Das Raunen und Tuscheln der Wüste. Bell Gertrude Lowthian

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Das Raunen und Tuscheln der Wüste - Bell Gertrude Lowthian Die kühne Reisende

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und auch schneller als mit Kamelen, sofern die Waren ankamen; für gewöhnlich aber waren die Säcke bei ihrer Ankunft in der Stadt so viel leichter als beim Aufladen, dass jeder Gewinn dahin war. Vielleicht würde das ja einmal besser werden – wenn auch die Lampen, Polster und all die anderen Einrichtungsgegenstände der Wüsten-Bahn, von den nackten Bänken abgesehen, an dem Platz blieben, für den sie angefertigt und gekauft worden waren.

      Wir sprachen auch über Aberglauben und Ängste, die das Herz des Nachts befallen. Es gibt Orte, sagte er, die jeder Araber nach Einbruch der Dunkelheit meide – verhexte Brunnen, denen sich kein Durstiger zu nähern wagt, Ruinen, wo kein Müder Schutz suchen würde, Senken, die für den allein Reisenden kein guter Lagerplatz sind. Was fürchteten sie? Jinneh! Nun, wer wusste schon zu sagen, was der Mensch fürchtet? Er selbst hatte einmal einen Araber fast zu Tode erschreckt, als er im schwachen Licht der Morgendämmerung völlig nackt vor ihm aus einem Tümpel stieg. Der Mann rannte zu seinen Zelten und schwor, einen Jinn gesehen zu haben, man dürfe die Tiere nicht zum Wasser hinunter lassen, denn dort hause er. Daran hielt er fest, bis Namrud kam, lachte und die Geschichte aufklärte.

      Wir kehrten nicht direkt ins Lager zurück. Für diesen Abend hatte mich Scheich Nahar von den Beni Sakhr zum Abendessen eingeladen, das war der Scheich, der am Vorabend in Namruds Höhle gewesen war; wir besprachen das lange und entschieden schließlich, dass es mich nicht kompromittieren würde, die Einladung anzunehmen.

      »Grundsätzlich gesprochen«, erläuterte Namrud, »solltet Ihr aber immer nur die Zelte bedeutender Scheiche besuchen. Sonst fallt Ihr Leuten in die Hände, die Euch nur wegen Eurer Gastgeschenke einladen. Nahar – nun ja, er ist ein ehrlicher Mann, wenn auch ein Meskin …«, diese Bezeichnung deckt alle Formen leiser Verachtung ab, ob ehrbare Armut, Schwachsinn oder erste Anzeichen einer gewissen Lasterhaftigkeit.

      Der Meskin empfing mich würdevoll wie ein Fürst und geleitete mich zu dem Ehrenplatz auf dem zerschlissenen Teppich, er lag zwischen dem viereckigen Loch im Boden, das als Kochstelle dient, und der Abtrennung zwischen Männer- und Frauenbereich. Wir hatten unsere Pferde an eines der langen Zelttaue gebunden, die diesen leichten Behausungen eine solch bewundernswerte Stabilität verleihen, der Blick schweifte von der Stelle, wo wir saßen, gen Osten über die weite Hügellandschaft – die sich in Wellen hob und senkte, als atme die Wüste in der hereinfallenden Nacht leise ein und aus. Die windabgewandte Seite eines arabischen Zeltes steht immer offen, damit Luft hereinkommt, dreht der Wind, nehmen die Frauen die Zeltwand herunter und bringen sie an anderer Stelle wieder an, so bekommt das Haus binnen weniger Augenblicke eine andere Blickrichtung und wendet sich vergnügt der besseren Aussicht zu. Es ist so klein, so zart und dabei so fest verankert, dass die Stürme ihm wenig anhaben können; das dichte Gewebe der Ziegenfell-Planen quillt bei Feuchtigkeit auf und wird dicht, erst bei Dauerregen mit Sturm sickern kalte Rinnsale in die Behausung.

      Die Kaffeebohnen waren geröstet und gemahlen, die Kaffeetöpfe simmerten in der Glut, da kamen aus dem Osten drei Reiter und machten am offenen Zelt Halt. Es waren untersetzte, breitschultrige Männer, die Gesichtszüge auffallend unregelmäßig, die Zähne standen vor, sie froren und waren regendurchnässt. Man machte ihnen im Kreis um das Feuer Platz, sie streckten die Hände in die Wärme, die Unterhaltung wurde ohne Unterbrechung geführt, denn es waren nur Männer der Sherarat, die heruntergekommen waren, um in Moab Korn zu kaufen. Die Sherarats sind zwar einer der größten und mächtigsten Stämme und die berühmtesten Kamelzüchter, aber sie haben schlechtes Blut, kein Araber aus der Belka würde sich durch Heirat mit ihnen verbinden. Sie haben keine festen Weideplätze, selbst während der Sommerdürre ziehen sie durch die innere Wüste, dabei ist es ihnen gleichgültig, wenn sie mehrere Tage hintereinander kein Wasser haben. Das Gespräch an Nahars Feuer drehte sich um meine Reise. Ein Neger der Sukhur, ein gewaltiger Mann mit klugem Gesicht, wollte mich gern als Führer ins Drusengebirge begleiten, räumte aber ein, dass er umdrehen und fliehen müsse, sobald er das Gebiet dieser tapferen Bergbewohner erreicht habe, die Drusen und die Beni Sakhr lagen immer im Streit miteinander. Die Negersklaven der Sukhur werden von ihren Herren gut behandelt, denn die kennen ihren Wert, und sie genießen in der Wüste einen guten Ruf, weil etwas vom Glanz des großen Stammes, dem sie dienen, auch auf sie fällt. Ich war halb geneigt, sein Angebot zu akzeptieren, auch wenn das bedeutet hätte, dass ich mich beim ersten Drusendorf eventuell um einen toten Neger würde kümmern müssen, als meine Überlegungen durch die Ankunft eines weiteren Gastes unterbrochen wurden. Es war ein junger Mann, hoch gewachsen, mit schönem, zarten Gesicht, der Teint fast weiß, die langen Locken fast braun. Als er sich näherte, erhoben sich Nahar und die anderen Scheiche der Sukhur, um ihn zu begrüßen, bevor er das Zelt betrat, küsste ihn jeder auf beide Wangen. Auch Namrud stand auf und rief ihm entgegen:

      »Alles gut? Gebe es Gott! Wer ist bei dir?«

      Der junge Mann hob die Hand und sagte:

      »Gott.«

      Er war allein.

      Ohne der übrigen Gesellschaft größere Beachtung zu schenken, musterte er kurz die drei Scheiche der Sherarat, die am Eingang saßen, wo sie Hammel und Joghurt aßen, sowie die fremde Frau am Feuer, dann ging er mit einer gemurmelten Begrüßung in den hinteren Bereich des Zeltes. Nahars Frage, ob er essen möchte, verneinte er. Der junge Mann war Gablan, er stammte aus der Herrscherfamilie der Da’ja und war ein Verwandter des regierenden Scheichs. Er hatte, wie ich später erfuhr, gehört, dass Namrud für einen Fremden einen Führer brauchte, Neuigkeiten reisen in der Wüste schnell, und war gekommen, um mich zum Zelt seines Onkels zu bringen. Keine fünf Minuten nach seiner Ankunft flüsterte Nahar Namrud etwas zu, daraufhin neigte dieser sich zu mir und sagte, da wir bereits gegessen hätten, sollten wir jetzt zusammen mit Gablan aufbrechen. Es überraschte mich, dass diese Abendgesellschaft ein so jähes Ende nehmen sollte, war aber klug genug, nicht zu widersprechen, und als wir über Namruds Felder und die Hügel von Tneib galoppierten, erfuhr ich den Grund. Die Da’ja und die Sherarat waren auf den Tod verfeindet. Gablan hatte mit einem Blick die Herkunft der anderen Gäste erkannt und sich schweigend in die Tiefen des Zeltes zurückgezogen. Er würde unter keinen Umständen vom selben Hammelgericht essen wie sie. Nahar erkannte (wer hätte das nicht?), wie heikel die Situation war, wusste aber nicht, wie die Männer der Sherarat sie deuteten. Und so hatte er uns, aus Angst vor einem Unglück, fortgeschickt. Am folgenden Morgen hatte sich die Atmosphäre (metaphorisch, nicht buchstäblich) geklärt, aufgrund des strömenden Regens saßen die Todfeinde den ganzen Tag in der Höhle, friedlich um Namruds Kaffeetopf versammelt.

      Der dritte Regentag war mehr, als die menschliche Geduld ertragen konnte. Ich hatte bereits vergessen, was es hieß, nicht klamm zu sein, warme Füße und trockenes Bettzeug zu haben. Gablan war am Morgen eine Stunde lang bei mir, um zu erfahren, was ich von ihm erhoffte. Ich erklärte, dass ich mir nichts anderes wünschte, als dass er mich durch die Wüste führen und zum Fuß der Berge bringen werde, ohne dass ich einen Militärposten zu Gesicht bekam. Gablan dachte einen Augenblick lang nach.

      »Verehrte Lady« sagte er dann, »glaubt Ihr, Ihr werdet mit Soldaten in Konflikt geraten? Denn dann nehme ich mein Gewehr mit.«

      Ich antwortete, dass es nicht meine Absicht sei, der gesamten Kavallerie des Sultans den offenen Krieg zu erklären, sondern vielmehr hoffte, ein solches Zusammentreffen mit etwas Vorsicht vermeiden zu können. Aber Gablan war der Ansicht, eine Kugel beflügelte jedes Vorhaben und beschloss, das Gewehr aufjeden Fall mitzunehmen.

      Da ich am Nachmittag nichts anderes zu tun hatte, sah ich zu, wie die Sherarat von Namrud Korn kauften. Sah man davon ab, dass ich gar nicht dorthin passte, und dass seither mehrere tausend Jahre vergangen waren, dann hätten diese Männer auch die Söhne Jakobs sein können, die nach Ägypten gekommen waren, um sich mit ihrem Bruder Joseph über das Gewicht eines Sacks Getreide zu zanken. Das Getreide lagerte in einer trockenen, in den Fels gehauenen Zisterne, aus der es, wie Wasser, in goldgelb gefüllten Eimern heraufgezogen wurde. Zur besseren Konservierung wurde es mit der Spreu aufbewahrt, daher musste es als erstes am Beckenrand gesiebt werden, was nicht ohne wortreiche und zornige

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