Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
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Die Reisetage waren für die neun Menschen an Bord schnell vergangen. Mitani, Dorit und Taff hatten unzählige Bänder im Idiom der Eingeborenen von Thorga besprochen, die anschließend dem Bordcomputer eingegeben wurden. Dieser verarbeitete sie, wie schon früher der Rechner der PROKYON IX, dann zu einem leicht fasslichen Sprachkurs, dem sich die drei Wissenschaftler unterzogen.
»Wirklich erstaunlich, was Sie als Laien da fertiggebracht haben«, hatte Janine Latep verblüfft gesagt. »Ich selbst mit meiner langjährigen Erfahrung in fremden Sprachen hätte es nicht besser machen können.«
»Wir sind eben Naturtalente«, hatte Luca Ladora grinsend geantwortet. »Fragen Sie nur immer die PROKYON-Crew, sie hilft in allen Lebenslagen. Unmögliches wird sofort erledigt, nur Wunder dauern etwas länger.«
Dass er so sprach, bewies, dass er sein inneres Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Ebenso wie die anderen verstand er sich nun glänzend mit den Gästen, selbst mit der meist etwas zurückhaltenden Archäologin. Nun brannten alle darauf, nach Thorga zu kommen und dort mit den Forschungen zu beginnen.
Das Ticken des Autopiloten wurde intensiver, die letzten Sekunden liefen ab. Dann verstummten die Überlicht-Generatoren, die Meiler liefen aus. Die PROKYON X fiel aus dem Hyperraum ins normale Universum zurück. Die Bildflächen blendeten auf und zeigten das gleißende Gewimmel der mehr als hundertfünfzig Sonnen des offenen Sternhaufens NGC 188.
»Da wären wir also«, stellte Caine fest, schüttelte aber gleich darauf den Kopf. »Nein, irgend etwas stimmt nicht ganz. Der Stern da vorn müsste die Sonne Mosaf sein, aber sie ist für meinen Begriff viel zu weit weg. Orvid, stelle doch bitte die genaue Entfernung zu dem Gestirn fest.«
Der Astrogator nickte und zog seine Instrumente zu Rate. Während er rechnete und Daten verglich, schoss der Raumer im freien Fall dahin. Einen Grund zur Beunruhigung gab es nicht, denn die Differenz gegenüber den Kursberechnungen war im Verhältnis zur zurückgelegten Strecke äußerst gering.
»Wir sind um einen halben Lichttag zu früh aus dem Hyperraum gekommen, Taff«, sagte Bashkiri schließlich. »Woran das liegt, kann ich nicht sagen, aber ein Beinbruch ist es kaum.«
Der Kommandant runzelte die Stirn.
»Das sagst du, aber ich denke anders darüber. Gesetzt den Fall, dass wir auf Thorga jemand zu Hilfe kommen müssten, und es ginge um Stunden: Die Zeit, die wir brauchten, um diesen halben Lichttag zurückzulegen, könnte wertvolle Menschenleben kosten! Luca?«
»Ich höre, Chef«, meldete sich der Kybernetiker.
»So wie immer, hast du doch auch diesen Kurs berechnet, der offenbar nicht ganz stimmt. Erkläre mir, warum!«
Luca Ladora war sichtlich gekränkt, aktivierte jedoch sofort den Computer, um eine Vergleichsberechnung durchzuführen. Als er sich dann langsam umwandte, stand pures Nichtverstehen in seinem Gesicht.
»Ich begreife das einfach nicht, Taff«, sagte er kläglich. »Die Dezimalstellen stimmen nicht überein, aber ich bin sicher, alle Daten richtig eingespeist zu haben. Der Stern, der vorn am Gehäuse klebt, muss schuld sein! Platin ist ein besonders hochwertiger Stromleiter, also hat der verdammte Orden irgendwie den Datenfluss im Computer durcheinandergebracht.«
Carlo Lavazza lachte schallend auf.
»Ihr seid einfach köstlich, Taff. Ich bin schon mit manchem Schiff geflogen, doch auf keinem hat es mir derart gut gefallen wie bei euch.«
Auch Taff Caine grinste. »Luca, altes Schlitzohr, ich vergebe dir in Bausch und Bogen. Hast du den Fehler gemacht, den du jetzt auf den Stern der Menschheit abwälzen willst?«
Ladora hatte noch einmal kontrolliert und nickte nun niedergeschlagen. »Es sieht so aus, Taff. Warum mussten aber die Konstrukteure es auch so einrichten, dass es fünf Stellen hinter dem Komma gibt? Hätten sie die Antriebsleistung so hingetrimmt, dass es exakt 409 oder 410 Lichtjahre pro Tag wären, kämen solche Pannen nicht vor.«
»Trage es mit Fassung«, empfahl ihm Taff. Er aktivierte den Normalantrieb und beschleunigte das Schiff bis zur annähernden Lichtgeschwindigkeit. Die Zeitdilatation machte sich bemerkbar, und der halbe Lichttag schrumpfte zu einer Stunde zusammen. Schließlich flog die PROKYON X in das System ein und steuerte den vierten Planeten an. Die Ortungen liefen, aber in weitem Umkreis gab es keine anderen Schiffe.
Lavazza und die beiden Frauen sahen erwartungsvoll auf den Hauptbildschirm, auf dem Thorga rasch größer wurde. Caine brachte das Schiff in einen engen Orbit, und nun wurden die einzelnen Kontinente deutlich erkennbar. Am auffallendsten war der schmale Landgürtel, der sich in Äquatorhöhe fast um den ganzen Planeten zog.
»Dort leben die Letho-Dimonds«, erklärte der Commander den Wissenschaftlern. »Eigenartigerweise, möchte ich sagen, denn fast alle anderen Kontinente bieten ebenfalls gute Lebensmöglichkeiten. Die Eingeborenen besuchen sie zwar mit ihren Booten, haben sich jedoch auf keinem niedergelassen.«
»Vielleicht gibt es besondere Gründe dafür«, meinte Valentina Feodorowa nachdenklich. »Könnte es nicht sein, dass die rätselhaften Dimonids früher dort gelebt haben? Eine alte Überlieferung kann ein Tabu geschaffen haben, das über lange Zeit hinweg fortwirkt.«
Taff nickte kurz. »Das ist nicht ganz auszuschließen, Valentina. Der Kapitän der KAMBORA hat mir von alten Legenden der Letho-Dimonds berichtet. Sie erzählen von kriegerischen Begebenheiten, die allerdings so lange zurückliegen müssen, dass die Substanz der Schilderungen fast völlig verlorenging.«
»Wir werden es herausfinden!«, sagte Carlo Lavazza.
»Und wir werden dabei nach besten Kräften mithelfen«, versprach Taff und leitete den Landeanflug ein.
*
Er brachte das Schiff an derselben Stelle herunter, an der er auch beim ersten Besuch Thorgas gelandet war. Inzwischen hatte sich in der Siedlung der Eingeborenen nichts verändert. Sie besaßen eine statische Zivilisation, und vermutlich war das auf den Einfluss der schwarzen Spiegel zurückzuführen. Andererseits schienen diese aber auch zu verhindern, dass es trotz der Stagnation zum Rückschritt kam.
Die Wissenschaftler starrten interessiert auf die Bildschirme, besonders Janine Latep schien von den sauberen, kunstvoll mit farbigen Verzierungen geschmückten Holzhäusern fasziniert zu sein. Es war gerade Mittag, nur wenige Letho-Dimonds befanden sich im Freien. Das änderte sich jedoch bald.
Eine größere Anzahl der Planetarier in ihren tunikaähnlichen bunten Gewändern kam ins Freie. Sie sahen zu dem Raumschiff herüber, machten jedoch keine Anstalten, sich ihm zu nähern. Ihrer Gestik war zu entnehmen, dass sie sich lebhaft mit dem unvermuteten Besuch beschäftigten, aber sie sprachen so leise, dass die Außenbordmikrophone keine Worte auffangen konnten.
»Seltsam«, murmelte der Commander. »Sie müssen doch wissen oder zumindest vermuten, dass wir es sind, denn dieses Schiff unterscheidet sich äußerlich nicht von der PROKYON IX. Trotzdem machen sie aber keine Anstalten, uns aufzusuchen und zu begrüßen.«
»Haben Sie vielleicht damals irgendwie gegen ihre Sitten verstoßen?«, fragte Carlo Lavazza, aber Taff schüttelte den Kopf. »Das war mit Sicherheit nicht der Fall. Nachdem wir von Mokan zurückgekehrt waren, haben wir einige Tage lang ihre Gastfreundschaft genossen,