Lieblingsplätze Frankfurt am Main. Bernd Köstering

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Lieblingsplätze Frankfurt am Main - Bernd Köstering

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Mittelalter, um optisch perfekte Sandsteinquader zu imitieren. Schauen Sie aber nicht nur nach oben. Im Boden finden Sie die Umrisse einer ehemaligen Kapelle aus dem 7. Jahrhundert mit dem Grabmal eines adeligen Mädchens.

      Sie werden erkennen, dass der Dom in etwa so breit wie lang ist. Dies ist den Zeremonien der Königswahlen geschuldet: Durch das Querhaus verließ der Regent den Dom. Einst war dies auch in der Wandbemalung erkennbar. Vor der Orgel sehen Sie davon noch Reste. Entlang dieser Wand liegt die Christi-Grab-Kapelle. Schreiten Sie durch die kleine Tür an der Rückwand und atmen Sie Geschichte. In diesem unscheinbaren Raum, der früher die Bibliothek des Doms beherbergte, wurden Kaiser und Könige gewählt. Links vom Hochaltar können Sie auf Ihrem Weg nach draußen den Maria-Schlaf-Altar bestaunen. Die umgebenden Wände und Fenster der Kapelle überlebten als einzige das 20. Jahrhundert schadlos. Der Altar, aus Sandstein gefertigt, konnte wegen seines Gewichts in Kriegszeiten nicht in Sicherheit gebracht werden. Man mauerte die Kapelle kurzerhand ein, und rettete so die Ausstattung vor Bombentreffern.

      Verlassen Sie den Dom wie ein König, durch das Nordportal. Diesen Weg nahmen die frisch gewählten und gekrönten Deutschen Könige.

      Wenn Sie den 96 Meter hohen Turm bestiegen haben, raubt Ihnen nicht nur der Ausblick den Atem. Auch die über 300 Stufen nach oben tragen dazu bei.

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      Dom St. Bartholomäus

      Domplatz 1

      60311 Frankfurt am Main

      069 2970320

       www.dom-frankfurt.de

      Historie: Kaiser und Könige in Frankfurt

      Frankfurts erster Auftritt war königlich. 794 unterzeichnete Karl der Große hier eine Urkunde. Dies ist das älteste Dokument, das auf Frankfurt als Ort hinweist. Karl hielt sich oft und gerne hier auf. In der Zeit der fränkischen Herrscher und lange danach hatten Könige keine feste Residenz. Sie zogen durch das Land und besuchten ihre königlichen Pfalzen. Frankfurt war eine davon – und eine viel besuchte unter den Karolingern. Als Karls Enkel das Reich 843 im Vertrag von Verdun aufteilten, erhielt Ludwig der Deutsche den Ostteil, Ursprung des späteren Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Er machte Frankfurt zu seinem Hauptsitz. Damit erhielt die Stadt den Charakter einer ersten Hauptstadt im neuen Reich. Seinem Bruder Karl dem Kahlen wurde der Westteil, das spätere Frankreich, zugesprochen. Karl der Kahle, sozusagen der erste französische König, war ein waschechter Frankfurter Bub. Er erblickte am 13. Juni 823 in Frankfurt das Licht der Welt. Ein wirklicher Exportschlager, lange vor Goethe. Unter den folgenden Herrschern wurde es ab 911 etwas stiller um Frankfurt. Einige Reichstage wurden abgehalten und Kaiser schauten gelegentlich vorbei.

      Dies änderte sich schlagartig im Jahre 1138. Mit Konrad III. bestieg der erste Staufer den Thron. Die Staufer ließen sich in Frankfurt eine neue Pfalz bauen und verhalfen der Stadt zu einer neuen Blüte. Die ältesten erhaltenen Bauwerke Frankfurts stammen aus dieser Zeit. 1152 wurde Barbarossa in der Nikolaikirche zum König gewählt. Es ist die erste amtlich dokumentierte Königswahl in Frankfurt. Unsichere Quellen datieren das Jahr der ersten Königswahl in Frankfurt sogar auf 855. Mit Barbarossa wurde Frankfurt traditioneller Ort der Königswahl. Da dies zunächst nur auf Gewohnheitsrecht basierte, führte das Fehlen einer klaren Regelung oft zu einer Herrschaft von zwei Königen – von 1200 bis etwa 1350 in mehr als der Hälfte der Zeit. Einer von ihnen war Ludwig der Bayer, der 1314 in Frankfurt gewählt wurde. Auf der anderen Mainseite wurde gleichzeitig Friedrich der Schöne von einer Gegenpartei ebenfalls zum König ernannt. Acht Jahre dauerte die Fehde zwischen den beiden, bis Ludwig 1322 Friedrich in einer Schlacht besiegte. Doch Ludwigs Herrschaft wurde vom Papst nicht anerkannt, die kaiserliche Würde ihm so versagt. Kurzerhand marschierte Ludwig nach Italien und ließ sich vom Volk von Rom zum Kaiser wählen. Dies brach die Vorherrschaft des Papstes, der Ludwig mit einem Kirchenbann belegte. Frankfurt hielt in all den Jahren stets zu Ludwig und wurde dafür reich beschenkt. Das Recht eine zweite Handelsmesse abzuhalten, die Erweiterung der Stadtgrenze und auch das Eigentum über den Stadtwald stammen aus der Zeit und führten zu großem Reichtum.

      Nach Ludwigs Tod 1347 wurde Günther von Schwarzburg für kurze Zeit dessen Nachfolger, ehe Karl IV. alleiniger Regent wurde. Unter seiner Herrschaft entstand 1356 die Goldene Bulle, das erste »Grundgesetz« des Reiches. In ihm wurden das Gewohnheitsrecht der Königswahl zum Gesetz, die Bartholomäuskirche zwingend als Wahlort festgelegt. Kein Herrscher konnte sich von da an König nennen, der sich nicht in Frankfurt hatte wählen lassen. Dies bescherte der Stadt erneut den Charakter einer Hauptstadt. Ab 1562 wurden zudem die meisten Kaiser in Frankfurt auch gekrönt. Goethe berichtet beeindruckt in Dichtung und Wahrheit von der Krönung Josephs II. im Jahre 1764, deren Augenzeuge er war. Der letzte Kaiser, der sich im Frankfurter Dom die Krone aufsetzen ließ, war 1792 Franz II., der unter Napoleons Druck 1806 die Krone niederlegte.

      Auch heute noch treffen Sie an vielen Stellen der Stadt auf Zeichen der kaiserlichen Vergangenheit. Kommen Sie mit dem Zug an, finden Sie im Bahnhofsviertel die Karls-, Otto-, Ludwig- und Rudolfstraße, allesamt nach früheren Kaisern benannt. Aber auch in der modernen Architektur der Skyline wird diese Vergangenheit für den Kenner sichtbar. Das 208 Meter hohe Bürogebäude Westend 1 wird wegen seines auskragenden Abschlusses auch als »Kronenhochhaus« bezeichnet. Die elf Zacken auf dem Dach, die in Form einer Krone an die New Yorker Freiheitsstatue erinnern, zeigen auf die Frankfurter Altstadt und somit auf den Ort der früheren Kaiserwahlen und -krönungen.

      Altstadt: Neue Altstadt

      Der Begriff »Neue Altstadt« mag zunächst ungewöhnlich klingen, fast wie das Paradoxon »schwarzer Schimmel«, ist aber in Frankfurt sinnvoll und wird von den Einheimischen in der Alltagssprache auch so genutzt. Das Technische Rathaus in der Braubachstraße, eine Bausünde aus den 1970er-Jahren, wurde 2010 abgerissen, um an dessen Stelle die einstige Altstadt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wieder zu errichten.

      Das Viertel zwischen Dom und Römer wurde 2018 eingeweiht und besteht aus 20 Neubauten und 15 Rekonstruktionen. Letztere sollten möglichst originalgetreu gestaltet werden, was angesichts der heutigen Baurichtlinien und Brandschutzauflagen nur eingeschränkt möglich war. Puristen der historischen Architektur bezeichnen diese Bauweise als »zu weit entfernt vom Original« und werfen das Wort »Filmkulisse« in den Raum. Andere Menschen – und diese sind angesichts der Besucherzahlen eindeutig in der Mehrheit – erfreuen sich an den prachtvoll rekonstruierten Gebäuden, allen voran an der sehenswerten Fassade des Hauses zur goldenen Waage. Es wurden alte Handwerkstechniken eingesetzt, die nur noch von wenigen Betrieben ausgeführt werden können. Dabei konnten einige sogenannte Spolien integriert werden – Originalteile aus der ehemaligen Altstadt, die das Bombardement im März 1944 überstanden hatten und an verschiedenen Orten eingelagert waren.

      Das Foto zeigt einen Blick aus dem zweiten Stockwerk des Struwwelpetermuseums auf den zentralen Hühnermarkt. Genau diese Aussicht genoss in den 1750er-Jahren Goethes Tante Melber, der das Originalhaus an gleicher Stelle gehörte. Die Familie Goethe lebte hier fast zwei Jahre, während ihr eigenes Haus im Großen Hirschgraben umgebaut wurde. Im Zentrum des Hühnermarkts sieht man den berühmten Stoltze-Brunnen, oben im Bild quer den Krönungsweg.

      Mehr als 30 Läden, Cafés und Restaurants rund um den Hühnermarkt bieten mannigfaltige Möglichkeiten

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