Emscher Zorn. Mareike Löhnert

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Emscher Zorn - Mareike Löhnert

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in diesem Wohngebiet zu sein.

      Dies schien in diesem Viertel gerne angenommen und dringend benötigt zu werden. Wann immer Jakob den Laden, unter dem Vorwand etwas Obst kaufen zu wollen, besuchte, sah er, wie sie sich um die Menschen kümmerte.

      Diese Frau war, trotz ihrer oft ruppigen Art, ein Engel.

      Hingerissen glitt Jakobs Blick über ihren schlanken Körper, der sich durch die hochgeschlossene Kleidung abzeichnete.

      Sie bemerkte, dass sie beobachtet wurde und drehte sich in seine Richtung. Jakob erstarrte und schenkte ihr ein schüchternes Lächeln, dann wandte er sich ab und machte sich zügig auf den Heimweg.

      Zum Abendessen setzte Mutter ihm eine Schüssel mit Haferflocken und Milch vor.

      »Wir müssen sparen, Hase. Ist nicht mehr viel Geld übrig diesen Monat. Lass es dir schmecken und mach dir keine Sorgen. Du weißt doch: Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitte vor Gott kundwerden. Du musst beten, Jakob, lass uns zusammen beten, dann wird alles wieder gut.«

      Sie hielt seine Hand und schloss die Augen, als sie das Abendgebet sprach.

      Er nahm die Sorgenfalten auf ihrer Stirn wahr.

      Beten, dachte er genervt, beten hilft hier auch nichts mehr. Ich muss meinen Hintern hochbekommen und die Sache mit dem Amt regeln.

      Er schlang die Haferflocken in sich hinein, ohne etwas zu schmecken.

      In seinem Zimmer zog er sein Handy hervor und starrte auf das Display. Die Zahlen der Tastatur verschwammen vor seinen Augen.

      Das ist das letzte Mal, dass ich es probiere, schwor er sich. Ansonsten kann der Typ mir gestohlen bleiben. Der Gedanke tat weh. Nelu hatte es geschafft, die eingefrorene Langeweile in Jakobs Leben und sein trostloses Dahinvegetieren von Tag zu Tag zu durchbrechen.

      Das sich wiederholende Tuten bohrte sich in seinen Schädel. Er wollte gerade auf Auflegen drücken, um zu vermeiden, wieder die Automatenstimme zu hören, als am anderen Ende jemand ans Telefon ging.

      »Was?« Die Stimme von Nelu klang kalt und seltsam fremd.

      »Äh, ich bin es. Jakob.«

      »Jakob, welcher Jakob? Kenn ich nicht. Was willst du, Mann?«

      »Wir waren gestern auf dem Dach, dann im Klub. Erinnerst du dich nicht?« Jakob stockte.

      Es blieb einen Moment still am anderen Ende.

      »Ach klar, ich erinnere mich. Der dünne Schlägertyp in den Klamotten seines Opas.«

      Selbst durch den Hörer klang sein Lachen melodisch.

      Jakobs Herz machte einen Satz.

      »Der Auserwählte, der meine persönliche Dachterrasse betreten durfte.«

      »Ja, genau der«, rief Jakob euphorisch.

      »Was gibt’s?«, fragte Nelu lässig.

      Jakob musste kurz überlegen. »Eigentlich nichts. Wollte mich nur mal melden und fragen, wie es dir gestern noch ergangen ist.«

      »Was glaubst du wohl? Hast die Perle doch gesehen, obwohl ich sagen muss, dass der Eindruck falsche Hoffnungen geweckt hat. Im Bett war sie dann doch nur so Mittelmaß. Bisschen unkreativ und leblos. Bisschen so, als würde man es mit einer Leiche treiben. Ich hab Hunger«, wechselte er abrupt das Thema, »Bock, mit mir was essen zu gehen?«

      »Klar. Mein Magen knurrt, und ich hab nichts vor«, erwiderte Jakob hastig.

      »Gut, ich hol dich in einer halben Stunde ab. Komm nach draußen auf die Straße, oder soll ich mich noch bei deiner Mutti vorstellen, damit sie weiß, dass du in guten Händen bist und ich auf dich aufpassen werde?« Wieder ertönte sein heiseres Lachen.

      »Ich komm raus«, sagte Jakob schnell.

      Nelu unterbrach die Verbindung, ohne sich zu verabschieden.

      Jakob sprang auf und rannte ins Badezimmer. Eilig duschte er und zog sich frische Kleidung an.

      Er zog die Wohnungstür hinter sich zu und hastete nach unten. Er hörte das grollende Brummen des Wagens lange, bevor der blank gewienerte Mercedes um die Ecke bog. Das Licht der inzwischen untergehenden Sonne spiegelte sich im glänzenden Schwarz des Oldtimers. Der Wagen hielt mit laufendem Motor.

      Jakob stieg auf der Beifahrerseite ein und ließ sich in die weichen Ledersitze gleiten. Sein Blick fiel auf die herausgerissenen Kabel am Armaturenbrett. Sie fuhren los.

      »Hast du keine Angst, dass du mal erwischt wirst?«, fragte Jakob.

      »Wieso erwischt? Bei was?« Nelu wirkte erstaunt.

      Jakob war sich nicht sicher, ob er nicht nur so tat, als ob er nicht wüsste, wovon er sprach.

      »Na, du klaust doch diese Autos.«

      »Ich klaue nicht. Bin doch nicht so wie die anderen Rumänen. Ich leihe mir die Autos aus und parke sie halt irgendwo anders. Niemals im gleichen Wagen fahren. Ich liebe die Abwechslung. Ich könnte mir auch eine eigene Karre leisten, einen Lamborghini oder so, aber bei Autos ist es wie bei den Weibern. Immer das Gleiche ist öde, außerdem brauche ich mein Erspartes für Italien«, setzte er verträumt hinzu. »Es dauert nicht mehr lange, dann bin ich weg.«

      Er legte den Kopf schief und sah Jakob von der Seite an.

      »Ich habe einen Tisch reserviert im ›Dello Chef‹ in der Gartenstadt.«

      Jakob hatte das Restaurant bisher nur von außen gesehen. Der Laden wirkte teuer, und Jakob hätte selbst im Traum nicht daran gedacht, dort einmal essen zu gehen.

      »Ein Hauch von Italien, damit du mal weißt, wovon ich spreche. Da gibt es das beste italienische Essen der Stadt«, fuhr Nelu fort, »aber wir müssen dich vorher neu einkleiden. Selbst mit mir zusammen würden sie dich dort in den Klamotten nicht reinlassen.«

      Unruhig rutschte Jakob auf dem Sitz hin und her. Er war pleite. Das, was von dem Taxigeld gestern übrig geblieben war, hatte er unbemerkt in Mutters Haushaltskasse gesteckt.

      Nelu lachte lautlos in sich hinein, blickte nach vorne durch die Frontscheibe und schien sich ganz aufs Fahren zu konzentrieren.

      Sie fuhren in den Dortmunder Süden, durch eine prunkvolle Wohngegend, und Jakob betrachtete staunend die riesigen Villen. Sie wirkten wie Schlösser, ein Gebäude war schöner als das nächste und stand in großzügigem Abstand zu den anderen.

      Hier müsste man leben. Keine neugierigen, sich streitenden Nachbarn, die man durch die papierdünnen Wände hörte. Gärten so groß wie Parks. Genug Platz, um Mutter den gesamten Tag aus dem Weg zu gehen. Als Nelu den Motor abschaltete, brauchte er einen Moment, um zu sich zu kommen.

      Sie stiegen aus dem Wagen. Jakob schnupperte.

      »Es riecht hier irgendwie anders. Ein Geruch, den ich nicht kenne«, sagte er und atmete geräuschvoll ein.

      »Der Duft des Geldes. Der klebt in der Luft wie Leim. Pass bloß auf, dass er nicht deine Nase verkleistert und

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