Baltrumer Dünensingen. Ulrike Barow
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Читать онлайн книгу Baltrumer Dünensingen - Ulrike Barow страница 12
Röder rieb sich die Schulter. Einmal hätte er sie beinahe ausgerenkt. Aber auch da hatte Sandra keine Gnade gekannt. Wieder gähnte er.
Sandra schüttelte nur den Kopf. »Dein Job muss gestern ja ungemein anstrengend gewesen sein.«
Er berichtete, was sich in der Galerie zugetragen hatte und dass sie bis jetzt keinen Anhaltspunkt hatten, ob der Künstler eines natürlichen Todes gestorben war.
»Hat Johannes wieder zugeschlagen?«, fragte sie.
»Nein. Der ist erst seit gestern Abend wieder auf der Insel«, sagte Röder.
Sandra überlegte. »Das stimmt nicht. Den habe ich gestern Morgen bereits gesehen. Ich habe für den Laden ein paar Sachen vom Hafen geholt. Die Baltrum I legte gerade an, und Johannes kam von Bord. Da bin ich mir ganz sicher.«
Was war das? Hatte Meta den Jungen nicht erst mit der Abendfähre erwartet? Hatte sie gar nicht mitbekommen, dass Johannes bereits auf der Insel war? Aber wo hatte er gesteckt, als sie den Laden auf den Kopf gestellt hatten? Der Sache musste er unbedingt nachgehen.
»Arndt und Wiebke kommen übrigens bereits am Donnerstag. Sie wohnen bei Henning. Wir treffen uns am Freitag mit Wiebke im Laden, wegen neuer Lieferungen.« Sandra schnitt ein Brötchen auf und musterte das Innenleben kritisch, dann roch sie daran. »Eine neue Sorte. Zum Aufbacken. Mal sehen, wie das läuft.«
Sandra betrieb seit zwei Jahren mit ihrer Freundin einen Bioladen, der sehr gut angenommen wurde. Obst und Gemüse bekamen sie von Kleemanns Hof, dem Zuhause von Arndt und Wiebke in der Krummhörn. Arndt war sein bester Freund und auch Kommissar in Aurich. Zwischenzeitlich hatte er sich für ein Jahr eine Auszeit genommen und sich um den Hof gekümmert, doch dann war er wieder in seinen alten Beruf eingestiegen. »Aber sie haben nichts davon erzählt, dass sie hier Party im Festzelt machen wollen?«
»Was denn wohl sonst? Du weißt genau, dass das der Grund ihres Kommens ist!« Sandra schob ihren Stuhl zurück und stand auf.
Er grinste. Wusste er doch genau, womit er seine Frau ärgern konnte.
»Und dass das klar ist: Wir gehen auch zum Dünensingen, und Karten für die Wahl der Miss Baltrum im Strandhotel habe ich ebenfalls besorgt.«
Schon war seine Frau aus der Küche verschwunden. Amir schaute ihr bedauernd hinterher. Röder räumte die restlichen Dinge vom Tisch, dann ging er hinüber zur Wache. Daniel erwartete ihn schon. »Was gibt es Neues?«, fragten sie fast gleichzeitig.
Daniel lachte. »Vom Festland haben wir bis jetzt keine Erkenntnisse erhalten. Ich schätze, die Obduktionsergebnisse werden gegen Mittag hier auflaufen. Und bei dir?«
»Ich merke meine Knochen vom Tanztraining, aber sonst geht es mir gut. Ich will gleich mal zu den Damen Paulsen.« Er erzählte seinem Hilfssheriff, dass Ännes Sohn wohl doch schon länger auf der Insel weilte. »Außerdem will ich die beiden fragen, ob sie inzwischen wissen, wer die Pferdekacke ans Galeriefenster geschmiert hat. Und dann war da noch etwas: Als ich Meta fragte, ob sie Wurzellage schon vor seinem Erscheinen hier auf der Insel gekannt habe, war ihr ›nein‹ etwas zu spontan. Ich mag mich täuschen, aber da werde ich nachhaken.«
»Gut. Ich drehe mal eine Runde und schaue, ob jemand mit einem sehr unerzogenen Kampfhund unterwegs ist. Ich meine, dass ich gestern Abend bei einem Strandspaziergang so etwas gehört habe. Angeleint soll der auch nicht gewesen sein«, sagte Daniel.
»Dann sehen wir uns später wieder hier.« Röder holte sein Rad aus dem Gartenhäuschen. Es war nur ein kurzer Weg zum Haus der beiden Schwestern, doch es war gut was los auf den Straßen. Wie üblich um diese Jahreszeit. Er stellte sein Rad vor dem großen Schaufenster ab. Im Inneren sah er Meta mit einem Bild im Büro verschwinden. Er klopfte. Gleich darauf öffnete sie.
»Es ist keine 10 Uhr«, sagte sie freundlich. »Aber bitte, komm rein.«
»Ich bin nicht als Kunde hier«, erwiderte Röder, »sondern, weil ich ein paar weitere Fragen habe. Zunächst …«
»Warte«, unterbrach sie ihn, »falls du fragen willst, ob schon wieder jemand etwas gegen die Scheibe geschmiert hat – ja, da waren dunkle Streifen drauf, als ich heute Morgen in den Laden kam. Leider konnte ich niemanden erwischen.« Meta nahm ein weiteres Bild und stellte es nach hinten.
»Wir kümmern uns«, versprach Röder. »Aber nun zu den anderen Punkten: Ihr sagtet, dass Johannes mit der Abendfähre auf die Insel kommen würde. Allerdings wurde er schon morgens gesehen. Wie erklärst du dir das?«
Meta zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Johannes war abends da und nicht morgens. Oder habt ihr ihn etwa gesehen, als ihr hier die Bude auf den Kopf gestellt habt?« Ihre Stimme klang schneidend.
Röder überlegte kurz, ließ es jedoch bei der Aussage. Er würde Sandra fragen, wie sicher sie sich mit ihrer Beobachtung war. Oder ob eine mögliche Verwechselung mit einem anderen jungen Mann infrage kam. »Gut, nächster Punkt: Hast du Wurzellage vor seinem Erscheinen hier gekannt? Ich weiß, dass ich diese Frage schon einmal gestellt habe«, winkte er ab. Er sah, wie sich kleine rote Flecken in Metas Gesicht bildeten.
»Das hast du. Und ich habe diese Frage beantwortet. Ich kannte den Mann vorher nur von Telefonaten und E-Mails. Das war es. Und wenn du sonst nichts mehr hast, möchte ich gerne weiterarbeiten. Schließlich muss ich die Bilder des Toten nach hinten schaffen.«
»Was ist hier los?« Jetzt stand auch Änne im Raum. »Kann ich helfen?«
»Du kannst Michael bestätigen, dass Johannes erst abends auf die Insel gekommen ist«, rief Meta aus dem Büro.
»Natürlich. Aber warum ist das wichtig?«, fragte sie. »Wenn du meinst, er hat etwas mit dem Tod des Malers zu tun – Johannes war nicht da!«
Röder sah ein, dass er momentan nicht gegen die geballte Schwesternmacht ankam, und verabschiedete sich. Als er sein Fahrrad nahm, sah er, wie Änne ihrer Schwester etwas ins Ohr raunte. Zu gerne hätte er gewusst, worum es ging. Er fuhr zum Bioladen. Sandra bestätigte, dass sie ganz sicher sei, Johannes auf dem Landgang erkannt zu haben, dann bat sie ihn, zum Strandhof zu fahren, um eine Jacke abzuholen, die sie am Abend zuvor dort vergessen hatte. Er versprach es, doch vorher fuhr er zur Wache. Es war möglich, dass ein Ergebnis der Obduktion vorlag.
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