Das Raunen und Tuscheln der Wüste. Bell Gertrude Lowthian

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Das Raunen und Tuscheln der Wüste - Bell Gertrude Lowthian Die kühne Reisende

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und es gibt auch keine Zelte, sondern Häuser – wenn eine genauere Bezeichnung nötig ist, sagen sie ›Fellhaus‹, normalerweise aber nur ›Haus‹, und übergehen damit souverän jede andere Bedeutung als eines Daches aus schwarzem Ziegenfell. Auch wer zwischen Mauern lebt, kann in gewisser Weise ’Arab sein. Die Männer von Salt gehören zu den Stämmen der Belka-Ebene, das sind die Abadeh, die Da’ja, die Beni Hasan und einige andere, die zusammen die große Gruppe der Adwan bilden. Zwei mächtige Gruppen machen sich hier die Herrschaft über die syrische Wüste streitig, die Beni Sakhr und die Anazeh. Zwischen den Sukhur und den Belka herrscht traditionell eine, allerdings durch bedauerliche Zwischenfälle getrübte, Freundschaft. Das mag der Grund sein, warum man in dieser Gegend sagt, die Anazeh seien den Beni Sakhr zwar zahlenmäßig überlegen, aber bei weitem nicht so mutig wie sie. Mit einem der Söhne des Talal ul Faiz, Herrscher der Beni Sakhr, bin ich sehr flüchtig bekannt. Ich habe ihn vor fünf Jahren hier in dieser Ebene kennengelernt, das war aber einen Monat später als jetzt, um diese Zeit zieht sein Stamm von den heißen östlichen Weidegebieten zum Jordan. Damals ritt ich in Begleitung eines tscherkessischen Saptieh von Madeba nach Mschatta, die Deutschen hatten die reliefgeschmückte Fassade dieses wunderbaren Bauwerks noch nicht abgenommen. Überall auf der Ebene sah man Herden und die schwarzen Zelte der Sukhur, als wir hindurch ritten, preschten drei Reiter heran, mit finsteren Mienen, bis an die Zähne bewaffnet, bedrohlich anzusehen. Sie wollten uns aufhalten und riefen uns von weitem einen Gruß zu, doch als sie den Soldaten sahen, machten sie kehrt und ritten langsam zurück. Der Tscherkesse lachte. »Das war Scheich Faiz«, sagte er, »Talals Sohn. Wie Schafe, wallah! wenn sie einen von uns sehen, sind sie wie Schafe!« Die Anazeh kenne ich nicht, weil ihre üblichen Winterorte näher am Euphrat liegen, aber bei aller Achtung vor den Sukhur glaube ich doch, dass ihre Rivalen die wahren Aristokraten der Wüste sind. Ihr Herrscherhaus, die Beni Shaala, trägt den stolzesten Namen, ihre Pferde sind die besten in ganz Arabien. Selbst die Schammar, Ibn Rasheeds Volk, wollen sie haben, um ihre Zucht zu verbessern.

      Aus den tief eingeschnittenen, den Ghor überragenden Bergen kamen wir in eine flache Hügellandschaft, die von kleinen antiken Ruinenstätten geradezu übersät war. Eine lag am Eingang des Wadi Sir. Eine Viertelstunde, bevor wir dorthin kamen, waren wir auf viele Fundamente samt einem großen Wasserbecken gestoßen, das die Araber Birket Umm el ’Amud (Becken der Mutter der Säule) nennen. Yusef sagte, der Name leite sich von einer Säule ab, die früher einmal mitten im Wasser gestanden habe; ein Araber habe darauf geschossen und sie zerbrochen, die Bruchstücke lägen am Boden des Beckens. Der Siedlungshügel von Amereh oder Tell, um ihn mit dem heimischen Namen zu bezeichnen, ist ruinenbedeckt, etwas weiter, in Yadudeh, sahen wir am Rand des Wasserbeckens steinerne Grabmale und Sarkophage. Überall in diesem Grenzland der Wüste finden sich solche Zeugnisse einer bevölkerungsreichen Vergangenheit, Dörfer aus dem fünften und sechsten Jahrhundert, als Madeba eine reiche, blühende christliche Stadt war, einige dürften noch älter sein, vielleicht vorrömisch.

      In Yadudeh, dem Ort mit den Grabmalen, wohnte ein Christ aus Salt, er war der größte Kornproduzent der Gegend und lebte in einem sehr einfachen Haus am Gipfel des Tells. Auch er war einer dieser energischen neuen Männer, die darum kämpfen, die Grenzen des kultivierten Landes immer weiter hinauszuschieben. Hier verließen wir die bergige Landschaft und kamen an den Rand einer endlosen, mit spärlichem Grün bewachsenen Ebene. Hier und da gab es einen kegeligen Tell oder einen niedrigen Höhenzug – und dann wieder Ebene. Sie ist beruhigend anzusehen, nie monoton, in den Zauber des winterlichen Sonnenuntergangs gehüllt, weich gerundete Senken fangen den Nebel, weich schwellende Hügel das Licht, über allem ist die Himmelskuppel, die Wüste und Meer gleichermaßen überwölbt. Das erste Hügelchen war Tneib. Wir kamen nach neun Stunden an, es war 17 Uhr 30, die Sonne ging gerade unter, wir schlugen am Südhang die Zelte auf. Der ganze Abhang war ruinenübersät, niedrige Mauern aus grob behauenen, ohne Mörtel gelegten Steinen, in den Fels gehauene Zisternen, einige mit Sicherheit nicht für Wasser, sondern Getreide bestimmt, wofür sie auch jetzt benutzt wurden, und ein offenes, mit Erde aufgefülltes Wasserbecken. Namrud war unterwegs, um einen benachbarten Bauern zu besuchen, aber einer seiner Männer brach auf, um ihn von meiner Ankunft zu informieren. Um zehn Uhr kehrte Namrud bei eisigem Sternenschein zurück, mehrfach beteuerte er seine Freude und versicherte, dass meine Wünsche sehr einfach zu erfüllen seien. So schlief ich von der kalten Stille der Wüste umhüllt ein, und wachte am folgenden Morgen in einer glitzernden Welt voll Sonnenschein und angenehmen Aussichten wieder auf.

      Als erstes musste zu den Arabern geschickt werden. Nach einigen Überlegungen entschieden wir uns für die Da’ja, ein Stamm der Belka-Hochebene. Sie waren uns am nächsten und vermutlich auch am ehesten von Nutzen, also schickten wir einen Boten zu ihren Zelten. Den Morgen verbrachten wir damit, den Hügel zu erkunden und eine großen Menge Kupfermünzen zu begutachten, die unter Namruds Pflug aufgetaucht waren. Sie waren alle römisch, eine mit dem schwachen Konterfei Konstantins, einige älter, keine stammte aus der jüngeren byzantinischen Periode oder der Zeit der Kreuzzüge; diesen Münzen nach zu urteilen, war Tneib seit den Zeiten der arabischen Invasion verlassen. Namrud hatte die Nekropolis entdeckt, aber in den Gräbern war nichts zu finden, sie waren vermutlich schon vor Jahrhunderten geplündert worden. Sie waren in den Fels gehauen und ähnelten Zisternen. Dicht über dem Erdboden waren zwei massive Steinsäulen, dazwischen ein schmaler Durchgang, an den Seitenwänden einige unregelmäßige Vorsprünge, Stufen für jene, die hinabsteigen müssen, im unteren Raum Nischen, eine über der anderen, die wie Regale an den Wänden entlang laufen – so sahen sie aus. In der Nähe des Südhangs waren Grundmauern eines Bauwerks, das eine Kirche gewesen sein könnte. Ein mageres Ergebnis für einen ganzen langen Tag, darum ritten wir in der goldenen Nachmittagssonne zwei Stunden nach Norden in ein breites, von flachen Hängen gesäumtes Tal. Seine Ränder waren mit Ruinen gesäumt, nach Osten hin standen einige Mauerfundamente in der Mitte des Tals – Namrud nannte den Ort Kuseir es Sahl, das Schlösschen der Ebene. Unser Ziel waren Gebäude am westlichen Ende, Khureibat es Suq. Das erste, zu dem wir kamen, war klein (41 mal 39 Fuß und 8 Zoll, die größte Ausdehnung in Ost-West-Richtung) und halb im Boden versunken. Zwei Sarkophage davor ließen vermuten, dass es ehemals ein Mausoleum war. In der Westwand war ein Rundbogentor, der Bogen von einem flachen Relief verziert. In Höhe des Bogens verjüngten sich die Mauern um die Breite eines kleinen Rücksprungs, zwei Steinlagen höher umlief eine geschweifte Kranzleiste das Gebäude. Einige hundert Meter westlich des Kasr oder Schlosses (die Araber nennen die meisten Ruinen Schloss oder Kloster) stand die Ruine eines Tempels. Er war im Laufe der Zeit offenbar für andere Zwecke benutzt worden als für den, für den er ursprünglich gebaut worden war, denn die beiden Reihen von sieben Säulen waren von Mauerresten umgeben und am westlichen Ende der Kolonnaden gab es unerklärliche Querwände. Dahinter scheint ein doppelter Hof gelegen zu haben, noch weiter westlich lag ein ganzer Komplex zerfallener Grundmauern. Das Tor ging nach Osten, die Pfeiler trugen feine Steinmeißelungen: ein Band, eine Palmette, ein zweites glattes Band, ein Torus mit Weinranke, Perlschnur, Eierstab, auf der oberen Zierleiste schließlich eine zweite Palmette. Das Ganze erinnerte stark an Arbeiten in Palmyra – mit den Reliefs der Fassade von Mschatta konnte das allerdings nicht konkurrieren, auch war der Gesamteindruck nüchterner und den klassischen Vorbildern enger verwandt als es dort der Fall ist. Nördlich des Tempels, etwas erhoben, erwies sich eine weitere Ruine als ein zweites Mausoleum. Ein längliches Rechteck, aus großen Steinen sorgfältig und ohne Mörtel erbaut. Eine Treppe an der Südostseite führte in eine Art Vorraum hinab, er lag aufgrund des abfallenden Hügels an der Ostseite mit dem Erdboden auf gleicher Höhe. An der Außenwand des Vorraums standen Säulenstümpfe, vermutlich Überreste einer kleinen Kolonnade, die die Ostfassade schmückte. Längs der noch vorhandenen Mauern standen sechs Sarkophage, je zwei nach Norden, Süden und Westen. Unter den Säulenschäften lief beiderseits der Treppe ein Fries, er bestand aus einem kühnen Torus zwischen zwei Leisten, dieses Motiv zierte auch das Innere der Sarkophage. Die Stützmauer auf der Südseite zeigte zwei Vorsprünge, im Übrigen war das Bauwerk ganz schlicht, einige der im Gras liegenden Fragmente trugen allerdings ein fließendes Weinrankenmuster. Dieses Mausoleum erinnerte an eine in Nordsyrien verbreitet Art des Pyramidengrabs; ich kann mich nicht erinnern, so weit südlich schon einmal eines gesehen zu haben. Vielleicht ähnelte es einmal jenem wunderbaren Grabmonument mit säulenbestandener Vorhalle, das eines der Höhepunkte von Dana-Süd ist, die Weinranken-Fragmente waren vielleicht

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