Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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sich aufgrund ihrer Dauer weder Stalingrad noch Kursk richtig als »Schlachten« beschreiben. Wenn es ein schlagartig eingetretenes und entscheidendes Ereignis im Zweiten Weltkrieg gab, dann war das der Atombombenabwurf auf Hiroshima. Doch niemand behauptet, dabei habe es sich um eine Schlacht gehandelt, da dies irgendeine Form von Gegenseitigkeit voraussetzen würde.

       Vermeidung der nuklearen Schlacht

      Nach 1945 machte die Logik der nuklearen Abschreckung deutlich, dass die Epoche der Entscheidungsschlachten lange vergangen war: Ziel der Strategie war von nun an, Schlachten zu vermeiden, und nicht, sie zu suchen. Dennoch inspirierten sie weiterhin die Öffentlichkeit ebenso wie die Historiker, was zum Beispiel das 1953–1955 veröffentlichte dreibändige Werk von Fuller zeigt. 2001 hauchte Victor Davis Hanson, ein Althistoriker und Spezialist für den Hoplitenkrieg, mit seinem ambitionierten, aber überbewerteten Buch Carnage and Culture. Landmark Battles in the Rise of Westen Power dem Begriff der Schlacht neues Leben ein. Er betont eine Kontinuität von der griechischen Antike, dem whig-Geschichtsbild nach die Wiege der westlichen Welt, bis zu den Vereinigten Staaten. Aus seiner Sicht haben diese beiden Mächte Siege davongetragen, weil sie sich auf vergleichbare Weise kulturell von ihrer Umwelt unterschieden. Beide, demokratisch verfasst und diszipliniert, brillierten dabei, »ihre Zivilisation einzusetzen, um andere zu töten«.17 Hanson kam außerdem zu dem Urteil, dass der Infanteriekrieg von Natur aus demokratisch sei, weil freie Menschen besser kämpfen als Berufssoldat*innen, und dass zahlenmäßig unterlegene, aber nach diesen Prinzipien ausgebildete Truppen zahlenmäßig stärkere Kräfte besiegen können.

      Das Buch erschien gerade zu einem Zeitpunkt, als die Vereinigten Staaten die internationale Bühne zu dominieren schienen. Es nährte eine bestimmte triumphalistische Erzählung, die sich von der Vergangenheit bis in die Zukunft erstreckte. Doch in den militärischen Interventionen, die auf die Anschläge des 11. September 2001 folgten, schienen die Vereinigten Staaten, obwohl sie die Schlachten klar gewannen, die Kriege zu verlieren. Der Schwachpunkt in Hansons Argumentation rührt von seiner Neigung her, alle anderen Formen des Krieges, die er als kulturell inkompatibel mit der Demokratie beurteilt, zu verwerfen. Nur ergibt die frontale Auseinandersetzung, der sich die Hopliten stellten, weniger Sinn als der Hinterhalt und der Überraschungsangriff. Warum sich der Gefahr aussetzen, wenn man sie meiden und trotzdem seine Ziele erreichen kann? In den Kriegen der Antike kam es vor, dass die Griechen die Schlacht vermieden, und dasselbe gilt für bestimmte Episoden des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

      Tatsächlich ist der Guerillakrieg seit 1945 zur vorherrschenden Kampfform geworden. In seinen theoretischen Schriften über den Revolutionskrieg nahm Mao Zedong an, dass die Methoden des irregulären Kampfes zu einer letzten Etappe führen, in der die Revolutionsarmee über ihre Gegner obsiegt. 1954 schien ihm Vô Nguyên Giáp recht zu geben, als er mit der Schlacht von Diên Biên Phu die französische Herrschaft in Indochina beendete. Doch sein Erfolg ist eine Ausnahme: Seit 1945 ist so gut wie kein irregulärer Krieg auf dem Schlachtfeld entschieden worden. In Vietnam und in Afghanistan gelang es den überlegenen konventionellen Streitkräften, die für die Schlacht ausgebildet waren, nie, sich an den irregulären Guerillakrieg anzupassen, sodass die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion am Ende ihre Niederlage eingestehen mussten.

      Die Idee der Entscheidungsschlacht erreichte ihren Höhepunkt in einer Epoche, in der die Staaten autokratisch regiert wurden und die Armeen von vorindustriellen Gesellschaften organisiert und ausgerüstet wurden. Demokratisierung und Industrialisierung haben beide die Bedeutung der Schlachten im Krieg erschüttert. Dennoch ist der Niedergang der Schlacht nie in aller Klarheit anerkannt worden – und das aus drei Gründen. Der erste hängt damit zusammen, dass das Gefecht den Kern der Schlacht ausmacht und auch für die anderen Formen der Kriegführung zentral ist, und dies bildet das zusammenschließende und übergreifende Element, das für die Idee, die wir uns vom Krieg machen, nötig ist. Der zweite Grund ist, dass die Berufsarmeen die Idee der Schlacht als höchste Prüfung ihres Könnens kultiviert haben – als das, was Strategie mit Taktik verbindet und der Idee einer Kriegskunst Konsistenz gibt. Drittens und allgemeiner bleiben Schlacht und Schlachterfahrung etwas ihrer Natur nach Rätselhaftes. Die Kombattant*innen haben nicht die Zeit, zu schreiben oder nachzudenken, wenn sie sich in die Schlacht geworfen finden, und was sie im Nachhinein rekonstruieren, bleibt partiell und selektiv. Diejenigen, die nie an einer Schlacht teilgenommen haben, bleiben in diesen Erzählungen gefangen, und sie sind sich bewusst, dass es ihnen niemals gelingt, ihre ganze Bedeutung zu durchdringen.

      Sir Hew Strachan ist Professor für Internationale Beziehungen an der St. Andrews University. Er ist einer der wichtigsten Forscher über die Militärgeschichte des Ersten Weltkrieges und Verfasser insbesondere eines Klassikers: The First World War, Bd. 1: To Arms (Oxford 2001).

       Literaturhinweise

      In Das Antlitz des Krieges (Düsseldorf 1978) beschäftigt sich John Keegan mit der Erfahrung der Schlacht, insbesondere im grundlegenden ersten Kapitel. Damit steht er in der Nachfolge zweier amerikanischer Autoren: S. L. A. Marshall, Men against Fire. The Problem of Battle Command in Future Wars (New York 1947), das trotz der Kritiken, die ihm seine retrospektive Methode eingebracht hat, von Bedeutung ist; und Jesse Glenn Gray, Homo furens oder braucht der Mensch den Krieg? (Hamburg 1970), das sich mit der Erfahrung des Infanteriekampfes im Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Études sur le combat (Paris 1903; englisch: Battle Studies, Harrisburg, Pa. 1958) von Charles Ardant du Picq wurde zur Pionierarbeit über dieses Thema, während Sous le feu. La Mort comme hypothèse de travail (Paris 2014) von Michel Goya die jüngste Aktualisierung liefert.

      Zu den Ursprüngen der Schlacht in der antiken Welt stützt sich Victor Davis Hanson in Carnage and Culture. Landmark Battles in the Rise of Westen Power (New York 2001) auf sein früheres Werk The Western Way of War. Infantry Battle in Classical Greece (New York 1989). Direkt infrage gezogen werden seine Thesen von John Lynn in Battle. A History of Combat and Culture (Boulder, Colo. 2003). In The Age of Battles. The Quest for Decisive Warfare from Breitenfeld to Waterloo (Bloomington 1991) erklärt Russell Weigley, wie schwer die Idee der Entscheidungsschlacht zu Beginn der Moderne zu fassen ist, während umgekehrt James Whitman in The Verdict of Battle. The Law of Victory and the Making of Modern War (Cambridge, Ma. 2012) zeigt, in welchem Maße sie doch gültig blieb.

      Für den Einsatz der Schlacht durch Napoleon siehe die von Bruno Colson herausgegebene Ausgabe von De la guerre (Paris 2011) sowie Antulio Echevarria, After Clausewitz. German Military Thinkers before the Great War (Lawrence 2000), und Sven Lange, Hans Delbrück und der »Strategiestreit«. Kriegführung und Kriegsgeschichte in der Kontroverse (1879–1914) (Freiburg im Breisgau 1995), das dem Erbe Clausewitz’ im deutschen Militärdenken nachgeht. Die beste Weise, die Stellung der Schlachten im 19. Jahrhundert zu verstehen, ist die Lektüre von Jomini, Moltke, Schlieffen, Bonnal und Colin. Zu den Debatten in Frankreich ist das Buch von Benoît Durieux, Clausewitz en France. Deux siècles de réflexion sur la guerre (1807–2007) (Paris 2008) meisterhaft.

      Verdun ist Thema folgender jüngerer Veröffentlichungen: Paul Jankowski, Verdun. Die Jahrhundertschlacht (Frankfurt am Main 2015), Antoine Prost und Gerd Krumeich, Verdun 1916. Die Schlacht und ihr Mythos aus deutsch-französischer Sicht (Essen 2016), und Olaf Jessen, Verdun 1916. Urschlacht des Jahrhunderts (München 2014). Die besten neueren Bücher über die Schlacht an der Somme sind William Philpott, Bloody Victory. The Sacrifice on the Somme and the Making of the Twentieth Century (London 2009), Robin Prior und Trevor Wilson, The Somme (New Haven 2005), und Matthias Strohn (Hg.), The Battle

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