Baltrumer Dünensingen. Ulrike Barow
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Читать онлайн книгу Baltrumer Dünensingen - Ulrike Barow страница 8
Seine Warnung zeigte Erfolg. Nach kurzer Zeit waren alle, die ihre Nasen neugierig gegen die Scheibe gedrückt hatten, verschwunden.
»So, jetzt können wir.« Röder begrüßte die beiden Männer, fragte sie nach ihren Namen und warum sie auf der Insel waren.
»Unsere Namen haben wir Ihrem Kollegen bereits mitgeteilt. Aber gerne noch einmal: Ich bin Sigmar Benedikt und das ist mein Mann Ulf Martens. Wir sind seit gestern wegen der Partywoche hier und wollten eigentlich ein paar schöne Tage verbringen. Wir wohnen im Haus Emma bei Familie Flegel.«
»Warum waren Sie hier im Laden und was hat sich zugetragen, Herr Benedikt?«
Sigmar lachte. »Was will ich wohl in einer Galerie? Bilder gucken natürlich.«
»Und weiter?«
»Ich ging rein und grüßte. Mehrmals. Es antwortete niemand. Dann fand ich Herrn Wurzellage im Büro, und gleich darauf kam Ulf herein und rief Sie und die Ärztin an. Das war es schon.«
Röder stöhnte innerlich. Es gab Momente im Leben eines Polizisten, die er eigentlich nicht brauchte. »Sie haben meinem Kollegen gegenüber gesagt, dass Sie den Toten kennen, richtig?«, wandte er sich an Martens.
»Das stimmt. Mein Mann hatte, als er noch im Dienst war, eine Auseinandersetzung mit ihm. Beziehungsweise, er wurde von Herrn Wurzellage übelst beschimpft«, erwiderte Martens.
»Stimmt das? Sie kennen ihn?«, fragte er Benedikt.
»Ja. Er hat mich beschimpft. Allerdings wusste ich nicht, dass er hier seine Bilder ausstellte. Und wenn Sie jetzt meinen, ich hätte den Mann wegen seines Auftritts auf meiner Dienststelle umgebracht, irren Sie sich. Dafür hätte ich nicht nach Baltrum fahren müssen, das hätte ich auch in Brake erledigen können. Weniger auffällig.«
Röder war sich nicht sicher, ob diese Theorie greifen könnte. Im Gegenteil. War es nicht eine wunderbare Möglichkeit? Nur Benedikt und der Künstler allein im Laden? Wenn sein Gatte nicht aufgetaucht wäre, hätte kein Mensch erfahren, wie Wurzellage zu Tode gekommen war. Natürlich stand zunächst die Obduktion und damit hoffentlich eine genaue Eingrenzung der Todesursache an.
»Michael, wir sind durch.« Ellen Neubert deutete auf das Büro.
Röder stand auf und folgte der Ärztin zur Ladentür. »Wie ist deine Einschätzung?«, fragte er leise.
Sie zuckte mit den Schultern. »Er lebt nicht mehr. Klar. Aber aus welchem Grund, da lege ich mich nicht fest. Also haben wir eine ungeklärte Todesursache. Ein Genickbruch liegt ziemlich sicher vor. Woher die Verletzung stammt, sollen die Kollegen herausfinden. Ich für meinen Teil habe festgestellt, dass kein Leben in dem Mann ist.«
»Danke. Ich melde mich, wenn wir euch brauchen.« Röder nahm sein Handy und unterrichtete seinen Chef in Aurich von der Lage. Der versprach, umgehend den Kriminaldauerdienst auf die Insel zu schicken. Außerdem teilte Müller ihm mit, dass sich die Suche nach dem Brandstifter erledigt hatte. Er war auf frischer Tat beim Anzünden von Strohballen in einer Scheune in Dornum vom Bauern erwischt worden. Der Inselpolizist wandte sich wieder den beiden Männern zu. »Ich habe weitere Fragen an Sie. Ich muss Sie zu 16 Uhr auf die Wache bitten. Es wäre sinnvoll, wenn Sie dort erscheinen und nicht etwa auf den Gedanken kommen, die Insel zu verlassen. Mein Kollege wird Fingerabdrücke nehmen. Es ist nützlich, wenn Sie sich kooperativ zeigen.«
Martens verdrehte die Augen. »Herr Kommissar, wir haben verstanden. Allerdings – eigentlich brauchen Sie nur die von Herrn Benedikt, oder? Ich bin erst später erschienen.«
»Von Ihnen beiden«, erwiderte der Inselpolizist nur und nahm seine Kamera aus dem Spurensicherungskoffer. Es war sicher nicht verkehrt, schon einmal ein paar Eindrücke festzuhalten, auch wenn seine Kollegen vom Festland die Lage genauestens untersuchen würden. Doch ehe er mit der Arbeit beginnen konnte, hörte er einen spitzen Schrei.
Meta Paulsen war da und starrte auf Sigmar Benedikt. »Was hat das zu bedeuten? Sigmar, was machst du denn hier?«, fragte sie ungläubig.
»Sie kennen sich?«
»Ja, von früher. Wir haben uns heute auf der Feier des Heimatvereins wiedererkannt. Hast du etwa …?«, wandte sie sich an den Mann, der zusammengesunken an der Wand lehnte.
»Ich habe den Mann gefunden, nicht umgebracht. Trotzdem gelte ich offensichtlich als Hauptverdächtiger. Die nehmen sogar meine Fingerabdrücke!«
Beinahe hätte Röder Einspruch erhoben, doch er beschloss spontan, dass es dazu keinen Grund gab. Benedikt konnte trotz seines Protestes durchaus schuld am Tod des Mannes sein. Ebenso wie der andere, der kein Problem damit gehabt hatte, seinen Gatten mit einem Motiv auszustatten. Er bat Meta, einen Blick in den Laden zu werfen, ob ihr Ungewöhnliches auffiele, und sie deutete auf drei Pappröhrchen, die auf dem Fußboden lagen.
»Das war heute Morgen sicher nicht da. Und der Staub drumherum auch nicht.«
Das waren Böller, so viel konnte Röder erkennen. Wie kamen die hierher? Und warum lagen die dort? Der Kriminaldauerdienst würde sich darum kümmern. Die beiden Polizisten entließen Martens und Benedikt, nicht ohne an den Termin auf der Wache zu erinnern. »Weißt du, ob der Mann Familie hat, die wir benachrichtigen können?« Röder hoffte auf eine positive Antwort von Meta, doch er sah sich enttäuscht. Sie wusste nur, dass der Mann in ihrer kurzen Bekanntschaft weder Frau noch Kinder erwähnt hatte. Allerdings hatte sie eine Adresse in Brake vorliegen.
»Sie liegt bei mir im Wohnzimmer. Ich hole sie.« Meta wollte gehen, dann drehte sie sich um. »Es war so ein verdammt schöner Tag. Die Gäste waren gut drauf und haben ordentlich gekauft, gegessen und getrunken, der Auftritt der Gitarrengruppe war ein voller Erfolg, und das Wetter gab sein Bestes. Warum musste er so enden? Zumindest für mich. Die anderen feiern ja weiter.«
»Wann hast du die Galerie verlassen?«
»So gegen 10 Uhr. Als ich ging, war der erste Kunde bereits im Laden. Mehr weiß ich nicht.« Sie verschwand und kam kurz darauf mit einem Zettel wieder. »So, hier ist die Adresse. Ich glaube nicht, dass er verheiratet war. Er war ein wunderbarer Künstler, aber als Mensch? Man brauchte schon starke Nerven, um es dauerhaft mit ihm auszuhalten. Bei mir hat er sich einigermaßen vernünftig benommen. Schließlich wollte er, dass seine Bilder hier ausgestellt werden. Aber als wir über die Preise sprachen, konnte er nicht genug bekommen. Meine Bildpreise dürfen ein oberes Limit nicht übersteigen, und wenn ein Künstler damit nicht einverstanden ist, muss er gehen. Da hatte Wurzellage echt dran zu knabbern. Beinahe hätte er alles wieder eingepackt. Doch er blieb und hat in den paar Tagen bereits einige Bilder verkauft.«
»Wohnte er bei dir?«, fragte Röder.
»Ja, die meisten Aussteller machen das. Ich habe oben ein kleines Zimmer, das ich kostenlos zur Verfügung stelle. Er hat bei dem Angebot nicht nein gesagt.« Sie lächelte. »Nein gesagt hat er allerdings, als ich ihn darauf hinwies, dass es hier so etwas wie Kurtaxe oder Fremdenverkehrsabgabe gibt, die eventuell zu zahlen wäre. Das ginge ihn nichts an, meinte er. Schließlich würde er die Insel bereits mit seinen Bildern bereichern.«
»Meta, du lässt den Laden heute Nachmittag geschlossen und rührst hier unten und in