Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

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Eine Geschichte des Krieges - Группа авторов

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am 20. April 1999 schloss das Unternehmen Verträge über die Ausbildung von Polizist*innen für Einsätze in Schulen ab. Zwei Jahre später ging es als erstes privates Militärunternehmen nach Afghanistan und später auch in den Irak. Es wurde stark dafür kritisiert, dass sein allgemein schwer bewaffnetes Personal die Tendenz hatte, beim kleinsten Zwischenfall nach den Waffen zu greifen. Am 31. März 2014 gerieten vier seiner Söldner, die sich auf dem Weg durch Falludscha verirrt hatten, in einen Hinterhalt und wurden gelyncht. Die Männer hatten sich geweigert, ihre Fahrt mit den in diesem Sektor stationierten amerikanischen Marines abzusprechen, was jeden Rettungsversuch unmöglich machte. Der Vorfall löste viel Empörung aus, als die Bilder der von einer Euphrat-Brücke hängenden verbrannten Leichen im Internet kursierten. Kurze Zeit später startete die amerikanische Armee eine brutale Offensive (Operation Vigilant Resolve), um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren und Falludscha von den Aufständischen zurückzuerobern.

      Das Unternehmen stand erneut im Mittelpunkt einer Kontroverse, als eines seiner Kommandos am 16. September 2007 siebzehn irakische Zivilist*innen auf dem Nisour-Platz in Bagdad tötete. Das Unternehmen behauptete, dass seine Männer in einen Hinterhalt geraten seien und keine andere Wahl gehabt hätten, als den Angriff zu erwidern. Bei einer Untersuchung des FBI kam jedoch heraus, dass vierzehn der siebzehn Opfer grundlos beschossen worden waren. Der Vorfall brachte eine Reihe von Unzulänglichkeiten in der Art, wie die amerikanische Regierung ihre Beziehungen zu den privaten Sicherheitsunternehmen im Irak gestaltete, ans Licht. Häufig wusste die amerikanische Armee nicht, was die für das State Department arbeitenden Unternehmen genau taten, was unter anderem ihre Militäreinsätze potenziell gefährdete. Während die Armee versuchte, das Gewaltniveau im Land zu reduzieren, verschlechterten die Sicherheitsunternehmen durch ihr Handeln die Lage. Da beide Gruppen Uniform trugen, wurde die amerikanische Armee häufig Ziel der Vergeltungsschläge der Aufständischen. Wenn zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig wurden, waren es dennoch die privaten Unternehmen, die dafür herangezogen wurden: Die Besatzungskräfte hätten ohne ihre Mitwirkung nicht dieselben Ergebnisse erzielen können.

       Ein internationaler Sicherheitsmarkt

      Postmoderne Söldner*innen spielen in den heutigen Konflikten eine wichtige Rolle, doch diese Rolle befindet sich in ständiger Bewegung. Während manche vertreten, dass sie die Kampfeinsätze der nationalen Armeen übernehmen sollten, meinen andere, dass sie sich auf weniger kontroverse Aufgaben wie die Sicherung von Konfliktzonen oder Kampfeinsätze gegen Pirat*innen konzentrieren sollten. Beide Parteien sind sich dennoch einig, dass die Zahl postmoderner Söldner*innen deutlich ansteigt und so regelrecht ein internationaler Sicherheitsmarkt entsteht. Zu ihren Kunden gehören staatliche wie nichtstaatliche Akteure mit dem ganzen Spektrum politischer, ökonomischer, religiöser und ethnischer Ziele. Dieses Szenario wird manchmal als »neomedievalistische Kriege« beschrieben, in denen die Genfer Konventionen nicht mehr zur Anwendung kommen.

      Häufig wird auch von Kriegen niedriger Intensität gesprochen, in denen nichtstaatliche Akteure auf transnationaler Ebene operieren, um sich mit nichtkonventionellen Mitteln über die Autorität eines Staates hinwegzusetzen, während der fragliche Staat sich bemüht, die peripheren Bedrohungen in Schach zu halten. Diese Bedrohungen werden peripher genannt, weil sie insbesondere für die westlichen Länder nicht direkt gegen die nationalen Interessen gerichtet sind, sondern vielmehr aus dem Zusammenbruch der Stabilität und Sicherheit von Entwicklungsländern resultieren. Laut Andreas Krieg berühren solche Bedrohungen nicht direkt den Gesellschaftsvertrag der westlichen Regierungen mit ihren Bevölkerungen (von Clausewitz in der »wunderlichen Dreifaltigkeit«2 beschrieben) und erschweren infolgedessen die Mobilisierung westlicher Soldat*innen. Anders gesagt hat der Westen eine Aversion dagegen entwickelt, seine Soldat*innen im Kampf sterben zu sehen, weshalb dann postmoderne Söldner*innen eingesetzt werden, die ihre Dienste im Tausch für eine finanzielle Gegenleistung bereitwillig anbieten. Zur selben Zeit fühlen sich die westlichen Staaten verpflichtet, in den zerfallenen oder geschwächten Staaten für Sicherheit zu sorgen, um ihnen die Möglichkeit für Wiederaufbau zu geben, Schiffe gegen Pirat*innen zu schützen oder humanitäre Aktionen und Entwicklungshilfe zu sichern. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich dies in der näheren Zukunft ändern wird. Die postmodernen Söldner*innen sind zu den bevorzugten Krieger*innen der westlichen Staaten geworden, die sich in humanitären Interventionen niedriger Intensität engagieren.

      Die Vergabe von Aufträgen für Militär- und Sicherheitsoperationen bildet einen viele Millionen Dollar schweren Markt. Man könnte so weit gehen zu sagen, dass die Sicherheitsunternehmen den Krieg erschwinglich gemacht haben, denn für alltägliche Aufgaben wie die Überwachung eines Militärlagers kostet die Beschäftigung einer internationalen Arbeitskraft weniger als ein Armeesoldat. Seither sind die Sicherheitsunternehmen unablässig auf der Suche nach neuen Gelegenheiten: Sobald sie wussten, dass die Vereinigten Staaten und Großbritannien ihre Truppen aus dem Irak und aus Afghanistan abziehen würden, mussten sie neue Missionen für sich auftun, zum Beispiel die Bekämpfung der zuletzt auflebenden Piraterie in Somalia oder das Vereiteln von Attentaten auf Linienflüge. Zugleich wohnen wir einer zunehmenden Tendenz zur Verwendung einheimischen Personals bei: Die Sicherheitsfirmen beschäftigen immer häufiger von westlichen Kadern ausgebildete lokale Arbeitskräfte.

      Schlussendlich markiert der aktuelle Aufschwung des postmodernen Söldnerwesens keine Rückkehr zu einer früheren Periode der internationalen Beziehungen, in der Privatarmeen unter Missachtung des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung Afrika in Brand steckten. Die modernen Söldner*innen repräsentieren eine andere Figur. Natürlich sind sie immer bereit, für Geld zu kämpfen, aber meistens gilt ihre Loyalität dem Staat. Das bedeutet nicht, dass sie nicht gelegentlich bereit wären, ihre Dienste den Meistbietenden zu verkaufen. Die empirischen Daten legen das Gegenteil nahe. Doch sie sind sich bewusst, dass ihr Los an die Staaten und die Unterstützung von deren Interessen gebunden ist. Die Schädigung dieser Interessen, wie es im Kongo und in Angola passiert ist, führt schnurstracks in die Katastrophe, die die postmodernen Söldner*innen vermeiden müssen, wollen sie weiter ihren Lebensunterhalt verdienen.

      Die Geschichte des modernen Söldnerwesens ist aus politischen Intrigen gestrickt. In den 1960er und 1970er Jahren wurde es von den europäischen Kolonialmächten benutzt, um mit Blick auf die natürlichen Ressourcen des Kontinents eine Kontrolle über die afrikanischen Geschäfte zu behalten, und von den USA wurde es benutzt, um den sowjetischen und chinesischen Einfluss in der Region zurückzudrängen. Aufgrund der Versuche, die afrikanischen Völker ihres Rechts auf Selbstbestimmung zu berauben, wurde der Söldner als solcher zur verachteten Figur. Es gibt einige Ausnahmen, beispielsweise die Söldner, die die jemenitischen Bergstämme unterstützten, welche die Monarchie in ihrem Land wiederherzustellen versuchten. Doch im Allgemeinen wurde der Söldner für sein verachtenswertes Verhalten, seine Habgier und Bereitwilligkeit, den alten Kolonialmächten als Lakai zu dienen, kritisiert, was in der Summe zu seiner Kennzeichnung als »Wandersöldner« führte.

      Mit dem Ende des Kalten Krieges hat sich die Tätigkeit der Söldner*innen internationalisiert, kommerzialisiert und demokratisiert. In diesem Kontext suchen sie nach einer Beziehung zu den afrikanischen Machthabern, die auf Kooperation und nicht auf Intrigen gegründet ist. Sie haben sich selbst in Berufssoldat*innen verwandelt, die nicht nur durch Geld motiviert sind, sondern auch durch ein gewisses Berufsethos. Außerdem haben sie gelernt, nicht gegen die Interessen der Staaten zu agieren. Mit der Einführung der neoliberalen Marktpraktiken, die das Outsourcen der staatlichen Funktionen betonen, sind sie mit ihrer Bereitschaft, sich anstelle der nationalen Soldat*innen in Konflikten niedriger Intensität zu engagieren, zu den neuen Begleiter*innen der traditionellen Armeen geworden – weit entfernt von der Kriegsmeute, die in den 1960er und 1970er Jahren Afrika verwüstete.

      Christopher Kinsey ist Reader in Business and International Security am King’s College in London und arbeitet über die neueren Transformationen des Krieges und die Formen der Privatisierung der Streitkräfte.

       Literaturhinweise

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