten Zielen führen. Daraus resultierte eine Art Kompromiss, ein ständiges Zaudern zwischen Durchbruch und Abnutzungsschlacht, das sich über die ganze zweite Jahreshälfte 1916 hinzog.

      Am Ende der Schlacht um Verdun und der Schlacht an der Somme war mangels anderer Ziele tatsächlich die Erschöpfung des Gegners zum Ziel geworden. Die Heerführer und mit ihnen die offiziellen Historiker des Krieges versuchten, die Verluste in beiden Lagern zu evaluieren, um zu einer Einschätzung zu kommen, wer gewonnen und wer verloren hatte, und zwar gerade weil es ihnen nicht gelang, das Ergebnis der Auseinandersetzungen in Form von Gebietsgewinnen oder politischen Vorteilen auszudrücken. Von Abnutzungsschlacht zu sprechen war in diesem Sinne eine Form, die Niederlage zu rationalisieren. Dass über den Umfang der Verluste an Menschenleben sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen bis heute Unklarheit besteht, unterstreicht auch noch einen anderen Sachverhalt: 1916 gelang es weder der Offensive noch der Defensive, die Oberhand zu gewinnen. Man dachte, dass die beträchtliche Zunahme der Feuerkraft der Verteidigung einen substanziellen Vorteil verschaffen würde, weil der Angreifer viel schwerwiegendere Verluste würde hinnehmen müssen. Doch das war nicht der Fall. Die Verteidiger mussten ihre Stellungen unter fürchterlichem Artilleriebeschuss halten. Die deutschen Truppen verloren mehr Soldaten in Somme, wo sie sich in Verteidigungsstellung befanden, als bei Verdun, wo sie – zumindest für die erste Hälfte der Schlacht – im Angriff waren.

      Der Angreifer hätte die Initiative nutzen und seine Kräfte auf einen entscheidenden Punkt des Schlachtfeldes konzentrieren können sollen. In Wirklichkeit war ihm dies nur selten möglich, weil die Armeeführung, die Kontrolle über die Operationen, die Kommunikation und die Ausbildung nicht den Problemen gewachsen waren, die durch Massenheere

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