Kieler Courage. Kay Jacobs

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Kieler Courage - Kay Jacobs

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SPD-Regierung. So war ein Lehrerinnenseminar nur eine verkappte Aufbewahrungsanstalt für höhere Töchter zur Überbrückung der Zeit bis zur Heirat. Nicht selten wurden nur diejenigen später Lehrerinnen, die zu wenig Haut im Gesicht hatten, um einen Mann erkennbar anzulächeln.

      »Die Schülerinnen müssen sich abmelden, wenn sie das Haus nach sechs Uhr abends verlassen wollen«, sagte Fräulein Gosch-Fassbinder.

      »Jetzt ist es halb acht«, stellte Gerlach fest.

      »Mangelnde Disziplin, Herr Kommissar, mangelnde Disziplin. Man sieht ja, wohin das führt.«

      Ein wenig mehr Mitgefühl hatte Rosenbaum erwartet, aber vielleicht fehlte auch etwas Haut am Herzen.

      »Zeigte sich die Disziplinlosigkeit von Fräulein Lettow-Vorbeck und Fräulein Fährbach auch in anderen Dingen?«

      »Fräulein Fährbach wollte sich zum Schülerinnenrat wählen lassen.«

      Es könnte sein, dass sich ein Hauch von Ekel auf dem Gesicht der Hausdame zeigte. Es könnte aber auch Einbildung sein.

      »Räte, Beiräte, das sind neumodische, undeutsche, revolutionäre Marotten. Was für eine Idee: Die Schüler sollen die Lehrer beraten?«

      »Es soll wohl so eine Art Interessenvertretung sein …«, meinte Gerlach.

      »Im Interesse unserer Schülerinnen liegt es, eine gute Ausbildung zu genießen. Und dazu müssen sie ihren Lehrern gehorchen und nicht sie beraten.«

      Ein Kreischen, vom Korridor her, gerade als der Kommissar fragen wollte, welcher Schrank dem Opfer gehörte. Sie stürzten hinaus, die Hausdame voran. Eine Treppe tiefer saß ein blondes Fräulein auf einer Holzbank, schluchzte und kramte in ihrem Täschchen nach einem Taschentuch. Ein anderes Fräulein kniete vor ihr und tätschelte ihr Knie.

      »Was ist da los?« Wie ein aufziehendes Unwetter stieg Fräulein Gosch-Fassbinder die Treppe hinunter, näherte sich in gemäßigtem Tempo dem blonden Fräulein, bedrohlich und unaufhaltsam.

      »Ich habe ihr von Katharina erzählt«, sagte das kniende Fräulein und erhob sich, das blonde Fräulein erhob sich ebenfalls.

      »Du hast dich nicht abgemeldet«, sagte die Hausdame zu der Blonden.

      »Entschuldigung, Fräulein Gosch-Fassbinder. Das habe ich vergessen.«

      »Wo bist du gewesen?«

      »Bei meinem Verlobten. Er hat mir ein Kapitel seiner Dissertation in die Maschine diktiert.«

      Maschineschreiben gehörte auf einem humanistischen Gymnasium für Jungen natürlich nicht zu den Unterrichtsfächern, wohl aber für Mädchen auf einem Oberlyzeum.

      Der Kommissar ging auf das blonde Fräulein zu und stellte sich zwischen sie und die Hausdame, nicht ohne einen missbilligenden Blick hinter sich zu werfen.

      »Ich bin Kriminalkommissar Rosenbaum. Sie sind Fräulein Fährbach?«

      »Ja. Desdemona Fährbach, aber alle sagen Mona zu mir.«

      Als Rosenbaum nach einem Ort fragte, an dem er sich ungestört mit Mona unterhalten könne, wies die Hausdame ihnen eine Tür, gleich neben der Holzbank. Dahinter lag eine kleine Kammer mit Stühlen, ein Warte- oder Pausenraum offenbar. Gerlach hinderte Fräulein Gosch-Fassbinder daran, ihnen zu folgen, indem er darum bat, die Personalunterlagen des Opfers einsehen zu dürfen.

      Rosenbaum schloss die Tür, und Mona setzte sich auf die Vorderkante eines Stuhls, so, als wollte sie gar nicht sitzen, als wollte sie gleich wieder aufstehen oder aufspringen oder gar nicht da sein. Sie fragte, wie es passiert sei. Rosenbaum erzählte, was er wusste.

      »Wann haben Sie Katharina zum letzten Mal gesehen?«, fragte er, als Mona sich ein wenig gefangen hatte.

      »Am Nachmittag. Als ich ging.«

      »Wann genau?«

      »Um drei etwa.«

      »Sie gingen dann direkt zu Ihrem Verlobten?«

      »Ja. Ich habe die Straßenbahn genommen.«

      »Wissen Sie, was Katharina danach vorhatte?«

      »Nein.«

      »Sie hat nichts gesagt?«

      »Nein.«

      »Haben Sie eine Vermutung, was sie am Kleinen Kiel gewollt haben könnte?«

      »Vielleicht spazieren gehen?«

      »Allein?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Wollte sie sich vielleicht mit jemandem treffen? Hatte sie Freunde oder Bekannte?«

      »Nicht, dass ich wüsste.«

      »Mitte März, trübes Wetter, kurz vor Sonnenuntergang, nicht direkt die Zeit für einen einsamen Spaziergang.«

      »Ich weiß es doch nicht.«

      »Waren Sie eng befreundet?«

      »Eher nicht. Sie war auch noch nicht so lange hier.«

      »Aber Sie teilten sich ein Zimmer.«

      Monas Blick war nach unten gerichtet. In der Hand knüllte sie ihr Taschentuch.

      »Sie hatten einen Streit, nicht wahr?«

      Jetzt presste sie das Blut aus den Fingerspitzen.

      »Sie hatten einen Streit. Worum ging es dabei?«

      Es dauerte, bis Mona antwortete.

      »Im Grunde um nichts. Es war belanglos.« Monas offensichtliche Erregung vertrug sich nicht mit der Belanglosigkeit ihrer Antwort.

      »Worum also?«

      »Sie hat sich ein Kleid von mir ausgeliehen, und als ich es zurückbekam, hatte es einen Riss.«

      »Kann ich das Kleid mal sehen?«

      »Ich habe es weggeworfen.«

      »Wie sah es denn aus?«

      »Blau. Mit kleinen weißen Blüten.«

      Rosenbaum fixierte sie mit seinem Blick und Mona wich aus. Ihre Erregung wirkte auf ihn nicht wie Betroffenheit, eher wie Schuld.

      »Ach bitte«, sagte sie, »kann ich gehen?«

      »Ich muss die Sachen von Fräulein Lettow-Vorbeck durchsehen, bevor Sie in Ihr Zimmer gehen können.«

      Mona nickte gefügig und stumm.

      »Ach, fast vergessen.« Rosenbaum hob die Handtasche hoch, die bei der Toten gefunden worden war und die er die ganze Zeit in seinen Händen trug. »Fräulein von Lettow-Vorbeck hatte das bei sich. Mögen Sie einmal nachschauen, ob etwas fehlt?«

      Mona

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