Ellenbogenfreiheit. Daniel C. Dennett

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Ellenbogenfreiheit - Daniel C. Dennett eva taschenbuch

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href="#ulink_9c210bab-8e95-5caa-8f83-95ca17927ec9">10 aber er war nicht sehr erfolgreich darin, andere Philosophen für seine Sache zu gewinnen:

      „Die Menschheit täuscht sich zum Glück über den freien Willen, und dies scheint eine Voraussetzung zivilisierter Moralität und persönlicher Werte zu sein […] Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es grundlegende Überzeugungen gibt, die aus moralischen Gründen nicht aufgegeben werden sollten, obwohl sie einander zerstören könnten oder sogar teilweise auf inkohärenten Konzeptionen beruhen. Zumindest bei der Mehrzahl der Menschen bedürfen diese Überzeugungen potenziell der motivierten Mediation und einer Abschottung durch Illusion, die von Wunschdenken bis hin zur Selbsttäuschung reicht.“

      Der diesen Vorschlägen innewohnende Paternalismus ist auf atemberaubende Weise herablassend: Wir Erkennende können mit der Wahrheit umgehen, aber „die Mehrzahl der Menschen“ muss mit einer noblen Lüge eingelullt werden. Miles zitiert John Horgan, ehemals Redakteur beim Scientific American, aus einem Aufsatz auf der sehr einflussreichen Webseite Edge.org: „Die Wissenschaft hat zunehmend klargemacht (mir zumindest), dass der freie Wille eine Illusion ist. Aber er ist – noch mehr als Gott – eine prächtige und absolut notwendige Illusion.“ Doch anscheinend nicht absolut notwendig für Horgan.

      Erasmus ist dieser Falle entkommen. Er stellt sich nie explizit der Frage, ob er Heuchelei befürworten würde, um die lebenserhaltende Illusion der Willensfreiheit aufrechtzuerhalten, da er argumentiert, dass der freie Wille keine Illusion sei. Die Willensfreiheit sei etwas Reales, und Erasmus kann das anhand seiner geschickten Interpretationen der Heiligen Schrift demonstrieren. Immerhin ist das das angekündigte Ziel seines Essays.

      Luthers (Fehl-)Interpretationen der Bibelstellen erklärt er mit demselben Schwung weg, wobei er an den gesunden Menschenverstand des Lesers appelliert, aber am Ende auch ein wenig zu viel von seinem Ziel preisgibt:

      Man beachte, dass dies alles Gründe dafür sind, zu behaupten, der Wille sei frei, aber nicht dafür, zu glauben, er sei es tatsächlich! Indem er die Hintergedanken seiner Kampagne so ehrlich offenlegt, untergräbt er sie, weist aber zugleich auf ein Problem hin, das uns auch heute umtreibt: Wie kann jemand ernsthaft – und glaubhaft – eine Kampagne anzetteln, um zu zeigen, dass die Willensfreiheit real ist, wenn doch „jeder weiß“, dass wir große Probleme bekommen, wenn sie es nicht ist?

      Der Kompatibilismus hat trotz seiner Popularität unter Philosophen stets Argwohn hervorgerufen. Kant nannte ihn bekanntermaßen eine „elende Täuschung“, und heutige Autoren äußern oft ihre Zweifel an der Aufrichtigkeit derjenigen, die ihn vertreten. Und so sollte es eigentlich auch sein. Die Wissenschaft lehrt uns, gerade bezüglich des Wunschdenkens besonders wachsam zu sein, und viele der Regeln wissenschaftlicher Forschung wurden speziell zu dem Zweck entworfen, uns davor zu schützen, auf unsere Hoffnungen hereinzufallen, wenn wir glauben, von der Evidenz überzeugt zu sein. Stellen Sie sich vor, einige Astronomen würden verkünden, dass ein gigantischer Asteroid in zehn Jahren auf unserem Planeten einschlagen werde, alles Leben auslöschend, woraufhin eine andere Gruppe von Astronomen erklärte, ihre erneute Analyse der Daten zeige, dass wir alle aufatmen könnten; der Asteroid werde die Erde knapp verfehlen. Gute Neuigkeiten, aber woher wissen wir, dass sie sich nicht selbst betrügen – oder uns nur mit einer liebevollen Lüge täuschen? Prüfen Sie genau ihre Berechnungen; versuchen Sie, unabhängig davon die Daten zu reproduzieren; akzeptieren Sie nicht einfach ihre Schlussfolgerung, nur weil sie keine offensichtlichen Fehler enthält und Ihnen entgegenkommt! Aber vergessen Sie ebenfalls niemals, dass sie recht haben könnten. Machen Sie nicht den Fehler und diskreditieren – auf der Basis „allgemeiner Prinzipien“ – etwas, das scheinbar „zu gut ist, um wahr zu sein“! Ist der Kompatibilismus zu gut, um wahr zu sein? Ich denke nicht; ich glaube, er ist wahr, und wir können gründlich und entschieden die Panikmacher zurückweisen und zugleich unser Verständnis dessen, was unsere moralische Verantwortung rechtfertigt, reformieren und überdenken.

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